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Demo­grafische Entwicklung

Foto von spazierenden Personen und einem Kind mit Fahrrad auf dem Gönhardweg in Suhr.

Hier finden Gemeinden und Planungs­büros die raum­planerischen Grund­lagen des Kantons, die es bei der bevor­stehenden Orts­planungs­revision im Bereich Demo­grafie zu berück­sichtigen gilt.

1. Ausgangslage und strategischer Rahmen

Die allgemeine Nutzungsplanung steuert die künftige (bauliche) Entwicklung der Gemeinde. Sie muss daher auf die demografischen Trends ausgerichtet sein. Die Aargauer Bevölkerung wächst stark. Hauptsächlich aufgrund der Zuwanderung und des Geburtenüberschusses werden gemäss Prognosen bis 2040 fast 200'000 Personen mehr im Aargau leben.

Entwicklung der Altersklassen bis 2040 im Raumtyp "Ländlicher Entwicklungsraum".

Das durchschnittliche Alter wird steigen. Insbesondere der Anteil der über 65-Jährigen wird dabei zunehmen. Diese Entwicklung zeigt sich besonders deutlich in ländlichen Regionen (vgl. nebenstehende Abbildung). Neben der Alterung der Gesellschaft ist auch ein Trend hin zu Kleinhaushalten festzustellen (vgl. Planungswegweiser, Kapitel 2).

Gleichzeitig ist heute in vielen Gemeinden ein grosser Teil der noch unüberbauten Bauzonen ("grüne Wiese") auf den Bau von Einfamilienhäusern für Familien (Zonen W1, W2 und WG 2) ausgerichtet. Dies obschon in den meisten Gemeinden genau diese Wohnform bereits überdurchschnittlich vertreten ist (bestehendes Angebot). Die Handlungserfordernisse im Wohnbereich hinsichtlich Angebot und Nachfrage haben sich erkennbar geändert. Einfamilienhäuser weisen unterdessen eine durchschnittliche Belegung von nur 2,6 Personen auf. In diesen Gebieten besteht also ein grosses Potenzial hinsichtlich Generationenwechsel und zur verbesserten Ausnützung sowie für intelligente Ausbauten, Umbauten oder Ersatzneubauten (vgl. Planungswegweiser, Kapitel 2).

Diese bedeutsamen Entwicklungen und geänderten Verhältnisse gilt es in der Revision der allgemeinen Nutzungsplanung zu antizipieren. Gemäss Richtplankapitel S 1.1 sorgen die Gemeinden für eine auf den Generationenwechsel und auf Familien ausgerichtete Wohnungsstruktur. Geänderte Bedürfnisse erfordern eine Anpassung des Wohnraumangebots. Ein wichtiger Pfeiler einer generationenübergreifende Wohnraumentwicklung bildet die Verfügbarkeit von kleinerem, bedürfnisgerecht gestaltbarem und bezahlbarem Wohnraum an gut erschlossenen, zentraleren Lagen mit Versorgungsdienstleistungen in der Nähe. Damit kann insbesondere älteren Personen ermöglicht werden, in vertrauter Umgebung innerhalb der Gemeinde in besser geeignete Wohnungen umzuziehen. Gleichzeitig stellen die dabei frei werdenden, grösseren Wohneinheiten wie beispielsweise Einfamilienhäuser attraktiven Wohnraum für Familien dar. Die mit dem Generationenwechsel erreichbare Erhöhung der Einwohnerdichte leistet einen wichtigen Beitrag zur hochwertigen Siedlungsentwicklung nach innen. Die Gemeinde beziehungsweise das angemessen diversifizierte Wohnraumangebot bleibt damit für Personen in unterschiedlichen Lebensphasen attraktiv.

2. Handlungsspielräume für Gemeinden

Die sich verändernden Bedürfnisse und Anforderungen an den Wohnraum und die Infrastruktur in der Wohnumgebung bilden wichtige Leitplanken für die optimale Steuerung der künftigen baulichen Entwicklung der Gemeinde. Bei der Erstellung des Räumlichen Entwicklungsleitbildes (REL) im Vorfeld der Revision der allgemeinen Nutzungsplanung bietet sich ein günstiger Zeitpunkt, um die aktuellen und künftigen Bedürfnisse der Bevölkerung abzuholen und in Erfahrung zu bringen. Mit einem geeigneten Partizipationsverfahren (vgl. Werkzeug­kasten W1 des Planungswegweisers) können diese erörtert und dabei auch die Bevölkerung auf die demografischen Entwicklungen sensibilisiert werden. Dabei ist es ebenfalls sinnvoll, die Entwicklungsabsichten der relevanten Eigentümerschaften zu kennen (Grundeigentümer­ansprache). Allfällige Veränderungswünsche zugunsten des Generationenwechsels in Einfamilienhäusern können so frühzeitig erkannt und unterstützt werden. Zusammen mit den gemeindespezifischen Kennzahlen zur Demografie aus dem Grundlagenbrief und den Analysekarten des Werkzeug­kastens W2 bildet dies eine wertvolle Grundlage zur Bearbeitung dieses Themas. Im REL kann damit eine räumliche Entwicklungsstrategie festgelegt werden, welche die demografischen Anforderungen beinhaltet. Generell können mit einem partnerschaftlichen Vorgehen verbindliche Perspektiven gefunden werden, ohne die aktuellen Bewohnerinnen und Bewohner unter Druck zu setzen.

Bei der wirkungsvollen Entwicklung von Schlüssel- und Handlungsgebieten (vgl. Planungswegweiser, Kapitel 4) sind die Gemeinden besonders gefragt. Hier liegen die grossen Chancen, um den planerischen Spielraum zugunsten der alterspolitischen Ziele bestmöglich zu nutzen. Die Gemeinde kann mittels Gestaltungsplanpflicht präzise Zielvorgaben in der Bau- und Nutzungsordnung (BNO) verankern. So ist gegebenenfalls die Einführung von einem Mindestanteil altersgerechten Wohnraums oder konkrete Vorgaben zur Aussenraumgestaltung für diese Gebiete möglich (Anordnungen müssen jedenfalls verhältnismässig sein). In Kombination mit einem Ausnützungsbonus kann im Sinne einer Sonderbauvorschrift im Gegenzug die Attraktivität/Freiwilligkeit für die Bauherrschaft erhöht werden. Generell erleichtert das Erlassen von Bestimmungen in der BNO der Gemeinde die Durchsetzung ihrer strategischen Ziele im Baubewilligungsverfahren und verbessert ihre Argumentations- und Verhandlungsposition gegenüber den Bauherrschaften.

Bereits überbaute Quartiere können Potenziale für ein generationenübergreifendes Wohnangebot aufweisen. So kann beispielsweise mit dem Einbau einer Einliegerwohnung, Aufstockungen oder passenden An- und Umbauten zusätzlicher und eigenständig nutzbarer Wohnraum geschaffen und dabei die Hauptwohnflächen für Familien freigespielt werden. Planerische Massnahmen, die auf eine solche Wohnraumdiversifizierung abzielen, sind jedoch nur nützlich, wenn damit an den geeigneten Lagen zusätzliche Wohneinheiten realisiert werden und solche Aufzonungen jeweils mit dem Quartier- und Ortsbild verträglich sind.

Eine bedürfnis- und altersgerechte Gestaltung der öffentlichen wie privaten Freiräume dient nicht nur älteren Personen. So kommen beispielsweise ausreichend Grünflächen mit beschatteten Sitzgelegenheiten und der Möglichkeit zu sozialen Kontakten und Nachbarschaft allen Bevölkerungsteilen zugute (vgl. auch Modul Siedlungsqualität). Dies kann die Gemeinden mit entsprechenden Bestimmungen in der BNO für einzelne Zonen oder als Zielvorgabe bei Gebieten mit Gestaltungsplanpflicht sichern (vgl. Werkzeug­kasten W4c).

Grundstücke im Besitz der öffentlichen Hand erhöhen die Handlungsoptionen zur Umsetzung der gemeindeeigenen Ziele unmittelbar und ermöglichen eine aktive Bodenpolitik. Die planungspflichtige Gemeinde kann so die Nutzungsplanung und ihr Eigentum zielführend kombinieren. Dies ist insbesondere an strategisch wichtigen Lagen von grosser Bedeutung. Sinnvoll zu prüfen ist oftmals auch eine Zusammenarbeit mit gemeinnützigen Wohnbauträgern. Diese verfolgen von sich aus preisgünstiges und generationenübergreifendes Wohnen sowie eine hochwertige Siedlungsgestaltung. Auch die Abgabe von kommunalem Land im Baurecht mit den entsprechenden Vorgaben kann eine geeignete Ergänzung darstellen, insbesondere um den Bau von altersgerechtem und preisgünstigem Wohnraum sicherzustellen.

3. Planungsinstrumente

Im REL werden die künftigen Entwicklungsabsichten der Gemeinde festgehalten und konkretisiert. Die Ergebnisse des Partizipationsverfahrens und die Entwicklungsabsichten der Eigentümerschaften bilden eine wichtige Grundlage zur Erstellung eines REL. Die online abrufbaren, gemeindespezifischen Analysekarten mit den dazugehörigen Erläuterungen sowie die bestellbaren gemeindespezifischen Grundlagen liefern weitere wertvolle Informationen zu baulichen, wohnstrukturellen und gesellschaftlichen Themen und möglichen Handlungsgebieten.

Die im REL gefassten alterspolitischen Ziele sollen in geeigneter Weise in die (Sonder-) Nutzungsplanung überführt werden. Für strategisch wichtige Gebiete können diese mittels Gestaltungsplanpflicht oder Sonderbauvorschriften in der BNO festgesetzt werden. Der Planungs­wegweiser, Kapitel 4 (Unter­kapitel 4.5, ab Seite 12) zeigt die möglichen Regelungsansätze beispielhaft auf.

Das Handbuch Wohnen im Alter der Fachstelle Alter und Familie bietet eine umfassende Darstellung der Anforderungen an einen altersgerechten Wohn- und Lebensraum sowie der weiteren planerischen und baulichen Möglichkeiten.

Mit dem jährlich aktualisierten Bericht Raumbeobachtung steht den Gemeinden eine Datengrundlage zur Raumentwicklung zur Verfügung, die als Grundlage für rationale Planungsentscheide eingesetzt werden kann. Auf diesen Daten aufbauend lassen sich gemeindespezifische Faktenblätter zur Bevölkerungs- und Beschäftigtenentwicklung abrufen. Statistik Aargau stellt zudem weitere nützliche Grundlagenstatistiken bereit.

3.1 Umsetzungsbeispiele für die BNO

Der Planungs­wegweiser, Kapitel 4 (Unter­kapitel 4.5, ab Seite 12) bietet zusammen mit dem Werkzeug­kasten W4c eine umfassende Übersicht verschiedener Regelungsansätze für eine massgeschneiderte Anwendung.