INV-BRG903 Casino, 1934-1935 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-BRG903
Signatur Archivplan:BRG903
Titel:Casino
Bezirk:Bremgarten
Gemeinde:Bremgarten (AG)
Ortsteil / Weiler / Flurname:Untere Vorstadt
Hist. Name Objekt:Altes Schützenhaus
Adresse:Badstrasse 1
Versicherungs-Nr.:294
Parzellen-Nr.:4017
Koordinate E:2668185
Koordinate N:1244680

Chronologie

Entstehungszeitraum:1934 - 1935
Grundlage Datierung:Literatur

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Öffentliche Bauten und Anlagen
Nutzungstyp (Stufe 2):Kursaal, Casino
Epoche / Baustil (Stufe 3):Neues Bauen

Dokumentation

Autorschaft:Fidel Leimbacher (1788-1848), Baumeister, Sins (Ursprungsbau 1836/37); Josef Oswald, Architekt, Bremgarten und Muri (Umbau 1934/35)
Würdigung:1934/35 durch den Umbau des Alten Schützenhauses von 1836/37 entstandener und seither als «Casino» bekannter Saalbau, der in den streng kubischen Formen einer gemässigten Moderne gehalten ist. Der dreischiffig angelegte, längsrechteckige Baukörper mit überhöhtem Mitteltrakt geht noch auf den Ursprungsbau von 1837 zurück. Dieser wurde 1934/35 durch den in Bremgarten und Muri ansässigen Architekten Josef Oswald am Äusseren purifizierend überformt und mit betont modernen Fensterbändern sowie einem zeittypischen Schriftzug umgestaltet; die dreischiffige Innenstruktur löste man in einen grossen, stützenfreien Saal auf. Mit seiner kubisch reduzierten Gestaltung bildet das Gebäude ein wichtiges Zeugnis der modernen Architektur im Kanton Aargau, wobei er als Resultat eines Umbaus in der finanziell schwierigen Zeit der 1930er Jahre eine durchaus zeittypische Erscheinung darstellt. Als Veranstaltungs-, Kultur- und Festsaal der Stadt Bremgarten kommt dem Gebäude auch eine erhebliche lokalgeschichtliche Bedeutung zu.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Die Zielstatt der Bremgarter Schützen befand sich seit dem ausgehenden Mittelalter beim Katzenturm, wo nach einem Brand von 1570 ein neues Schützenhaus, das heutige „Café Bijou“ (Kantonales Denkmalschutzobjekt BRG058), errichtet wurde [1]. Die ersten Pläne für einen neuen Schützenstand (vgl. Bilddokumentation) wurden 1824 von Baumeister Fidel Leimbacher (1788-1848) angefertigt, der 1817-19 bereits den Neubau des Rathauses geleitet hatte [2]. 1836/37 errichtete die Bürgergemeinde, vielleicht immer noch nach Projekt von Leimbacher, einen Neubau in der Unteren Vorstadt, der gleichzeitig Holzmagazin sowie Werkräume enthielt und aus dem später das heutige «Casino» hervorging [3]. Es handelte sich um einen klar strukturierten, dreischiffigen Saalbau in klassizistischen Formen, der durch seinen überhöhten Mitteltrakt auffiel und über den Seitentrakten von geraden Walm-, über dem Mitteltrakt hingegen von einem Satteldach mit Dreiecksgiebel abgeschlossen wurde (vgl. historische Aufnahme in der Bilddokumentation). Im Obergeschoss lag der Festsaal, der nicht nur den Schützen diente, sondern auch für Unterhaltungsanlässe, Theateraufführungen und Feste aller Art genutzt wurde. Er besass auf der Eingangsseite eine Bühne und war durch hölzerne Stützenreihen unterteilt. Das Erdgeschoss enthielt das Bauamtsmagazin sowie eine Remise für den Leichen- und den Krankenwagen. Der Schiessstand befand sich in einem nach Südosten gerichteten Vorbau, von wo man auf den Scheibenstand auf der «Schützenmatt» im Isenlauf zielte.
Nachdem die Situierung des Schiessstands wiederholt Anlass zu Klagen über die Gefährdung der Spaziergänger gegeben hatte, verbot die kantonale Militärdirektion 1899 die weitere Benutzung. Nach mehreren Provisorien zog die Stadtschützengesellschaft 1907 schliesslich in einen neuen Schiessstand auf der Oberen Allmend (etwa an der Stelle der heutigen „Soldatenstube“ der Kaserne von 1959-68) um [4]. Anfang der 1930er Jahre konnte die Stadt, der ein geeigneter Veranstaltungssaal fehlte, mit der Schützengesellschaft die unentgeltliche Abtretung des alten Saals und dessen Umbau auf Kosten der Einwohnergemeinde aushandeln. Der Umbau erfolgte 1934/35 nach Plänen des regional bekannten Architekten Josef Oswald, Muri und Bremgarten [5]. Dabei wurde das Gebäude am Äusseren im Sinn einer gemässigten Moderne purifiziert und überformt; im Inneren gewann man durch Zusammenfassung beider Geschosse einen hohen Saal, der dank einer Verstärkung der Dachkonstruktion mit eisernen Zugbändern stützenfrei gehalten werden konnte. An der Stelle des alten Schiessstands wurde ein Anbau für das Bühnenhaus realisiert. Seither dient der Bau unter dem Namen «Casino» als Versammlungs-, Kultur- und Festsaal der Stadt.
1996/97 erfolgte eine Gesamtsanierung, bei der u.a. der Anbau des Bühnenhauses für die Einrichtung grösserer Künstlergarderoben verlängert sowie der Haupteingang modernisiert und mit einem Vordach versehen wurde. Der Saal wurde unter Erhaltung der ursprünglichen Disposition sowie des Bodenbelags modernisiert [6].
Beschreibung:Das «Casino» erhebt sich als langgestreckter Baukörper parallel zum Flusslauf am flachen Ufer der Reuss unmittelbar gegenüber der Oberstadt in der Unteren Vorstadt. Es tritt in den kubisch strengen Formen einer gemässigt modernen Architekturauffassung in Erscheinung. Die dreischiffige Gliederung in einen überhöhten Mittel- und zwei niedrigere Seitentrakte entspricht dabei ebenso wie die Aussenmauern dem Schützenhaus von 1836/37, während der Bau im übrigen 1934/35 vollständig umgestaltet wurde. Die damals aufgesetzten, knappen Walmdächer betonen die körperhafte Erscheinung des Gebäudes. Hochgelegene, betont moderne Fensterbänder mit durchgehendem Betonsturz belichten das Saalinnere an den beiden Längsseiten; der überhöhte Mitteltrakt ist mit einzelnen liegenden Rechteckfenstern besetzt. Die streng axialsymmetrische Eingangspartie an der westlichen Schmalseite ist mit einem Obergeschossbalkon und dem zeittypisch gestalteten Schriftzug «Casino» in serifenlosen Grossbuchstaben ausgezeichnet. Zwei liegende Rechteckfenster im Erdgeschoss der Seitenflügel rhythmisieren die ansonsten weitgehend geschlossene Gebäudefront. Vordach und Nottreppe stammen vom Umbau von 1996/97. An die rückwärtige, östliche Schmalseite schliesst der beidseits leicht zurückspringende, ebenfalls von einem Walmdach abgeschlossene Bühnenhausanbau von 1935 an, der 1996/97 um einige Meter verlängert wurde. Die Fassaden sind mit einem zeittypischen Rillenverputz versehen.
Das Innere präsentiert sich seit dem durchgreifenden Umbau von 1934/35 als grosser, stützenfreier Saal, der durch die hochliegenden seitlichen Fensterbänder belichtet wird und von einer flachen Decke abgeschlossen wird. An der Eingangsseite ragt ein Balkon in den Saal. Die Ostseite nimmt die Bühne ein. Der überhöhte Mittelteil, der beim Ursprungsbau von 1836/37 als Obergaden zur Belichtung des Saals diente, ist im Inneren des Saals von 1935 nicht mehr wahrnehmbar. Von 1935 stammen noch die trichterförmigen Wandleuchten, die zur indirekten Beleuchtung der Decke dienen.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), nationale Bedeutung.
Anmerkungen:[1] Felder Kdm AG IV 1967, S. 136-138.
[2] Ebd., S. 14 (Plandokument Nr. 9); zum Rathaus ebd. S. 115f.
[3] Vgl. Badener Tagblatt, 10.1.1987, mit Aufnahme des Vorzustands sowie detaillierter Schilderung des Alten Schützenhauses und seiner Nutzung; Oswald / Oswald 1998, S. 127f.; Müller-Landolt 1908, S. 57.
[4] Müller-Landolt 1908, S. 72-74.
[5] Zum Umbau von 1935 Oswald / Oswald 1998 sowie Neues Bauen im Kanton Aargau 1996, S. 99. Von Josef Oswald sind aus den 1930/40er Jahren die Antoniuskapelle in Islisberg (1936/37, Kurzinventarobjekt ISL901) sowie die kath. Pfarrkirche St. Wendelin in Aristau (1942, Bauinventarobjekt ARI909) bekannt, beide in zeittypischen, gemässigten Heimatstilformen.
[6] Nach dem Bericht des beauftragten Architekten Peter F. Oswald: Oswald / Oswald 1998, S. 130-134.
Literatur:- Kunstführer durch die Schweiz, Bd. 1, hg. v. d. Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Bern 2005, S. 110.
- Beatrix E. Oswald / Peter F. Oswald, Vom alten Schützenhaus zum Casino, in: Bremgarter Neujahrsblätter, 1998, S. 127-134
- Neues Bauen im Kanton Aargau, 1920-1940, Hrsg.: SIA Sektion Aargau, Kanton Aargau, Aargauer Heimatschutz, Baden 1996, S. 98f. (Verf.: Beatrix Oswald).
- Bruno Lehner, Bremgarten an der Reuss in alten Ansichten, Zaltbommel (NL) 1994, Abb. 18 (histor. Ansicht).
- Das alte ‚Schützenhaus‘ im Bremgarten. Wie sich das ‚Casino‘ vor 1934 präsentierte, in: Badener Tagblatt, 10.1.1987.
- Peter Felder, Der Bezirk Bremgarten (Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau, Bd. IV), Basel 1967, S. 14 (Plandokument Nr. 9).
- J[oseph] Müller-Landolt, Geschichte der Stadtschützengesellschaft Bremgarten, Bremgarten 1908, S. 57, 72-74.
Quellen:- Kantonale Denkmalpflege Aargau, Fotoarchiv.
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=31374
 

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