Ansichtsbild: |
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Chronologie |
Entstehungszeitraum: | approx. 1800 |
Grundlage Datierung: | Schätzung |
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Typologie |
Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.): | Einzelobjekt |
Nutzung (Stufe 1): | Landwirtschaftliche Bauten |
Nutzungstyp (Stufe 2): | Bäuerlicher Vielzweckbau |
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Dokumentation |
Würdigung: | Repräsentativer bäuerlicher Vielzweckbau aus dem späten 18. Jahrhundert, der wahrscheinlich im Zusammenhang mit dem Bau der Hofmattstrasse errichtet wurde und lange im Besitz von Küfern war. Der langgestreckte, traufständige Baukörper besitzt ein mit Biberschwanzziegeln gedecktes Mansartwalmdach, das sowohl über den Wohnteil als auch über den Ökonomietrakt hinweggezogen ist. Die wohlproportionierte Fassadengestaltung mit der Eckquaderung und den axialsymmetrisch angeordneten Stichbogenfenstern mit muschelförmiger Scheitelverzierung verleihen dem Gebäude eine spätbarocke Prägung, mit der er im Strassenraum prominent in Erscheinung tritt. Mit seinem gut erhaltenen Äusseren stellt er ein ortsbildprägendes Element der historischen Bebauung entlang der Hofmattstrasse dar. Das Innere hat mit dem Holztäfer, den qualitätsvoll gestalteten Kachelöfen und der Bohlenständerwand im Ökonomietrakt wesentliche Teile der historischen Ausstattung bewahrt. |
Bau- und Nutzungsgeschichte: | Der stattliche bäuerliche Vielzweckbau stammt wohl aus dem ausgehenden 18. Jh. und dürfte im Zusammenhang mit dem Bau der Hofmattstrasse in den Jahren 1791-1793 entstanden sein. Aarburg war während der Blütezeit der Aareschifffahrt im 17. und 18. Jh. ein wirtschaftlich bedeutender Umschlagsplatz für allerhand Transportgüter, vor allem Wein und Salz, die aus Frankreich und der Westschweiz eingeführt und durchs Wiggertal in die Innerschweiz transportiert wurden [1]. Die alte Landstrasse vom Dietiwart (Rothrist) bis zum Musterbach in Aarburg, die sowohl für Wein- und Salztransporte sowie für Reisende von Bedeutung war, bedurfte spätestens seit 1779 einer Instandstellung [2]. Während die Route bis anhin entlang dem östlichen Aareufer an den ehemaligen Landhäusern vorbei verlief, bezog der bernische Strasseninspektor Anton Renner für ihren Ausbau von 1791-1793 eine neue Strassenstrecke über die Hofmatt ein. Dadurch ergab sich nicht nur eine Verkürzung der Strecke, die auch bei Aarehochwasser ungehindert und ohne Gefahr passiert werden konnte, sondern auch die Erschliessung von neuem, hochwertigem Bauland [3]. Im ersten überlieferten Brandkataster von 1850 wird das Gebäude als ein in Mischbauweise aus Stein und Fachwerk aufgeführtes zweigeschossiges Wohnhaus mit Gewölbekeller und Scheune unter einem ziegelgedeckten Mansartdach beschrieben. Damaliger Eigentümer war bis 1884 Jakob Schumacher, anschliessend folgte bis 1911 Arnold Schumacher; beide waren als Küfer tätig. Folglich dürfte zum Haus wohl auch eine Küferwerkstatt gehört haben. Mit dem Beruf der Eigentümer könnte sich die für einen bäuerlichen Vielzweckbau äusserst repräsentative Gestaltung erklären lassen, da mit dem Standort an einer Handelsroute für Wein und Salz wohl eine starke Nachfrage für Herstellung und Reparatur von Transportgefässen, wie Weinfässer und Salzkufen einhergegangen sein dürfte. |
Beschreibung: | Der traufständig zur Hofmattstrasse ausgerichtete bäuerliche Vielzweckbau besitzt ein auslandendes mit Biberschwanzziegeln gedecktes Mansartwalmdach, das sich sowohl über den nördlichen Wohnteil als auch über den südlichen Ökonomietrakt erstreckt. Die untere abgeknickte Dachfläche kragt dabei über dem Wohnteil stärker vor, so dass dort ein grösserer Dachvorsprung besteht. Die Eckquaderung sowie die an der traufseitigen Hauptfront fünf Achsen zählende Stichbogenbefensterung verleihen dem gemauerten Wohnteil eine spätbarocke Prägung. Die aus Sandstein gehauenen Fenstergewände sind mit einem einfachen Falz und profilierten Sohlbänken sowie muschelförmigen Scheitelverzierungen versehen [4]. Ursprünglich waren sie mit Klappläden versehen, Bretterläden im Erdgeschoss und Jalousieläden im Obergeschoss. Zum asymmetrisch angelegten Vordereingang, der sein eichenes Türblatt mit barock geschweifter Aufdoppelung bewahrt hat, führt eine Freitreppe aus Muschelkalk. Über die rückwärtige Traufseite des Wohnteils zieht sich eine bretterverschalte, doppelgeschossige Laube; ein späterer gemauerter Anbau schliesst daran an. Der Wirtschaftstrakt setzt sich aus einem an den Wohnteil anschliessenden Tenn und einem äusseren Stall zusammen, was dem Bautypus eines Mittertennhauses entspricht. Während die Aussenwände im Erdgeschoss gemauert sind, bestehen sie im Obergeschoss aus verputztem Fachwerk. Die strassenseitige Ostfassade wird beherrscht von einem Tenntor mit stichbogigem, profiliertem Sturz und mächtigen alten Torflügeln. Im Innern hat sich zwischen dem Tenn und dem Stall eine bauzeitliche Bohlenständerwand erhalten. Der Wohnteil ist über einem hohen Mauersockel errichtet, unter dem sich ein über eine Aussentreppe zugänglicher Gewölbekeller erstreckt. Die Erschliessung des Wohnbereiches erfolgt über einen durchlaufenden Gang mit Treppe in das Obergeschoss und in den Keller. Vom Flur aus sind tennseitig zwei Zimmer, auf der Südostseite die Stube und rückwärtig die Küche zu betreten. Zwei weitere Räume auf der Nordseite vervollständigen die grosszügige Raumdisposition, die im Obergeschoss weitgehend identisch ist. An bauzeitlicher Ausstattung haben sich das Wand- und Deckentäfer sowie drei Kachelöfen erhalten. Derjenige im Erdgeschoss besitzt blaue Füllkacheln und weissgrundierte, mit Landschaftsmedaillons an Lorbeeranken bemalte Frieskacheln; er trägt die Jahrzahl 1810 und die Initialen "FI VAH". Der Kastenofen mit Sitzkunst in der Stube des Obergeschosses besteht gänzlich aus ebenfalls weissgrundierten, bemalten Füllkacheln, die motivisch zwar ähnlich, stilistisch aber wesentlich filigraner gestaltet sind. Eventuell stammen sie aus derselben Werkstatt [5]. Ein weiterer Kachelofen mit Sitzkunst stammt aus der zweiten Hälfte des 19. Jh. (Hausinneres gemäss Kurzinventar 1993). |
Erwähnung in anderen Inventaren: | - Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), nationale Bedeutung. |
Anmerkungen: | [1] Jakob Bolliger, Aarburg. Festung, Stadt und Amt. Zofingen 1970 S. 359; Andreas Steigmeier, "Aarburg (Gemeinde)", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Online-Version vom 23.06.2009. [2] Bolliger 1970 S. 102. [3] Fritz Heitz, Von Strassen und Brücken in und um Aarburg, Aarburg 1991, S. 51-56. [4] Ähnliche Scheitelverzierungen in Form von Muscheln oder Palmetten befinden sich auch an den Fenstergewänden des 1750 erbauten Scheurmann-Haus, Städtchen 35 (Denkmalschutzobjekt AAB007). [5] Von grosser Ähnlichkeit sind die Frieskacheln des Kachelofens im Obergeschoss des Altstadthauses an der Laurenzenvorstadt 21 in Aarau (Denkmalschutzobjekt AAR098). |
Literatur: | - Pius Räber, Die Bauernhäuser des Kantons Aargau, Bd. 2, Baden 2002, S. 363. - Hans Brunner, Fritz Heitz, Schweizerischer Kunstführer Aarburg. Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte (Hrsg.), Bern 1983, S. 14-15. |
Quellen: | - Staatsarchiv Aargau (StAAG): CA.0001/0599-0602, Brandkataster Gemeinde Aarburg, 1850-1938. |
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URL for this unit of description |
URL: | http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=28230 |
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