INV-FIB916 Waldesruhstrasse 4, 1920 (ca.) (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:INV-FIB916
Signatur Archivplan:FIB916
Titel:Waldesruhstrasse 4
Ansichtsbild:
1/2
Bildlegende:Ansicht von Südosten (2013)
Bezirk:Baden
Gemeinde:Fislisbach
Adresse:Waldesruhstrasse 4
Versicherungs-Nr.:153
Parzellen-Nr.:1534
Koordinate E:2664517
Koordinate N:1254599
Situationsplan (AGIS):http://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/html/agisviewer.htm?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2664517&y=1254599

Chronologie

Entstehungszeitraum:approx. 1920
Grundlage Datierung:Bildquelle; Brandkataster

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Profane Wohnbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Mehrfamilienhaus

Dokumentation

Würdigung:Eines von vier typgleichen Zweifamilienhäusern, welche 1919/20 von der Baugenossenschaft Fislisbach & Umgebung zuoberst am Buchhang erstellt und in der Folge bis 1964 von der Firma Brown Boveri & Cie. an ihre Angestellten vermietet wurden. Die Häuser verkörpern in kleinem Massstab die noch unter dem Einfluss des Heimatstils stehende Vorstellung vom idealen Wohnen am Siedlungsrand und machen von traditionellen Bauformen Gebrauch. Das weitgehend intakte Ensemble ist vermutlich die erste in Fislisbach entstandene "Wohnsiedlung", die auf genossenschaftliches Bauen zurückgeht. Sie hat damit nicht nur Zeugenwert für das Wachstum der BBC im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts, sondern auch für die damit einhergehenden Bestrebungen zur Schaffung von Wohnraum. Die bogenförmig angelegte Häuserreihe entfaltet aufgrund der erhöhten Lage und vor dem Hintergrund des Buchwalds eine weitreichende ortsbildprägende Wirkung (vgl. Bauinventarobjekte FIB916-918).
Bau- und Nutzungsgeschichte:Das Wohnhaus wurde zusammen mit den drei Nachbargebäuden Waldesruhstrasse 6, 8 und 10 als vierteiliges Ensemble um 1919/20 errichtet und gehört zu den ersten Bauprojekten, die durch die damals noch junge Baugenossenschaft Fislisbach & Umgebung realisiert wurden [1]. Die Baugenossenschaft bezweckte die nicht gewinnorientierte Erstellung von Wohnhäusern, sie erwarb dafür die Bauplätze und vermietete oder verkaufte anschliessend die erstellten Objekte. Ihre Gründung wurde 1919 in der Zeitschrift "Die Schweizerische Baukunst" zustimmend kommentiert, da sich die Wohnungsnot durch die Nähe zum Industriestandort Baden auch in den angrenzenden ländlichen Gemeinden zugespitzt hatte [2]. Alle vier Häuser wurden unmittelbar nach ihrer Fertigstellung von der "Baugesellschaft Stein" erworben, die 1908 von der Firma Brown Boveri & Cie. ins Leben gerufen worden war [3]. Diese Gesellschaft erstellte bis 1912 vor allem in Baden an der Burghalde und am Martinsberg villenartige Beamtenhäuser, die sie vergleichsweise günstig vermietete. 1923 wurde die Gesellschaft wieder aufgelöst und die Liegenschaften gingen in den Besitz der BBC über [4]. 1964 wurden alle Häuser von der BBC abgestossen und an Private verkauft [5].
Das Haus Waldesruhstrasse wird seit den 1980er Jahren als Einfamilienhaus genutzt. Beim jüngsten Umbau 2011 wurde das Dachgeschoss zu einem Schlafzimmer mit zusätzlicher Nasszelle ausgebaut. Einige Veränderungen wie die Öffnung und Erweiterung des Wintergartens zu drei übereinander liegenden Balkonen (der überkagende Balkon im Giebel störend), die Entfernung einer Zwischenwand zur Stube und der Einbau eines Cheminées gehen auf frühere Eingriffe zurück.
Beschreibung:Die vier direkt unter dem Waldrand nebeneinander aufgereihten Wohnhäuser fügen sich in einem leichten Bogen ins Gelände des Buchbergs und blicken über das Gemeindehaus hinweg Richtung Westen. Aufgrund ihrer erhöhten Lage und Ensemblewirkung treten sie auffällig in Erscheinung. In Aufbau und Gestaltung folgen alle Gebäude demselben Grundprinzip, das durch spätere Umbauten eine gewisse Variation erfahren hat.
Der kompakte, über quadratischem Grundriss erstellte Mauerbau verfügt über zwei Wohngeschosse, von welchen das obere zur Hälfte in den Dachbereich eingreift. Das geknickte, mit Gehrschilden abschliessende Satteldach weist beidseitig abgewalmte Zwerchgiebel auf, welche die Traufe durchbrechen und zwei Fensterachsen aufnehmen. Die holzverschalten Dachuntersichten bilden eine Hohlkehle. Der an der westlichen Stirnseite zweigeschossig vorgemauerte ehemalige Wintergarten erscheint heute als doppelter Balkon, wobei die gemauerten Seitenwangen mit den historischen Fenstern erhalten geblieben sind. In das darüber hinwegführende Klebdach ist ein dritter, im Verhältnis zum Giebel überdimensionierter Balkon geschnitten. Das Giebelfeld ist hier mit Faserzementschindeln verkleidet, während es an der gegenüber liegenden hangseitigen Eingangsfront als Sichtfachwerk ausgebildet ist. Davor verläuft eine Laube mit ausgesägten Flachbalustern. Jede Fassade zeigt eine gespiegelte Anordnung der Tür- und Fensteröffnungen. Einzige Ausnahme bildet das nachträglich zu einem querliegenden Rechteckfenster verkleinerte rückwärtige Küchenfenster. Die Mauern tragen noch den bauzeitlichen groben Kellenwurfputz und werden von glatt gestrichenen Ecklisenen gerahmt, welche oben mit einem kleinen Wulst abschliessen. Die Fenster- und Türgewände bestehen wie zu dieser Zeit üblich aus Zement. Daran sind noch die bauzeitlichen Fensterläden befestigt, welche in den unteren beiden Wohngeschossen als kassettierte Jalousieläden, im Dachbereich als einfache Bretterläden gestaltet sind. Das originale Türblatt ist mit Füllungen und zwei einfachen Fenstergittern ausgestattet.
Durch den rückwärtig angelegten Hauseingang gelangt man ebenerdig in ein schmales Treppenhaus. Die Holztreppe, die platzsparend, ohne Zwischenboden um die Ecke nach oben führt, besitzt ein Geländer mit zwiebelförmigen Pfostenabschlüssen und gedrechselten Staketen. Die zweiflügligen Türen mit geriffelten Glaseinsätzen, welche ehemals die Stockwerkswohnungen abtrennten, sind ausgehängt, ihre Rahmen sind jedoch noch vorhanden. Auf jedem Geschoss ordnen sich die ehemals vier Räume (inkl. Küche im Nordosten) und eine Toilette um einen zentralen Vorraum an (Zwischenwand zwischen Stube und dem benachbarten Zimmer entfernt). Ein relativ hoher Bestand an historischen Bauteilen zeugt noch vom ursprünglichen Charme der Ausstattung. Erhalten geblieben sind teilweise altes Riemen- und Tafelparkett, das Brusttäfer im ehemaligen Wohnzimmer im 1. Obergeschoss und die Tür- und Fensterrahmen, welche sich durch originell geschweifte "Sturzbekrönungen" und gerundete Seitenabschlüsse auszeichnen. Letztere sind vermutlich die Spezialität eines lokalen Handwerkers (vgl. auch Bauinventarobjekt FIB915). Die dazugehörenden Türblätter sind mit vier Füllungen gefertigt.
Das zum Schlafzimmer mit Nasszelle ausgebaute Dachgeschoss öffnet sich mit einer grossen vierteiligen Glaswand nach Westen auf den Balkon und mit dem alten Ausgang nach Osten auf die Laube.
Der Keller tritt talseitig als hohe Sockelzone zutage und verfügt dort über einen direkten Gartenausgang.
Anmerkungen:[1] Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0044: Brandkataster Gemeinde Fislisbach 1899-1938. – Vgl. auch das Bauinventarobjekt FIB915.
[2] Die Schweizerische Baukunst 1919, Bd. 11, S. 180.
[3] Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0044: Brandkataster Gemeinde Fislisbach 1899-1938.
[4] INSA 1984, Bd. 1, S. 424.
[5] Gemäss Auskunft Eigentümer Waldesruhstrasse 6.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), lokale Bedeutung.
Literatur:- Bund Schweizer Architekten (Hg.), Die Schweizerische Baukunst. Zeitschrift für Architektur, Baugewerbe, Bildende Kunst und Kunsthandwerk, Jahrgang 1919, Heft XI, S. 180.
- Hanspeter Rebsamen/Peter Röllin/Werner Stutz, INSA: Inventar der neueren Schweizer Architektur, 1850-1920. Städte, Bd. 1, Bern 1984.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0044: Brandkataster Gemeinde Fislisbach 1899-1938.
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=121308
 

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