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Chronologie |
Entstehungszeitraum: | 1920 |
Grundlage Datierung: | Inschrift (Fassade) |
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Typologie |
Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.): | Einzelobjekt |
Nutzung (Stufe 1): | Profane Wohnbauten |
Nutzungstyp (Stufe 2): | Wohn- und Geschäftshaus |
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Dokumentation |
Würdigung: | Das prominent an der Strassenkreuzung gelegene Wohn- und Geschäftshaus von 1920 eröffnet bei der Durchfahrt von Niederrohrdorf oder Mellingen her die Badenerstrasse und macht hier durch gelungene Proportionen sowie eine differenzierte Dach- und Fassadengestaltung auf sich aufmerksam. Der als einer der ersten von der Baugenossenschaft Fislisbach & Umgebung errichtete Bau ist ein markanter Vertreter des späten Heimatstils, der ab 1920 vor allem im Wohnbau den Charakter des Dorfes entscheidend mitprägte (vgl. Bauinventarobjekte FIB916-919). Er hat sich – was bei Ladenfronten selten ist – im Äusseren intakt erhalten und weist im Innern noch die weitgehend ursprüngliche Raumstruktur sowie einige historische Bauteile auf. Der stattliche, auf drei Seiten frei stehende Baukörper entfaltet im Ortsbild von Fislisbach eine besonders prägende Wirkung. |
Bau- und Nutzungsgeschichte: | Das Wohn- und Geschäftshaus gehört zu den ersten Bauten, die ab 1919/20 durch die Baugenossenschaft Fislisbach & Umgebung erstellt wurden [1]. Die Gründung der Genossenschaft wurde 1919 in der Zeitschrift "Die Schweizerische Baukunst" zustimmend kommentiert, da sich die Wohnungsnot durch die Nähe zum Industriestandort Baden auch in den angrenzenden ländlichen Gemeinden zugespitzt hatte. Die Baugenossenschaft bezweckte die nicht gewinnorientierte Erstellung von Wohnhäusern, sie erwarb dafür die Bauplätze und vermietete oder verkaufte anschliessend die erstellten Objekte [2]. Das Gebäude mit dem Ladenlokal im Erdgeschoss und den zwei darüber liegenden Stockwerkswohnungen kam an guter Geschäftslage zu stehen, auf einer Eckparzelle direkt an der Strassenkreuzung, wo sich die Verkehrswege nach Niederrohrdorf, Mellingen und Rütihof trennen. An dieser Stelle befand sich schon seit längerem eine Baulücke. Als Käufer fanden sich der Schuhfabrikant Josef Schibli und sein Bruder Martin, Buchhalter, welche mindestens bis 1938 Eigentümer der Liegenschaft blieben [3]. Der Laden erhielt in jüngerer Zeit eine eingeschossige, flachgedeckte und von der Strasse zurückversetzte Erweiterung nach Norden, wodurch die historische Ladenfront geschont werden konnte. 2004 unterzog man das Gebäude einer Gesamtrenovation. Dabei wurden im Innern viele Oberflächen (Wände, Böden) wie auch die Nasszellen erneuert sowie das Ladenlokal umgebaut. |
Beschreibung: | Das markant aufragende, im späten Heimatstil gestaltete Wohn- und Geschäftshaus bildet den westseitigen Abschluss der Badenerstrasse, bevor diese an der Kreuzung in die beiden Hauptverkehrsachsen Niederrohrdorferstrasse und Mellingerstrasse überleitet. Der mit drei auf drei Achsen über quadratischem Grundriss errichtete Baukörper birgt unter einem steilen nord-süd-gerichtetem Satteldach mit Gehrschilden und Klebdächern zwei Voll- und zwei Dachgeschosse. An der Hauptfassade zur Badenerstrasse ist ein abgewalmter Zwerchgiebel ausgebildet. In der von ihm betonten Mittelachse liegt der alte, über eine Freitreppe erreichbare Ladeneingang (heute in die nordseitige Ladenerweiterung verlegt). Die Ladenfront weist eine symmetrische Gestaltung mit grossen, gerundeten Schaufenstern zu beiden Seiten des Eingangs auf. Die übrigen Fenster – alle von zeitgemässen Zementgewänden gerahmt - variieren die Rechteckform als Einzel- und Zwillingsfenster. Die Fenster direkt unter dem First sind jeweils als Rundbogenöffnung ausgebildet. Hier sind Bretterläden mit herzförmigen Luken befestigt, während die Wohngeschosse und das Parterre Holzläden mit Lamellen und Kassetten im unteren Bereich aufweisen – alle aus der Bauzeit des Hauses. Von ausserordentlicher Qualität ist die sorgfältige und überaus reich differenzierte Fassadengestaltung mit rahmenden Eckpilastern, Putzdekor, Riegel und weiterem vielfältig eingesetztem Holzwerk (beschnitzte Büge, Stichbalken, bretterverschalte Hohlkehlen und Ründen etc.). Vom grossflächig angebrachten bauzeitlichen Kellenwurfputz setzen sich die glatten Oberflächen der Gefache im Dachbereich ab. An der Vorderfront trennt ein glattes Putzband mit aufgemalten Ornamenten den Laden vom darüber liegenden Wohnteil, über dem Vordach des Haupteingangs ist eine schildförmige Kartusche mit den Jahrzahlen der Erbauung und der Renovation eingelassen. Die Rückseite nehmen unter einem angeschlepptem Dach in der südlichen Hälfte eine Laube und in der nördlichen Hälfte ein gemauerter Schopf mit bretterverschaltem Dachbereich ein, in dem ehemals auch die Toilette untergebracht war. Die Laube tritt im Erdgeschoss, wo sich der Eingang zu den Wohnungen befindet, und im 1. Obergeschoss (nur Brüstung) als gemauerte Loggia in Erscheinung, während die oberste Laube ganz aus Holz mit ausgesägten Flachbalustern und Bögen gestaltet ist. Durch den mittig angelegten hinteren Hauseingang gelangt man in ein hölzernes Treppenhaus mit zwiebelförmig beschnitzten Pfosten und gedrechselten Staketen am Geländer. In der Wand des ersten Zwischenbodens befand sich früher ein Durchgang in den Laden. Die Räume der Vierzimmerwohnungen sind jeweils um einen zentralen Erschliessungsraum angeordnet, wobei zwei Räume (das Kinderschlafzimmer im Nordwesten und das hinter der Küche liegende, wohl nachträglich eingerichtete Badezimmer im Südwesten) gefangen sind. Von der bauzeitlichen Ausstattung erhalten sind die Brusttäfer in den Stuben und die Tür- und Fensterrahmen mit gerundeten Abschlüssen (am Sturz evtl. nachträglich begradigt, vgl. Bauinventarobjekte FIB915-919). Der grosszügige ehemalige Umschwung ist heute grösstenteils versiegelt und in Kunden- und Privatparkplätze umgestaltet. |
Anmerkungen: | [1] Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0044: Brandkataster Gemeinde Fislisbach 1899-1938. – Vgl. auch die Bauinventarobjekte FIB916-919. [2] Die Schweizerische Baukunst 1919, Bd. 11, S. 180. [3] Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0044: Brandkataster Gemeinde Fislisbach 1899-1938. |
Erwähnung in anderen Inventaren: | - Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), lokale Bedeutung. |
Literatur: | - Bund Schweizer Architekten (Hg.), Die Schweizerische Baukunst. Zeitschrift für Architektur, Baugewerbe, Bildende Kunst und Kunsthandwerk, Jahrgang 1919, Heft XI, S. 180. |
Quellen: | - Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0044: Brandkataster Gemeinde Fislisbach 1899-1938. |
Reproduktionsbestimmungen: | © Kantonale Denkmalpflege Aargau |
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URL for this unit of description |
URL: | http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=121344 |
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