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Siedlungs­gebiet (Bau­zonen­dimensio­nierung und Fassungs­vermögen)

Foto der Zürcherstrasse in Windisch, mit Baukränen im Hintergrund.

Hier finden Gemeinden und Planungs­büros die raum­planerischen Grund­lagen des Kantons, die es bei der bevor­stehenden Orts­planungs­revision im Bereich Siedlungs­gebiet (Bau­zonen­dimensio­nierung und Fassungs­vermögen) zu berücksichtigen gilt.

1. Ausgangslage und strategischer Rahmen

Der Erhalt von Boden und Landschaft als natürliche Lebensgrundlagen bildet die Grundlage der schweizerischen Raumplanung. Der Boden ist haushälterisch zu nutzen, die Siedlungen sind kompakt zu gestalten und in ihrer Ausdehnung zu begrenzen (Art. 1 und 3 Bundesgesetz über die Raumplanung [RPG]). Bei der Revision der Ortsplanung gestalten die Gemeinden die Bauzonendimensionierung nach der Massgabe von Art. 15 RPG und des Richtplans aus.

Dem Richtplan ist eine Bevölkerungsprognose von 816'000 Personen im Jahr 2040 hinterlegt. Die Arbeitsplatzentwicklung soll sich proportional dazu entwickeln. Dieses Wachstum hat insgesamt räumlich differenziert und primär in den bereits gut erschlossenen und ausgestatteten Gebieten zu erfolgen. Als Berechnungsgrundlage für die Dimensionierung des Siedlungsgebiets im Richtplan dienen unter anderem die auf die Raumtypen gemäss Raumkonzept verteilte Prognose des Bevölkerungswachstums (Planwert) sowie die ebenfalls spezifischen Vorgaben der zu erreichenden Mindestdichten (Einwohnerinnen und Einwohner pro Hektare) für die Wohn- und Mischzonen je Raumtyp.

Mit den kommunalen Nutzungsplänen ist der Bedarf an Bauzonen für die nächsten 15 Jahre innerhalb des im Richtplan festgesetzten Siedlungsgebiets zu decken. Überdimensionierte Bauzonen müssen reduziert werden. Die richtplanerischen Vorgaben zum Siedlungsgebiet ergeben sich unter anderem aus dem Raumkonzept Aargau (Richtplan­kapitel R 1) und aus dem Richtplan­kapitel S 1.2. Weiter sind Massnahmen zur Erhöhung der Verfügbarkeit der Bauzonen zu treffen (Art. 15a RPG). Dies ermöglicht eine bessere Nutzung der brachliegenden und ungenügend genutzten Flächen (Art. 3 Abs. 3abis RPG). Die allgemeine Nutzungsplanung – und damit auch die räumliche Anordnung des Siedlungsgebiets – ist regional abzustimmen (Art. 15 Abs. 3 RPG sowie §§ 11 Abs. 1 und 13 Abs. 1 Gesetz über Raumentwicklung und Bauwesen [BauG]).

2. Handlungsspielräume für Gemeinden

2.1 Dimensionierung der Bauzonen

Der Richtplan legt fest, wie gross das Siedlungsgebiet für den Planungshorizont von 25 Jahren insgesamt ist und wie es im Kanton räumlich verteilt ist. Damit sind die Gebiete, in denen die bauliche Entwicklung innerhalb des Richtplanhorizonts stattfinden kann, weitgehend vorgegeben (Richtplankapitel S 1.2 > Planungs­anweisungen A bis C). Neue Bauzonen können im Rahmen der Nutzungsplanung nur innerhalb dieses Siedlungsgebiets bezeichnet werden. Sie setzen dazu einen ausgewiesenen Bedarf unter Einbezug der vorhandenen Reserven und Innen­entwicklungs­potenziale voraus. In der allgemeinen Nutzungsplanung sind hierzu die Anforderungen nach Art. 15 ff. RPG, gemäss Planungs­anweisungen 1.3, 3.1 und 3.2 des Richtplankapitels S 1.2 sowie § 13 Abs. 2bis BauG und § 4 Bauverordnung (BauV) zu erfüllen.

Das Siedlungsgebiet und die Bauzonen sind durch die Gemeinden gemäss den übergeordneten Vorgaben aktiv zu bewirtschaften. Einzonungen können erst dann in Erwägung gezogen werden, wenn nachweislich alle bestehenden Möglichkeiten ausgeschöpft wurden, um einen örtlich konkreten Flächenbedarf durch hochwertige Innenentwicklung zu decken.

Mit der (über)kommunalen Umlagerung des festgesetzten Siedlungsgebiets beziehungsweise bestehender Bauzonen steht den Gemeinden ein wirksames Instrument zur effizienteren Bodennutzung zur Verfügung. Das im Richtplan festgesetzte Siedlungsgebiet kann durch die Gemeinden räumlich anders angeordnet werden (Richtplankapitel S 1.2 > Planungs­anweisung 1.2). Allfällige Umlagerungen sind zwischen den betroffenen Akteurinnen und Akteuren jedenfalls einvernehmlich auszugestalten. Gemeindeübergreifende Umlagerungen stellen eine Verbundaufgabe von Gemeinden, regionalen Planungsverbänden und Kanton dar. Im Vordergrund stehen hier jeweils die Erzielung eines besseren (raumplanerischen) Ergebnisses und die Zweckmässigkeit.

Der Planungswegweiser, Kapitel 7 und der Werkzeug­kasten 7 zeigen die Möglichkeiten der Siedlungsgebiets- und Bauzonenbewirtschaftung detailliert auf.

Räumliche Schwerpunkte der hochwertigen Siedlungsentwicklung bilden die Wohnschwerpunkte (WSP) nach Richtplankapitel S 1.9 und die wirtschaftlichen Entwicklungsschwerpunkte (ESP) nach Richtplankapitel S 1.3. Diese Gebiete sind besonders hochwertig und gut abgestimmt zu entwickeln.

Allfällige Einzonungen erfolgen im Rahmen einer Gesamtüberprüfung der Nutzungsplanung. Sie müssen jedenfalls innerhalb des Siedlungsgebiets erfolgen. An Einzonungen, die gemäss Rechtsprechung als Bundesaufgabe gelten, werden sehr hohe Anforderungen gestellt. Sie setzen einen ausgewiesenen Bedarf unter Einbezug der vorhandenen Reserven und Innenentwicklungspotenziale voraus. In der Nutzungsplanung sind hierzu die einschlägigen Anforderungen unter anderem gemäss Art. 15 ff. RPG, Richtplan­kapitel S 1.2 (Planungs­anweisungen 1.3, 3.1 und 3.2) und Richtplan­kapitel L 1.2 (Planungs­anweisung 3.3) sowie § 4 BauV zu erfüllen. Die rechtliche Sicherstellung der Verfügbarkeit von Einzonungen gemäss § 28i BauG bildet ebenfalls eine wichtige Genehmigungsvoraussetzung (vgl. 2.5 Mehrwertabgabe und Baupflicht).

Auch wenn der kantonale Richtplan (Richtplan­kapitel S 1.2) eine Auszonung nicht ausdrücklich vorsieht, ist die Bauzonengrösse auf Vereinbarkeit mit Art. 15 ff. RPG zu prüfen (siehe dazu Kapitel 3.5.6 des Erläuterungsberichts zur Richtplananpassung Siedlungsgebiet vom 24. März 2015). Geht das ermittelte Fassungsvermögen der Wohn- und Mischzonen (inklusive innere Nutzungsreserven) über die erwartete Bevölkerungsentwicklung gemäss Raumkonzept (Richtplan­kapitel R 1) hinaus, ist vorab für unüberbaute Bauzonen am Siedlungsrand eine Auszonung beziehungsweise Nichteinzonung zu prüfen (Art. 15 Abs. 2 RPG). In Betracht zu ziehende Gebiete können dabei namentlich anhand folgender Kriterien situationsspezifisch beurteilt werden:

  • Zeitpunkt der Einzonung (Rechtssicherheit, Planbeständigkeit),
  • Stand der (Sonder-)Nutzungsplanungen,
  • Lage (innerhalb/am Rand des Siedlungsgebiets, im Bereich von ISOS-Interessen),
  • Zentralität beziehungsweise Entwicklungsbeitrag für die Gemeinde (unter anderem öV-Erschliessungsgüte),
  • Stand der vorhandenen Erschliessung (Baureife) und/oder der getätigten Investitionen,
  • Aussagen gemäss Erschliessungsprogramm,
  • konkretisierte Bauabsichten (Stand, bisherige Bemühungen, rechtliche und/oder finanzielle Sicherstellung),
  • Eignung zur landwirtschaftlichen Nutzung (Fruchtfolgeflächen, Lage, Zugang, Topografie etc.).

Die entsprechenden Ergebnisse sind im Planungsbericht (Art. 47 Abs. 2 RPV) darzulegen.

2.2 Abgrenzung und Überbaubarkeit der Bauzonen

Das Siedlungsgebiet weist einen Anordnungsspielraum für die parzellenscharfe, planerisch zweckmässige Detailabgrenzung der Bauzonen auf. Die Überprüfung der Abgrenzung der Bauzonen gegenüber dem Kulturland und den Nichtbauzonen hat sich an den Kriterien gemäss Planungsanweisung 3.5 des Richtplan­kapitels S 1.2 zu orientieren:

  • Parzellengrenzen,
  • bestehende, feste Grenzen (Strassen, Wege, Bahnlinien etc.),
  • natürliche Gegebenheiten (Bäche, Böschungen, Hecken etc.),
  • bestehende Nutzungen (wie Umgebungsgestaltung, Spielflächen, Gartenanlagen etc.).

Die Überbaubarkeit der Bauzonen sollte zudem anhand folgender Aspekte überprüft werden:

  • Naturgefahren und Lärm (§ 13 BauG),
  • Erschliessbarkeit (§ 32 BauG),
  • Grenzabstand (§ 47 BauG, BNO),
  • Waldabstand (§§ 48 und 111 BauG),
  • Strassenabstand (§ 111 BauG),
  • Leitungsabstand (Art. 38 Leitungsverordnung [LeV]),
  • Abstände zum Schutz vor elektromagnetischer Strahlung (Art. 16 Verordnung über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung [NISV]),
  • Immissionsabstände (vor allem landwirtschaftliche Betriebe; Art. 3 Abs. 2a und Anhang 2 Ziffer 512 Luftreinhalteverordnung [LRV]),
  • weitere spezielle Abstandsregelungen (zum Beispiel Bahngeleise, Schutzobjekte, Sicherheitsabstände gemäss Störfallverordnung etc.),
  • Abstand gegenüber dem Kulturland (§ 29 BauV).

2.3 Handlungsprogramm Innenentwicklung

Qualitäts-Entwicklungs-Prozess der hochwertigen Siedlungsentwicklung nach innen

Zur Aktivierung grösserer nicht genutzter oder unternutzter Baulandreserven ist – nebst den planerischen Massnahmen und Möglichkeiten gemäss Planungs­wegweiser, Kapitel 4 (Unter­kapitel 4.2 und 4.5, ab Seite 5 bzw. Seite 12) – insbesondere auch ein sich kümmerndes und initiatives Vorgehen und Handeln der Gemeindebehörde erfolgsversprechend. Die hochwertige Innenentwicklung ist als Qualitäts-Entwicklungs-Prozess zu verstehen. Dieser ist durch die Gemeinde kontinuierlich weiterzuverfolgen.

Mit der generellen und insbesondere der gebietsspezifisch und massgeschneiderten Ausrichtung der Bau- und Nutzungsordnung (BNO) auf eine hochwertige Siedlungsentwicklung nach innen eröffnet sich für die Gemeinde ein nicht unerheblicher Handlungsspielraum. Im Rahmen der Ortsplanungsrevision bezeichnet sie Schlüssel- und Handlungsgebiete (das heisst noch unüberbaute Reserven und Innenentwicklungspotenziale oder Umstrukturierungsgebiete) und übernimmt aktiv die Rolle zur Mobilisierung und Erschliessung dieser (inneren) Nutzungsreserven.

2.4 Fassungsvermögen der Wohn- und Mischzonen

Zur Überprüfung der Genehmigungsfähigkeit der Vorlage ist das Fassungsvermögen der Wohn- und Mischzonen anhand der örtlich konkreten, gebiets- und massnahmenweisen Darlegung der getroffenen Innenentwicklungsmassnahmen aufzuzeigen und im Planungsbericht nach Art. 47 Raumplanungsverordnung (RPV) eingehend zu erläutern (vgl. dazu Planungswegweiser, Kapitel 4 [Unter­kapitel 4.6, ab Seite 23] und Werkzeug­kasten 4d). Ebenso sind im Hinblick auf die Abstimmung von Siedlung und Verkehr die für die angestrebte Innenentwicklung womöglich zusätzlich erforderlichen Erschliessungskapazitäten aufzuzeigen und zu sichern.

Die Richtplanvorgaben bezwecken jedenfalls eine hochwertige Siedlungsentwicklung nach innen. Gemäss dem "RIA-Prinzip" sind vorrangig die bestehenden Wohn- und Mischzonenreserven [R] und Innenentwicklungspotenziale [I] im bereits bebauten Siedlungsgebiet auszuschöpfen (Aussenentwicklung [A] mittels Einzonung ist nur noch in Gemeinden mit Siedlungsgebiet möglich). Konkrete Anweisungen und Empfehlungen zur sinnvollen Umsetzung einer hochwertigen Siedlungsentwicklung nach innen finden sich im Planungswegweiser. Dieser gibt auch Hinweise zur Erfolgskontrolle, also zur Überprüfung der Wirksamkeit des eingeschlagenen Kurses der hochwertigen Siedlungsentwicklung nach innen (vgl. Planungswegweiser, Kapitel 5). Dabei handelt es sich nicht ausschliesslich um eine reine Wirkungskontrolle, sondern auch um ein Pulsfühlen bei der Bevölkerung und die Aufrechterhaltung des Dialogs.

2.5 Mehrwertabgabe und Baupflicht

Gestützt auf § 28a BauG ist bei Einzonungen (auch Umlagerungen und Arrondierungen) eine Mehrwertabgabe zu leisten. Der Einzonung gleichgestellt sind Umzonungen innerhalb Bauzonen, wenn das Grundstück vorher in einer Zone gelegen ist, in der das Bauen verboten oder nur für öffentliche Zwecke zugelassen ist. Alle mehrwertabgaberelevanten Grundstücke müssen mithilfe der Liste Mehrwertabgabe und Baupflicht erhoben werden. Diese Liste dient als Grundlage für die Schätzung durch das Steueramt und später für die Festsetzungsverfügung durch die Gemeinde (vgl. Planungswegweiser, Kapitel 6 und Werkzeug­kasten 6).

Andere Planungsvorteile, die durch Um-/Aufzonungen oder aufgrund anderer Planungsmassnahmen resultieren, können seitens Gemeinde mittels verwaltungsrechtlichen Vertrags ausgeglichen werden.

Art. 15a RPG verpflichtet Kantone und Gemeinden zur Förderung der Verfügbarkeit des Baulands. Mit der Baupflicht steht den Gemeinden ein wirksames Instrument zur Umsetzung der Innenentwicklung zur Verfügung. Sie können damit eine bessere Nutzung der brachliegenden und ungenügend genutzten Flächen erreichen und so die Verfügbarkeit der bestehenden Bauzonen erhöhen. Bei Einzonungen (soweit diese nicht bedingt erfolgen) legt der Gemeinderat gestützt auf § 28i BauG eine Frist für die Überbauung des Grundstücks fest, die mit dem Erschliessungsprogramm abgestimmt sein muss (in der Regel zwischen 5 und 10 Jahren). Ist ein öffentliches Interesse gegeben, ist eine Baupflicht auch für bereits eingezonte Grundstücke möglich. Die Vorkehren zur Baupflicht sind im Planungsbericht darzulegen. Das Merkblatt zur Baupflicht enthält die wichtigsten Hinweise dazu.

3. Planungsinstrumente

Der Planungswegweiser und die Werkzeugkästen zeigen die verschiedenen Instrumente zur hochwertigen Siedlungsentwicklung nach innen auf und setzt sie in Zusammenhang mit den kommunalen Handlungsbedürfnissen (Kapitel 4). Hinsichtlich Bauzonendimensionierung und Fassungsvermögen können daneben auch kommunale Planungsgrundlagen wie das Räumliche Entwicklungsleitbild (REL) und allenfalls weiterführende räumliche Vertiefungen (Studien, Masterpläne etc.) zielführend sein. Diese ermöglichen eine frühzeitige Abstimmung mit dem Kanton (Dialog- und Gegenstromprinzip).

Ein Handlungsprogramm Innenentwicklung kann als anweisendes Bindeglied zwischen dem REL, der ersten Umsetzung desselben in der Nutzungsplanung und den nötigen Folgeschritten zur Verwirklichung der räumlichen Gemeindeentwicklung dienen. Es beinhaltet Massnahmen, die zeitlich und inhaltlich über den Horizont der Nutzungsplanungsrevision hinausgehen, und dient der langfristigen Erreichung einer hochwertigen Innenentwicklung und deren Dichteziele.

Mit dem jährlich aktualisierten Bericht Raumbeobachtung steht den Gemeinden eine Datengrundlage zur Raumentwicklung zur Verfügung, die für rationale Planungsentscheide eingesetzt werden kann. Auf diesen Daten aufbauend lassen sich gemeindespezifische Faktenblätter abrufen. Damit können Bevölkerungs- und Beschäftigtenzahlen, die Bauzonennutzung oder die Bauzonenreserven in einer Gemeinde mit der Entwicklung im jeweiligen Regionalplanungsverband, Raumtyp gemäss Raumkonzept und im gesamten Kanton verglichen werden. Weiter liefern die gemeindespezifischen Analysekarten im Werkzeugkasten 2 wichtige Grundlagen zu baulichen, wohnstrukturellen und gesellschaftlichen Themen für massgeschneiderte Lösungen für eine hochwertige Siedlungsentwicklung nach innen.

3.1 Umsetzungsbeispiele für die BNO

Um die hochwertige Siedlungsentwicklung nach innen in den Schwerpunkt­gebieten spezifisch zu steuern, bieten der Planungs­wegweiser, Kapitel 4 (Unter­kapitel 4.5, ab Seite 12), die Lösungsfeld-Matrix sowie der Werkzeug­kasten 4c eine umfassende Übersicht verschiedener Regelungs­ansätze für eine mass­geschneiderte Anwendung.