Altstadthaus Löwenplatz 8 in Baden
Vor 600 Jahren, 1419, wurde das Badener Altstadthaus am Löwenplatz 8 erstmals unter dem Namen "zum schwarzen Ross" erwähnt. Mit seiner Bausubstanz, wie dem 1595/96 dendrodatierten Dachstuhl oder der um 1755/60 angefertigten Stuckdecke im dritten Obergeschoss, bezeugt es hervorragende bauschöpferische Leistungen aus verschiedenen Epochen. Es wurde jüngst unter kantonalen Schutz gestellt und eine denkmalgerechte Modernisierung ist bereits in Planung.
Der Löwenplatz in Baden bildet mit seinen Bauten eine Nahtstelle zwischen dem hochmittelalterlichen Siedlungskern und der Stadterweiterung des 14. Jahrhunderts. Er war zudem ein wichtiger Wirtschaftsraum, denn hier fand der wöchentliche Fischmarkt statt. Platzbildprägend sind die beiden Eckbauten Löwenplatz 8 und das benachbarte Haus an der Rathausgasse 7, deren Geschichte miteinander verwoben ist und die beide eine reichhaltige Baugeschichte auszeichnet.
600 Jahre Baukultur
Heute bleibt das Auge beim 1419 erstmals als „zum schwarzen Ross“ erwähnten Haus am Löwenplatz wohl zuallererst an der Eingangsfront des Mr. Pickwick Pubs hängen. Wer sich die Zeit nimmt, das Haus genauer zu betrachten, wird aber schon am Aussenbau Hinweise für seine reichhaltige Baugeschichte ausmachen.
Das viergeschossige Eckhaus mit einem über alle Geschosse reichenden spätmittelalterlichen Eckstrebepfeiler zeigt sich zum Löwenplatz als traufständiger Bau unter Satteldach. Die regelmässige Fassadengliederung mit drei Fensterachsen mit Stichbogenfenstern bezeugt eine barocke Modernisierung. Das hohe Alter und die Komplexität der Baugeschichte widerspiegelt besonders die Südfassade (Giebelwand). Ihre zwei untersten Geschosse sind bossiert. Die Fenster sind historisch gewachsen und unregelmässig gesetzt. Ein Fenstersturz im 3. Obergeschoss trägt die Jahreszahl 1569, wohingegen die neugotischen Staffelfenster im Erdgeschoss auf den Einbau eines Wirtshauses 1900 verweisen.
Geschichtsträchtiges Innenleben
Bei einem Haus, das bereits vor 600 Jahren Erwähnung fand, darf man ein reiches Innenleben erwarten. Dieses zeigt bauschöpferische Eingriffe aus verschiedenen historischen Epochen.
Eine wichtige Bauphase ist für Ende des 16. Jahrhunderts nachweisbar. Das Dachtragwerk, ein liegender Dachstuhl mit doppelter Kehlbalkenkonstruktion und ohne Firstpfette, und eine Balkendecke sind dendrochronologisch, also mittels einer Untersuchung der Jahresringe der Hölzer, 1595/96 datiert. Da auch an der Südfassade die Jahrzahl 1596 inschriftlich vermerkt ist, kann man grosse Baumassnahmen um 1596 annehmen. Hiervon haben sich nicht nur konstruktive Teile erhalten, sondern auch dekorative Raumausstattungen. Bei Sondagen wurde jüngst eine bemalte Holzdecke entdeckt, bei der auf hellem Grund in Rot die Holzmaserung aufgemalt ist. Diese Art der Bemalung war im späten 16. Jahrhundert in Baden beliebt.
Die qualitätvolle barocke Modernisierung zeigt nicht nur die Fassade zum Löwenplatz, sondern beispielhaft auch eine Stuckdecke im 3. Obergeschoss, die um 1755-60 entstanden ist. Sie hat bereits im Kunstdenkmälerband eine umfassende Beschreibung und besondere Würdigung erfahren: "Der ideenreich lebendige und gleichzeitig kunstvoll ausgewogen komponierte Deckenzierat zählt zu den entzückendsten Schöpfungen des 18. Jahrhunderts im Bezirk Baden und übertrifft an Qualität alle Stuckdekorationen, die in dieser Region überhaupt noch erhalten sind." (Peter Hoegger, Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau, Bd. VI, Basel 1976, S. 289).
Auch im 19. Jahrhundert wurden prägende Umbauten vorgenommen. So verzeichnet ein 1822 verfasstes Protokoll den Auftrag an Zimmermeister Johann Lang ein „Stegenhaus im Löwen“ zu bauen. 1835 erwarb der Alt-Stadtammann Dominik Baldinger die beiden benachbarten Liegenschaften Löwenplatz 8 und Rathausgasse 7 und führte Umbauten bzw. „Verbesserungen“ aus, die zu einer Erhöhung der Versicherungssumme führten. 1875 figuriert das Haus Löwenplatz 8 als Wohnhaus mit Verkaufsmagazin, Rasierstube, einem gewölbten Keller und einem Tremkeller in den Akten. 1892/1895 erhöht sich abermals die Versicherungssumme infolge von Umbauten. Wer das Haus heute betritt, wird angesichts des Treppenhauses mit Lichthof an die Hotelbauten des 19. Jahrhunderts im Bäderquartier denken, bei denen moderne Glasdächer das Licht weit in die Bauten hineintragen.
Jüngste Vergangenheit und Zukunft
Es mag erstaunen, dass an solch einem zentralen Punkt in der Altstadt erst im Jahr 1900 der Umbau des Erdgeschosses zur Wirtschaft "zum Rathauskeller" erfolgte, was sich selbstverständlich auch in einer Neugestaltung der Fassaden im Erdgeschossbereich niederschlug. 1934 wurde die Front des Restaurants im Stil der neuen Sachlichkeit zeittypisch mit Kunststeinplatten modernisiert. Die letzten grösseren Baumassnahmen erfolgten 1984, als auch das Mr. Pickwick Pub einzog.
Aktuell plant die Eigentümerschaft gemeinsam mit Walker Architekten, Brugg, und fachlich begleitet von der Kantonalen Denkmalpflege eine Modernisierung des Wohnhauses. Ziel ist respektvoll an die vorgefundenen 600 Jahre Baukultur anzuknüpfen, Wertvolles zu erhalten und Verbesserungsfähiges zu optimieren.