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Egliswil-Seengerstrasse

In Egliswil entstehen Mehrfamilienhäuser. Dass hier bereits Jahrtausende früher Menschen siedelten, ist sich die Kantonsarchäologie sicher. Sie sagt noch vor Baubeginn eine Fundstelle voraus.

Restauratoren graben ein Gefäss aus.
© Kantonsarchäologie Aargau: Graben auf einer Verdachtsfläche.

Nicht nur heute gibt es beliebte Wohnlagen. Die optimale Wohnsituation suchten auch die Menschen in der Vergangenheit. Jede Epoche hatte ihre bevorzugten Siedlungsorte. Nach jahrzehntelanger Erfahrung ist die Kantonsarchäologie nun in der Lage, Siedlungsmuster zu erkennen und sogenannte Verdachtsflächen zu definieren. Dadurch ist es oft möglich, eine archäologische Fundstelle vorherzusehen. Genau das geschah in Egliswil.

Ein Verdacht und drei Probeschnitte

Mehrere Mehrfamilienhäuser sollen dereinst an der Seengerstrasse in Egliswil entstehen. Als das Baugesuch eintraf, war klar, dass dort vermutlich mit archäologischen Überresten zu rechnen ist. Denn eine beliebte Siedlungslage der Menschen in der Spätbronzezeit (1350−800 v.Chr.) waren Schuttfächer, die von Flüssen und Bächen aufgeschüttet wurden. Ebenso siedelten sie gerne auf Terrassen, die neben einem Bach oder in der Nähe von Quellen lagen. Diese Kriterien trafen für die Parzellen an der Seengerstrasse in Egliswil zu.

Deshalb begleitete ein Team der Kantonsarchäologie den Baubeginn. Auf drei Parzellen legte man zuerst eine sogenannte Sondage, einen Probeschnitt an. In der nördlichen der drei Parzellen fand das Grabungsteam keine Spuren.

Vergraben zum Aufbewahren und vergraben zum Entsorgen

© Kantonsarchäologie Aargau: Restaurator Thomas Kahlau und Restauratorin Aude Pfister legen mit Archäologin Luisa Galioto das Vorratsgefäss frei.

Doch schon im zweiten Sondageschnitt bestätigte sich die Vermutung der Archäologen. Eine Siedlungsschicht, und darunter noch eine zweite. Die erste enthielt wenig Keramik aus der römischen Zeit. Die zweite Schicht enthielt dann tatsächlich Funde und Strukturen aus der Spätbronzezeit. Darunter ein imposantes Vorratgefäss von 70 Zentimetern Durchmesser. Das Gefäss war damals im Boden eingegraben. Dadurch war es im Innern stets kühl, so dass die Menschen darin Lebensmittel oder Getränke aufbewahren konnten – ein bronzezeitlicher Kühlschrank.

© Kantonsarchäologie Aargau: Das grosse Vorratsgefäss aus der Spätbronzezeit. Eine Hälfte des Gefässes ist bereits freigelegt. Der obere Gefässteil ist im Laufe der Zeit eingebrochen und liegt auf dem Gefässboden.

Das Gefäss lag innerhalb oder vielleicht auch ausserhalb eines Gebäudes. Die Ausgräber konnten nur noch einige Pfostengruben eines etwa 10 Meter langen Holzbaus dokumentieren. Neben dem Vorratsgefäss befand sich eine Grube, in der die Menschen damals zerbrochene Keramikgefässe entsorgten. Weggeworfen wurde auch ein Keramikobjekt in Form einer Mondsichel, ein sogenanntes Mondhorn. Solche Objekte finden sicher immer wieder in spätbronzezeitlichen Schichten. Wofür es diente, ob als Alltags- oder Kultobjekt, ist heute jedoch immer noch unklar.

  1. Oberer Teil eines Keramikgefässes.
    Recycling
  2. Keramikobjekt in Form eines Halbmondes.
    Mondhorn
  3. Zwei Keramikscherben
    Exaktes Dekor

Grubenhaus aus der Steinzeit

Überraschend kam noch ein weiterer Befund hinzu. Ein Grubenhaus, in dem sich Fragmente von steinzeitlicher Keramik befanden. Sie stammt von Menschen, die um 3200 bis 3000 v. Chr. hier siedelten.

Verdachtsflächen – die aktuelle Form der präventiven Archäologie

Was in Egliswil geschah, ist ein Beispiel für präventive Archäologie. Die Kantonsarchäologie kann frühzeitig reagieren, wenn ein Baugesuch für eine Verdachtsfläche eingeht. So entstehen keine Bauverzögerungen. Und Funde wie das Egliswiler Vorratsgefäss werden rechtzeitig sichergestellt und geborgen.

Grabung abgeschlossen

Die Grabung fand in zwei Etappen statt vom 05.07. bis 04.08.2017 und vom 17.10. bis 30.11.2017. Sie wurde termingerecht abgeschlossen.