Tipp: Bei einem Spaziergang auf dem Kulturweg die Brücke überschreiten und sie durch Ruckbewegungen in Schwingung versetzen. Natürlich sind die Schwingungen nicht mehr gleich stark wie auf der alten Brücke, aber man kriegt dennoch eine kleine Ahnung, wieso die Brücke im Volksmund die "Gwaggelibrugg" genannt wird.
Hängebrücke zwischen Wettingen und Neuenhof
Dieser Beitrag wurde im Kontext des Fokusthemas 2023 "Stadt-Land-Fluss" erarbeitet. Die Hängebrücke oder auch "Gwaggelibrugg" genannt, die zwischen Wettingen und Neuenhof (in der Damsau) die Limmat überspannt, gehört zu den seltenen Industriedenkmälern in derartiger Konstruktion und hat dadurch nationale Bedeutung. Wie kam es ausgerechnet an dieser Stelle zu einem solchen Bau?
Brücken für eine produktive Industrie
Gebaut wurde die Brücke zur Blütezeit der Industrialisierung Europas und insbesondere der Schweiz. Damals, in den 1850/60 Jahren, befand sich der Kanton Aargau gemessenen am Industrialisierungsgrad auf dem zweiten Platz, gleich nach dem Kanton Zürich.
Der Unternehmer Johann Wild (geb. 1825) aus dem Zürcher Oberland fand auf der Klosterhalbinsel in Wettingen einen geeigneten Ort für die Errichtung von Baumwollspinnereien (gute Anbindung an Strassen und Schienenverkehr, Wasser zur Antriebsgewinnung der Maschinen). Vor dem Bau der Hängebrücke gab es eine Fährverbindung (zusätzlich zur Holzbrücke, die sich nur wenige 100 Meter Limmataufwärts befand und die schon seit dem 18. Jahrhundert die Verbindung zwischen Wettingen und Neuenhof herstellte), die ebenfalls von Herrn Wild beauftragt wurde. 1858 reichte Wild eine Konzession in Aarau bei der zuständigen Behörde ein, weil er gegenüber der Klosterhalbinsel die sogenannten "Kosthäuser" (Wohnungen für seine Angestellten) errichtete und viele Arbeiter, Taglöhner etc. von Fislisbach über die Stadt Baden so einen etwas kürzeren Arbeitsweg zu tragen hatten.
Nach dem Bau der Hängebrücke 1863 war endlich eine gesicherte Verbindung über die Limmat hergestellt – der Nebeneffekt der Zeiteinsparung für die Arbeiter war sicherlich auch im Sinne des Unternehmers Johann Wild.
Eine einzigartige Konstruktion
Der Ursprung des Drahtseilbrückenbaus lässt sich in die 20er Jahre des 19. Jahrhunderts datieren. Entwickelt wurden sie in Savoyen und Genf von massgebenden Ingenieuren wie unter anderen Marc Seguin und Guille-Henri Dufour (der spätere General).
Die Gwaggeli-Brücke von 1863 hat einen Aufbau, der auf die Ursprünge des Hängebrückenbaus zurück geht und darum einzigartig ist in der Schweiz!
Die Hängebrücke wurde 1980, vor allem dank des grossen Engagements und der Initiative des damaligen Gemeindeamman der Gemeinde Neuenhof Herr Paul Fischer, einer Renovation unterzogen. Dabei wurden neue Kabel gezogen und der ganze Trägerbau erneuert. Die alten Bauteile, soweit sie erhalten werden konnten, wurden in einer braunen Farbe gestrichen, um sie von den neuen Bauteilen abzuheben und erkennbar zu machen.
Vor zwei Jahren gab es weitere kleine Aufbesserungen: Die Hölzer auf dem Laufsteg und der Kabelturm in Eiche auf Seite Wettingen wurden ersetzt. So ist dieses Bauwerk nun für weitere Jahre geschützt.
Autor: Benedikt Hellweger, Freiwilliger von Bibliothek und Archiv Aargau
Transkription: Bruno Benz, Freiwilliger von Bibliothek und Archiv Aargau
Quellen
- Transkription des Antrages des Baudirektors an den Regierungsrat (PDF, 6 Seiten, 577 KB)
- Wasserkraftwerk der Baumwollspinnerei und Baumwollweberei Wettingen, 1915-1925 (Serie);(öffnet in einem neuen Fenster) Staatsarchiv Aargau R05.3.34
- Wasserbau Limmat, 1827-1865(öffnet in einem neuen Fenster); Staatsarchiv Aargau DB01/0294
- Schweizer Ingenieur und Architekt: Zur Sanierung der "Gwaggelibrugg" über die Limmat zwischen Wettingen und Neuenhof;(öffnet in einem neuen Fenster) e-periodica
- Badener Neujahrsblätter: Ein einmaliges technikgeschichtliches Denkmal : zur Geschichte und Renovation der "Gwaggelibrugg" zwischen Wettingen und Neuhof;(öffnet in einem neuen Fenster) e-periodica