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Freiwilligenprogramm

Reussbrücke in Sins

Dieser Beitrag wurde im Kontext des Fokusthemas 2023 "Stadt-Land-Fluss" erarbeitet. Wer die vermeintliche Abkürzung von Bremgarten nach Gisikon LU über die Reuss nehmen wollte, stand bis ins frühe 17. Jh. wortwörtlich an: Es gab keine Brücke, die einzige Überquerung war durch einen Fährbetrieb bei Sins möglich.

© Kanton Aargau, Foto: Trudi Engelhardt
Die Konstruktion mit den "ausgefüllten" Ecken zeigt den Wiederaufbau von 1852 (Zugerseite).

Die Konstruktion mit den "ausgefüllten" Ecken ist Teil des Wiederaufbaus von 1852 (Zugerseite).

Die Aargauer Seite, gebaut 1809.

Die Aargauer Seite, gebaut 1809.

Angebauter Fussgängerteil

Angebauter Fussgängerteil

Zug äusserte schon lange den Wunsch, eine Brücke zwischen Hünenberg und Sins zu bauen. In erster Linie um die Getreidetransporte zwischen den freien Ämtern und den Urkantonen zu erleichtern, aber auch aus Sicherheitsüberlegungen.

Immer wieder gab es Fährunglücke wie dasjenige von 1627 bei dem 40 Pilger, die in einer völlig überladenen Fähre unterwegs nach Einsiedeln waren, zu Tode kamen. Die Fähre kenterte und die Pilger ertranken in der hochgehenden Reuss.

Kriegsverschont und kriegsversehrt

Luzern stellte sich aus finanziellen Gründen gegen eine Brücke, da dies weniger Zolleinnahmen in Gisikon bedeutet hätte. Zugleich fürchteten sie einen grösseren Einfluss von Zug auf die freien Ämter. Die Zuger konnten sich dann aber doch durchsetzen und so wurde 1640 mit dem Bau der Brücke begonnen.

Obwohl die Brücke während der beiden Villmergerkriegen 1656 und 1712 offenbar nicht zu Schaden kam, war sie nach diesen Ereignissen doch baufällig geworden. Auf dem Pfeiler und Widerlager der alten Brücke wurde deshalb 1809 ein Werk konstruiert, das von Hängewerkbogen getragen wurde und deren weit ausladende Lamellenbündel im westlichen Teil der Brücke noch heute sichtbar sind.

Im Sonderbundskrieg 1847 hingegen war dieselbe Brücke von grosser militärischer Bedeutung. Um sich gegen die drohende Übermacht der liberalen Kantone zu wehren, schlossen sich in diesem Jahr entgegen dem Willen der Tagsatzung die konservativ katholischen Gebiete Luzern, Uri, Schwyz, Zug, Ob- und Nidwalden sowie Freiburg und Wallis zu einem Sonderbund zusammen.

Nach einem missglückten Versuch der Sonderbundstruppen über den Gotthard in den Tessin vorzurücken, um dort gegen die liberalen Kräfte vorzugehen, bestimmte am 4. Nov. 1847 die Mehrheit der Tagsatzung die Auflösung der Sonderbundstruppen und Guillaume-Henri Dufour, der spätere Mitbegründer des Roten Kreuzes, wurde zum General der eidgenössischen Truppen ernannt.

Um den Vormarsch der Truppen unter General Dufour zu stoppen, zerstörten die Truppen des Sonderbundes vergeblich den östlichen Teil der Brücke.

Am 23. Nov. 1847 brachten die Gefechte bei Gisikon und Meierskappel die Entscheidung zugunsten der eidgenössischen Truppen. Der Sonderbundskrieg, der knapp einen Monat dauerte, war der letzte eidgenössische Bürgerkrieg.

Sichtbare Geschichte

Der zerstörte Ostteil der Brücke wurde 1852 wieder aufgebaut. Der Wiederaufbau auf der Ostseite wurde aber nicht in der gleichen Art und Weise gemacht wie auf der Westseite. Der Zimmermeister Johann Schalcher errichtete ein kompliziertes Sprengwerk anstelle der Hängewerkbogen wie auf der Ostseite. Daher ist auch heute noch die unterschiedliche Bauweise sichtbar, wenn man sich auf der Brücke befindet.

Mitte des 20. Jh. wurde das Verkehrsaufkommen über die Brücke immer grösser und der Bau eines Ersatzes gleichzeitig immer dringlicher. Dafür mussten sich aber die Kantone Zug und Aargau einigen und auch das dauerte noch einmal seine Zeit.

Hervorgehoben:Diskussionen im Regierungsrat

Am 6. Mai 1932 beschloss der Regierungsrat des Kantons Aargau, unter Vorbehalt der Zustimmung des Grossen Rats, die Weiterführung der Verhandlungen mit dem Kanton Zug für des Erstellen einer neuen Brücke. Bis anhin war ausschliesslich der Kanton Zug zuständig für deren Bau und Unterhalt. Da sich im Laufe der Jahre die Verhältnisse geändert hätten und der Reussübergang nicht mehr ausschliesslich zugerischen Interessen dienten, kam der Kanton Aargau zum Schluss, einen Beitrag an die Kosten für eine neue Brücke zu leisten. Vorgesehen war aber nur ein Beitrag an die Brücke selbst, also ohne die beidseitigen Zufahrten. In der Folge verhandelte die Baudirektion weiter mit den zugerischen Behörden. Es wurden verschiedene Projekte ausgearbeitet, die jedoch nicht zur Ausführung gelangten, da sich die beiden Kantone nicht über die Wahl der Übergangstelle einigen konnten. Im regierungsrätlichen Beschluss vom 17. März 1934 wurde vom Kanton Aargau noch einmal ausdrücklich darauf hingewiesen, "dass, sofern Zug es weiterhin ablehnt, auf die vom Kanton Aargau vorgeschlagenen Projekte einzugehen, vorläufig vom Bau einer neuen Brücke abgesehen werden sollte." (Protokoll des Regierungsrates des Kantons Aargau vom 1. April 1944 No. 714) Nachdem es einige Jahre ruhig um den Brückenbau geworden war, unterbreitete der Kanton Zug am 11. Dez. 1943 dem aargauischen Regierungsrat das Projekt für eine Verstärkung der Fahrbahn und die Anhängung eines zwei Meter breiten Fussweges an der Südseite der Brücke. An der Sitzung vom 1. April 1944 beschloss der aargauische Regierungsrat trotz diverser Mängel am vorliegenden Projekt, dieses zu genehmigen.

1996 wurde die neue Brücke schliesslich eingeweiht, die alte Holzbrücke dient seither ausschliesslich dem Fussgänger- und Veloverkehr.

Autorin: Trudi Engelhardt, Freiwillige von Bibliothek und Archiv Aargau