INV-LEN951 Gartenstadtquartier Lindenplatz, 1907-1913 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:INV-LEN951
Signatur Archivplan:LEN951
Titel:Gartenstadtquartier Lindenplatz
Ansichtsbild:
1/2
Bildlegende:Ansicht des Platzes von Osten (2016)
Bezirk:Lenzburg
Gemeinde:Lenzburg
Ortsteil / Weiler / Flurname:Wolfsacker
Adresse:Lindenplatz 1/3, 7, 9/11/13, 10/12/15/17, 6, 2/4, Lindenweg 20, Lindenweg 15 / Wolfsackerstrasse 8
Versicherungs-Nr.:828, 834, 836, 837A/B, 872A-D, 860, 827, 900, 2867, 873A/B
Parzellen-Nr.:860, 862, 858, 857, 856, 848, 847, 849, 845, 846, 844, 853, 854, 865, 863, 864, 855
Koordinate E:2655313
Koordinate N:1249371

Chronologie

Entstehungszeitraum:1907 - 1913
Grundlage Datierung:Literatur

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Baugruppe
Nutzung (Stufe 1):Profane Wohnbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Siedlung, Wohnanlage
Epoche / Baustil (Stufe 3):Heimatstil

Schutz / Status

Status Bauinventar:Neuaufnahme Bauinventar 2017

Dokumentation

Autorschaft:Theodor Bertschinger iun. (1875-1972), Baumeister, Lenzburg
Würdigung:1907-13 entstandenes Gartenstadtquartier, dessen Häuser durch den bekannten Lenzburger Baumeister und Architekten Theodor Bertschinger iun. auf eigene Rechnung erbaut und in der Folge an einzelne Eigentümer verkauft wurden. Die durchwegs in Heimatstilformen gehaltenen, individuell gestalteten Arbeiter- und Angestelltenwohnhäuser sind zu einer Platzanlage mit Randbebauung gruppiert, die im Sinn der Gartenstadtbewegung und des Künstlerischen Städtebaus als scheinbar sukzessive gewachsenes, „malerisches“ Ensemble angelegt ist. Sie bilden damit ein bemerkenswertes und frühes Zeugnis für die Aufnahme dieser damals aktuellen städtebaulichen Reformströmungen. Wie das ganze Wolfsackerquartier, dessen Entwicklung wesentlich von Theodor Bertschinger sen. angestossen worden war, richteten sich die Häuser vor allem an Arbeiter und Angestellte der benachbarten „Hero“ und bilden in der Lenzburger Stadtbaugeschichte damit gewissermassen das Pendant zu den Fabrikantenvillen auf der gegenüberliegenden, der Stadt zugewandten Seite des Bahnareals (darunter die zwei „Hero“-Direktorenvillen, Bauinventarobjekte LEN913/923).
Bau- und Nutzungsgeschichte:Ab 1891 kaufte der bekannte Lenzburger Baumeister und Bauunternehmer Theodor Bertschinger senior (1845-1911) Grundstücke im späteren Wolfsackerquartier, das in unmittelbarer Nachbarschaft zum 1874 eröffneten Bahnhof und zur 1886 gegründeten Konservenfabrik für die bauliche Entwicklung prädestiniert war [1]. Erste Etappe war 1891 ein Gebiet zwischen Wolfsackerstrasse und Bahnhof; 1904 folgte ein Areal östlich des späteren Lindenplatzes und 1906 schliesslich das Gebiet des Platzes selbst. Spätestens mit dem Beginn der Bebauung fiel der Entscheid für die Erstellung von Kleinhäusern, womit Bertschinger wesentlichen Einfluss darauf nahm, dass sich das zuvor noch vollkommen unbebaute Gebiet zu einem Angestellten- und Arbeiterquartier entwickelte. Rund zehn Jahre nach dem ersten Kauf wurden die Grundstücke parzelliert, mit Einzelhäusern nach eigenen Projekten bebaut und nach Fertigstellung ab 1902 sukzessive an Privateigentümer verkauft. Die Stadt steuerte die bauliche Entwicklung des Quartiers, indem sie ab 1906 ebenfalls durch Bertschinger eine Strassenkorrektion projektieren und ausführen liess. Im Rahmen der ersten Lenzburger Bauordnung von 1910 und des zugehörigen Bebauungsplans wurde auch der Verlauf der künftigen Strassen im Wolfsackerquartier festgelegt.
Nachdem bis dahin eher konventionelle, einzelne Kleinhäuser erstellt worden waren, entstand mit dem Lindenplatz ein zusammenhängendes Ensemble im Sinn der damals aufkommenden Reformbewegungen in Architektur und Städtebau. Die Gesamtkonzeption kann man sicherlich Theodor Bertschingers gleichnamigem Sohn (Theodor Bertschinger iun., 1875-1972) zuschreiben, der nach seiner Studienzeit in jenen Jahren in das Geschäft des Vaters eintrat und auch sonst durch ähnlich originelle, an der aktuellen Reformarchitektur orientierte Entwürfe hervortrat [2]. Um die geschlossene Platzanlage zu realisieren, musste 1910 eigens der eben erst beschlossene Bebauungsplan mit seinen geraden Strassenzügen abgeändert werden, wobei sich Bertschinger Junior gegenüber dem Stadtrat ausdrücklich auf seine Absicht bezog, „einen ruhigen Platz zu schaffen, der in das Bild des Quartiers passe und der für den Verkehr in diesem Quartier genüge“ [3].
Die ersten drei Häuser in der Randbebauung des späteren Lindenplatzes wurden 1907 und 1908 erbaut. Ein Gesamtprojekt lag, nach der Anordnung der Gebäude zu schliessen, wahrscheinlich schon zu diesem Zeitpunkt vor. Erhalten ist ein „Bebauungsplan über das Th. Bertschinger gehörende Land im Wolfsackerquartier“ von 1910/11, der im Zusammenhang mit der Abänderung des städtischen Bebauungsplans für die Realisierung des Hauses Lindenplatz 10/12/15/17 entstand [4]. Zu den einzelnen Häusern sind teilweise die Baugesuchspläne erhalten. Bis 1913 war die Bebauung mit insgesamt acht Häusern abgeschlossen, die als Mehrfamilienhäuser, Doppeleinfamilienhäuser sowie als Reihenhäuser realisiert wurden.
Wie einige weitere Neubauten von Theodor Bertschinger iun. wurde das Gartenstadtquartier vom Architekten und Künstler Carl Zweifel in seine Postkartenserie integriert, die Holzschnitte mit Lenzburger Bauten umfasste. Sie wurde 1914 im „Dörfli“ der Landesausstellung in Bern verkauft und dokumentiert damit auch die Bedeutung, die man dem Gartenstadtquartier kurz nach der Fertigstellung zumass [5].
1958 musste die alte Linde auf dem Platz gefällt werden, worauf man 1959 auf Initiative der Anwohner eine neue pflanzte und gleichzeitig Sitzbank und Pflästerung neu gestaltete. 2002 setzten sich die Anwohner erneut für die Erhaltung der Linde ein.

Baugeschichte der einzelnen, von Theodor Bertschinger sen. und iun. in eigenem Auftrag erbauten Häuser (im Uhrzeigersinn) [6]:

Lindenplatz 1/3 (Vers.-Nr. 828 , Parz. 860): Erbaut 1908. 1921 Anbau eines Schweinestalls für Robert Hug; 1929 Wohnhausanbau für Robert Frei-Kissling, Sattler. 1986/87 Renovation und Neubau von zwei Fertiggaragen.

Lindenplatz 7 (Vers.-Nr. 834 , Parz. 862): Erbaut 1907. 1976 kleinere Innenumbauten sowie Anbau eines Schopfs; 1983/84 Fertiggarage; 1984/85 Innenumbau; 2006 Innenumbau mit Verbindung der vormals zwei Hausteile; 2008 gedeckter Sitzplatz.

Lindenplatz 9/11/13 (Nr. 9: Vers.-Nr. 836 , Parz. 858 – Nr. 11: Vers.-Nr. 837A, Parz. 857 – Nr. 13: Vers.-Nr. 837B , Parz. 856): Erbaut 1910. – Nr. 11: 1994 Einbau von Dachfenstern. – Nr. 13 1992/93 Umbau.

Lindenplatz 10, 12, 15, 17 (Nr. 10: Vers.-Nrn. 872D, Parz. 846, 844 (Garten) – Nr. 12: Vers.-Nr. 872C, Parz. 845, 844 (Garten) – Nr. 15: Vers.-Nr. 872B, Parz. 847, 849 (Garten) – Nr. 17: Vers.-Nr. 872A, Parz. 848, 849 (Garten)): Erbaut 1911. – Nr. 12: 1989 gedeckter Sitzplatz.

Lindenplatz 6 (Vers.-Nr. 860 , Parz. 853): Erbaut 1911.

Lindenplatz 2, 4 (Vers.-Nr. 827 , Parz. 854): Erbaut 1908. – Nr. 2: 1984/85 Innenumbau; 1997/98 Dachausbau – Nr. 4: 1984/85 Innenumbau; 1988 Sitzplatz; 2007 Renovation und neuer Gartensitzplatz.

Lindenweg 20 (Vers.-Nrn. 900, 2867, Parz. 865): Erbaut 1913. 1920 Ausbau der Dachzimmer zu einer eigenen Wohnung und Neubau eines freistehenden Schopfs auf der Nordseite; 1971 Umbau der Dachwohnung.

Lindenweg 15 / Wolfsackerstrasse 8 (Vers.-Nrn. 873B/A, Parz. 863/864): Erbaut 1911. – Lindenweg 15: 1963 Anbau nordseitig – Wolfsackerstrasse 8: 1983 Garage, 1996 Gartensitzplatz.
Beschreibung:Der im Zentrum des Wolfsackerquartiers gelegene Lindenplatz bildet mit seiner Randbebauung eine bescheiden dimensionierte, in sich geschlossene Kleinhausbebauung, die sich gestalterisch an der kurz nach 1900 aufkommenden Gartenstadtbewegung und am damals aktuellen Künstlerischen Städtebau orientiert. Die Arbeiter- und Angestelltenwohnhäusern sind durch die städtebauliche Gesamtkonzeption und die gemeinsame stilistische Haltung als zusammenhängendes Ensemble charakterisiert, während die Bauten im einzelnen betont unterschiedlich gestaltet sind und so im Sinn des Künstlerischen Städtebaus den Reiz einer gewachsenen Anlage evozieren. Die städtebauliche Gesamtkonzeption ist die einer räumlich abgeschlossenen, „malerisch“ komponierten Platzanlage. Mit der zum Kern des Projekts gemachten – wohl zur Bauzeit schon älteren – Linde und den umstehenden Einzelhäusern erweckt das Ensemble einen betont dörflich-„heimatlichen“ Ausdruck.
Die räumliche Wirkung des Ensembles wird in geschickter Weise durch Wegführung und Anordnung der Baukörper bestimmt. Von der Wolfsackerstrasse her ist der Platz hauptsächlich über den in einem Bogen herangeführten, an der Ecke der Platzfläche mündenden Lindenweg erschlossen, was ihm einen abgeschieden-ruhigen Charakter gibt. Ein unscheinbarer Fussweg sorgt für eine zusätzliche, direkte Anbindung in Richtung des Bahnhofs. Umstanden wird der Platz von freistehenden Bauten, die zwar gewisse Ausblicke ermöglichen, im Zusammenspiel mit dem Baumbestand des Quartiers aber doch einen geschlossenen Raum schaffen. Durch Zusammenfassung jeweils mehrerer Wohneinheiten in ein Reihenhaus, mehrere Doppel- und einem Viererhaus besitzen die Baukörper etwas grössere Abmessungen als im unmittelbar angrenzenden Quartier, was sicherlich auch in Überlegungen zur stadträumlichen Wirkung begründet lag. Sie sind durchwegs recht eng an den Platz gerückt und machen so dessen geometrische Form nachvollziehbar, während die zugehörigen Gärten mehrheitlich rückwärtig liegen. Die im Zentrum des Platzes gelegene Linde breitet sich mit ihrer Baumkrone weit über die Platzflächen aus. In ihrem Schatten stehen eine jüngere Sitzbank sowie ein älterer, wohl noch aus dem 19. Jh. stammender Brunnen mit längsseitig aufgestelltem Stock samt profilierter Abdeckplatte.
In ihrer Architektur folgen die Gebäude den um 1910 aktuellen Formen des Heimatstils, während sie sich in der Ausgestaltung stark unterscheiden. Durchwegs handelt es sich um verputzte, zweigeschossige Mauerbauten, die mit Einzelfenstern samt hölzernen Jalousieläden besetzt sind. Einen wesentlichen Teil der Wirkung macht in zeittypischer Weise die Dachgestaltung aus, wobei sich Giebelründen und tief herabgezogene Krüppelwalm- und Mansarddächer abwechseln. Bei mehreren Häusern ist, ebenfalls zeittypisch, das Obergeschoss in ganz in das Volumen des Dachs einbezogen, was den kleinmassstäblichen Eindruck der Anlage noch verstärkt. Als Blickfang und Auftakt zur Platzanlage funktioniert der sicherlich absichtsvoll platzierte achteckige Gartenpavillon von Haus Lindenweg 20, der im Fluchtpunkt des heranführendes Wegs liegt. Zunächst tritt im Gesamtbild beim Eintreten in den Platzes daraufhin die Giebelfront von Haus Lindenplatz 2/4 in Erscheinung. Das Vierereinfamilienhaus Lindenplatz 10/12/15/17 bildet mit seiner Gesamtform eine markante Platzwand, während sich die übrigen Gebäude architektonisch etwas stärker im Hintergrund halten.

Lindenplatz 1/3 (Vers.-Nr. 828 , Parz. 860): Der einfach gestaltete, eingeschossig erscheinende Baukörper wird in traufständiger Ausrichtung zum Platz von einem Satteldach abgeschlossen, das in symmetrischer Anordnung mit zwei aussenliegenden Quergiebelaufbauten besetzt ist. Die Einzelfenster besitzen noch teilweise ihre bauzeitlichen Jalousieläden; die grossen Fensteröffnungen in der Mitte der Platzfront sind erneuert. Der rückwärtige, schmale Quergiebelanbau entlang dem Lindenweg stammt von 1929.

Lindenplatz 7 (Vers.-Nr. 834 , Parz. 862): Das als Doppeleinfamilienhaus erstellte Gebäude, das als erstes des Ensembles und möglicherweise noch ohne Gesamtprojekt entstand, wendet sich als einziges nicht dem Platz, sondern der Wolfsackerstrasse zu. Hier besitzt der eingeschossig erscheinende Baukörper entsprechend den beiden Hausteilen zwei Quergiebel; darüber schliesst ein durchgehendes Krüppelwalmdach das Haus ab. Einen Akzent setzen zwei hochovale Okuli (Rundfenster) in den beiden Quergiebeln.

Lindenplatz 9/11/13 (Nr. 9: Vers.-Nr. 836 , Parz. 858 – Nr. 11: Vers.-Nr. 837A, Parz. 857 – Nr. 13: Vers.-Nr. 837B , Parz. 856): Das aus drei Wohneinheiten bestehende Reihenhaus schliesst den Platz südlich ab. Es teilt sich gestalterisch in die von einem durchgehenden Satteldach abgeschlossenen, zweigeschossigen Hausteile 11 und 13 zum einen und den eingeschossig erscheinenden Mandsarddachbau Nr. 9. Dieser besitzt an der zum Platz gerichteten Nordseite eine auffällig grossflächige Verglasung und einen markanten, die Traufe durchstossenden Risalit. Ob dieser bereits zum ursprünglichen Projekt gehörte, ist nicht klar. Die Platzfassaden der Häuser Nr. 11 und 13 scheinen verändert. Rückwärtig besitzt Nr. 13 einen vielleicht ebenfalls nachträglichen, quergiebligen Erkervorbau in Sichtfachwerk.

Lindenplatz 10, 12, 15, 17 (Nr. 10: Vers.-Nrn. 872D, Parz. 846, 844 (Garten) – Nr. 12: Vers.-Nr. 872C, Parz. 845, 844 (Garten) – Nr. 15: Vers.-Nr. 872B, Parz. 847, 849 (Garten) – Nr. 17: Vers.-Nr. 872A, Parz. 848, 849 (Garten)): Das Gebäude fasst auf kreuzweise geteiltem Rechteckgrundriss vier Wohneinheiten zu einem gemeinsamen Baukörper zusammen. Dieser wird in traufständiger Ausrichtung zum Platz von einem hohen, über das Obergeschoss hinabgezogenen Satteldach abgeschlossen. Die axialsymmetrisch durchgebildete Platzfront besitzt in ihrer Mitte einen markanten, bis zum First hinaufreichenden Quergiebel, dem ein Pendant an der Rückfassade zu den Gärten hin entspricht. Die Hauseingänge liegen beidseits der Mittelachse in vertieften Rundbogenlauben, dem zwei breite Rundbogenfenster im Giebel antworten. Die Einzelfenster sitzen in Kunststeingewänden und tragen noch die bauzeitlichen Brettläden mit originellen sternförmigen Öffnungen. Am südlichen Hausteil ist noch der wohl bauzeitliche, mit Kellenstrukturen grob bewegte Putz erhalten. Im Inneren sind die vier Wohneinheiten jeweils in spiegelbildlicher Anordnung zum Nachbarn in Küche und Wohnzimmer im Erdgeschoss und die Zimmer im Obergeschoss geteilt, wobei die vier Treppenhäuser im mittleren Bereich liegen.

Lindenplatz 6 (Vers.-Nr. 860 , Parz. 853): Auf dem eingeschossigen gemauerten Baukörper sitzt in markanter Anordnung ein weit vorspringendes und tief herabgezogenes, abgewalmtes Mansarddach. Die zum Platz gerichtete Stirnseite besitzt als Blickfang einen dreiseitigen Erker, der mit seiner Haube in das Klebdach des Mansardgeschosses einschneidet. Ein Quergiebelanbau fasst den geschlossenen Gartenvorplatz vor dem ostseitig gelegenen Hauseingang.

Lindenplatz 2, 4 (Vers.-Nr. 827 , Parz. 854): Das markant gestaltete Doppelhaus setzt sich aus zwei quer zueinander gerichteten, längsrechteckigen Baukörpern zusammen, von denen sich der eine mit der Giebelfront, der andere unter quer gerichtetem First mit seiner Traufseite zum Platz wendet. Die Platzfront ist über beide Hausteile hinweg mit einer engen Reihung von Einzelfenstern mit hölzernen Brettläden besetzt. Zwei kleinere Einzelfenster liegen in dem durch ein Klebdach ausgeschiedenen Giebelfeld. Das Dach ist mit jüngeren Falzziegeln eingedeckt.

Lindenweg 20 (Vers.-Nrn. 900, 2867, Parz. 865): Das Haus liegt mit seiner Stirnseite und dem axial vor dieser angeordneten Gartenpavillon im Fluchtpunkt des Lindenwegs und markiert so dessen Einbiegung zum Platz hin. Es handelt sich um einen breitgelagerten Baukörper, der von einem entsprechend hohen Mansarddach mit Gehrschild und weit geschwungener Giebelründe abgeschlossen wird. In der Mitte der südlichen Stirnseite lag anstelle der heutigen Fenster ursprünglich eine Laube, die sich über eine konvexe Säulenreihe zum Garten hin öffnete, während ihre Rückwand in den Baukörper einsprang; darüber ist das Giebelfeld mit einer eng gesetzten Reihe von fünf Einzelfenstern und Türen besetzt, die Zugang zur Laube gewähren. Nach den Bauplänen wurde die Giebelfläche ursprünglich von zwei schräg gestellten, ovalen Okuli (Rundfenstern) belebt. An der rückwärtigen Giebelfront springt das Treppenhaus apsidenartig vor. Nach den Bauplänen setzte es sich ursprünglich in einem originellen Turmaufbau fort, der mit einer Mansardhaube über das Hauptdach hinausragte. Er wurde wohl nachträglich gekürzt. Das Innere war schon ursprünglich in Geschosswohnungen geteilt. Die offene Gartenhalle im Erdgeschoss wurde wohl nachträglich zugunsten eines weiteren Zimmers durch eine gerade Front ersetzt. Das zweite Obergeschoss, das ursprünglich nur Mansardenzimmer enthielt, ist bereits seit 1920 ebenfalls als Geschosswohnung eingerichtet (Grundriss gemäss Umbauplänen nachträglich verändert).
Gedrungen und wuchtig erscheint der zum Haus gehörende, oktogonale Gartenpavillon (Vers.-Nr. 2867), der nachträglich erstellt wurde, aber durchaus passend die Gesamtanlage ergänzt. Über einem Bruchsteinsockel werden Kunststein-Eckpfeiler von liegenden Fenstern unterbrochen; darüber schliesst eine glockenförmig geschweifte Haube mit Teerpappendach den Kleinbau ab.

Lindenweg 15 / Wolfsackerstrasse 8 (Vers.-Nrn. 873B/A, Parz. 863/864): Das Doppelhaus bildet an der Kreuzung zwischen der Wolfsackerstrasse und dem Lindenweg die äussere Begrenzung des Ensembles. Es ist durch seine Gliederung als Baugruppe aus zwei scheinbar sukzessive entstandenen, kleinen Giebelhäusern charakterisiert, die sich sowohl in Dachform als auch Firstrichtung unterscheiden. Die südliche Haushälfte wird von einem geschweiften Mansarddach mit Gehrschild und hoher Giebelründe abgeschlossen; die nördliche von einem geraden Kniestock-Satteldach. Die Hauseingänge liegen gegen Norden und Süden und wurden ursprünglich beide von einer Laube beschirmt. Jene am nördlichen Hausteil wurde 1963 durch einen Schleppdachanbau ersetzt. Die Dächer beider Hausteile sind mit alten Biberschwanzziegeln eingedeckt.
Anmerkungen:[1] Baugeschichte und städtebauliche Entwicklung des Quartiers nach Hanak 2015. Zu Theodor Bertschinger sen. (1845-1911) vgl. Schweizerische Bauzeitung (SBZ), Bd. 57 (1911), S. 305 (Nekrolog); 100 Jahre Theodor Bertschinger 1868-1968, [Zürich 1968], S. 5-28; Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), s.v. Theodor Bertschinger‘ (Stand 2002), http://www.hls-dhs-dss.ch; Hanak 2015, S. 34.
[2] Theodor Bertschinger iun. (1875-1972) hatte am Technikum in Winterthur, in München sowie in Paris studiert, möglicherweise ohne formellen Abschluss. Nach seiner Studienzeit trat er in das Geschäft seines Vaters ein und übernahm dieses nach dessen Tod 1911 zunächst zusammen mit zwei Brüdern und ab 1917 alleine. Vgl. Lenzburger Neujahrsblätter, 1973, S. 34-36 (Nekrolog); Hanak 2015, S. 35; von seinen Bauten aus denselben Jahren sind etwa das sog. „Türmlihaus“ (Bauinventarobjekt LEN929) auf dem ehemaligen Werkhofareal, der Schiessstand (LEN932) oder die Villa Im Boll 11 (LEN950) zu erwähnen.
[3] Stadtratsprotokoll, zit. nach Hanak 2015, S. 16.
[4] Baugesuchsarchiv, Lindenplatz 10/12/15/17. Vgl. Hanak 2015, S. 36.
[5] Gruss aus Lenzburg 1996, S. 129, 143. Zu Carl Zweifel (1884-1963), der in der Villa „Malaga“ aufgewachsen war, in München studiert und beim bekannten Architekten Karl Moser gearbeitet hatte, schliesslich aber vor allem durch seine grafischen Arbeiten und den von ihm vertriebenen Holzbaukasten bekannt wurde, vgl. http://www.kunstbreite.ch/Kuenstlerwerdegaenge_aargau_zweifel_carl.htm (Zugriff 27.2.2017).
[6] Baugeschichte der einzelnen Häuser nach Hanak 2015, S. 30-32, 54f., 57f., 68 (innerhalb des alphabetisch geordneten Inventars S. 38-72), sowie den Plänen im Baugesuchsarchiv. Die Darstellung bei Hanak 2015 folgt, soweit vorhanden, den Baugesuchsunterlagen, in den übrigen Fällen den Angaben im Brandkataster.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), nationale Bedeutung.
- Michael Hanak, Quartieranalyse Wolfsacker in Lenzburg, im Auftrag des Stadtbauamtes Lenzburg, 2015 (Stadtbauamt Lenzburg).
- Aargauer Heimatschutz AHS / Aargauer Landschaftsarchitekten BSLA, Inventar der Historischen Gärten und Anlagen des Kantons Aargau, Stadt Lenzburg, LEN-G-049.
Literatur:- Michael Hanak, Quartieranalyse Wolfsacker in Lenzburg, im Auftrag des Stadtbauamtes Lenzburg, 2015 (Stadtbauamt Lenzburg), S. 30-32, 54f., 57f., 68.
- Gruss aus Lenzburg. Vergangene Zeiten in Ansichtskarten, hrsg. von der Ortsbürgerkommission der Stadt Lenzburg und der Stiftung pro Museum Burghalde, Aarau 1996, S. 128 (histor. Postkarte).
Quellen:- Stadt Lenzburg, Baugesuchsarchiv: Baupläne (teilweise) sowie Umbaupläne.
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

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