INV-LEN937 Villa Burghaldenstrasse 10, 1910-1911 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-LEN937
Signatur Archivplan:LEN937
Titel:Villa Burghaldenstrasse 10
Bezirk:Lenzburg
Gemeinde:Lenzburg
Ortsteil / Weiler / Flurname:Burghalde
Hist. Name Objekt:Villa Killer, vormals Bertschinger
Adresse:Burghaldenstrasse 10
Versicherungs-Nr.:387
Parzellen-Nr.:702
Koordinate E:2655918
Koordinate N:1248572

Chronologie

Entstehungszeitraum:1910 - 1911
Grundlage Datierung:Brandkataster

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Profane Wohnbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Repräsentatives Wohnhaus, Villa
Epoche / Baustil (Stufe 3):Heimatstil

Dokumentation

Autorschaft:Fritz Häusler und A. R. Strässle, Architekten, Bern; Arnold Hünerwadel (1877-1945), Bildhauer, Lenzburg (Reliefs Eingangsfront)
Würdigung:1910/11 nach Plänen der Berner Architekten Fritz Häusler und A. R. Strässle für den damaligen Lenzburger Stadtammann Otto Bertschinger errichtete stattliche Villa, die durch ihre qualitätvollen neobarocken Heimatstilformen auffällt. Der wuchtige Mansarddachbau, dessen Eingangsfront mit Reliefs des bekannten einheimischen Bildhauers Arnold Hünerwadel geschmückt ist, wendet sich mit einer ausgesprochen repräsentativen Eingangssituation samt rahmenden schmiedeeisernen Leuchtern zur Strasse. Die Villa hat sich mitsamt ihren bauzeitlichen Details intakt erhalten und besitzt damit hohen Zeugenwert für den gehobenen Wohnhausbau des frühen 20. Jahrhunderts, wie ihr mit der prominenten Lage im alten Vorstadtgebiet der Burghaldenstrasse auch ein erheblicher Situationswert zukommt. Ein spätbarocker Gartenpavillon, der als Zeugnis der bürgerlichen Gartenkultur des ausgehenden 18. Jahrhunderts von einigem Interesse war, wurde 2012 im Rahmen der Überbauung des ehemaligen Gartengrundstücks abgebrochen.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Ein Gartenpavillon (Vers.-Nr. 389), der bis vor einigen Jahren auf dem Grundstück der heutigen Villa stand und nach den Bauformen in das ausgehende 18. Jh. datierte, war wohl ohne direkten Zusammenhang mit einem Wohnhaus ausserhalb des Stadtgebiets entstanden. Spätestens ab 1833 gehörte das Gelände dem Handelshaus Abraham Bertschinger, das gemäss Angabe im Brandkataster damals hier einen ersten Magazinbau und 1840 einen zweiten errichten liess [1]. Vielleicht handelte es sich beim einen um das Gebäude, das auf einem Geometerplan von 1882 in ähnlicher Situierung wie die heutige Villa dargestellt ist [2].
Die bestehende Villa wurde 1910/11 nach Plänen der Architekten Fritz Häusler und A. R. Strässle in Bern für Stadtammann Otto Bertschinger errichtet und gehörte gemäss Angabe im Brandkataster dessen Firma Bertschinger & Cie. [3]. Der bekannte Lenzburger Bildhauer Arnold Hünerwadel fertigte Sandsteinreliefs für die Strassenfassade an [4].
2012 wurde der Gartenpavillon im Zusammenhang mit der Überbauung des abparzellierten ehemaligen Gartens mit Mehrfamilienhäusern abgebrochen [5]. Einzelteile davon wurden eingelagert.
Beschreibung:Die stattliche Villa ist mit ihrer repräsentativen Eingangsfront, um die Tiefe einer Vorfahrt zurückversetzt, an die Südseite der Burghaldenstrasse gestellt. Auf ihrer Südseite erstreckte sich bis vor wenigen Jahren ein weitläufiger Garten, der seit 2012 mit Mehrfamilienhäusern überbaut wurde und seither auf die unmittelbare Umgebung des Hauses reduziert ist. Die zweigeschossige Villa ist in qualitätvollen neubarocken Heimatstilformen gehalten, welche sich in ihrem Gepräge insbesondere am bernischen Spätbarock des 18. Jh. orientieren. Der breitgelagerte, streng axialsymmetrisch gegliederte Mauerbau wird von einem wuchtigen Mansarddach abgeschlossen. Der Baukörper, der zwei grosszügig dimensionierte Stockwerke umfasst, wird an den Gebäudekanten von kräftigen Sandsteinlisenen gefasst und bewahrt noch den originalen ockergelben Besenwurf-Verputz. Die gleichfalls von Lisenen gerahmte Mittelpartie der dreiachsig angelegten Strassenfront schliesst mit einem in das Mansardgeschoss einschneidenden Segmentbogengiebel. Die regelmässig verteilten Einzelfenster werden von Sandsteingewänden gerahmt, die im Erdgeschoss allseitig von aufwendigen Segmentbogengiebeln mit Zahnschnittleiste bekrönt werden, während die Obergeschossfenster etwas einfacher gestaltet und gedrungener proportioniert sind. Durchgehend sind noch die bauzeitlichen Fenster samt Vorfenstern sowie hölzerne Jalousieläden vorhanden. Über dem durch Pilaster in Rechtecköffnungen geteilten Treppenhausfenster sind axial bezogen drei Sandsteinreliefs von Bildhauer Arnold Hünerwadel eingelassen. Seitlich schliessen die kleinen Toilettenfensterchen mit halbkreisförmig ausgebauchter Form an. Vor der Fassade erhebt sich ein möglicherweise wenig jüngerer, pilastergegliederter Portalvorbau, der mit Ausnahme der mittigen Eingangstür weitgehend geschlossen ist und in einem geschweiften Giebel mit Blechdach schliesst. Die Details der Eingangspartie klingen an Formen des geometrischen Jugendstils an. Erhalten ist die ursprüngliche Eingangstür.
An der Südfassade öffnen sich alle Räume in einer für die Entstehungszeit modernen Weise mit Terrassenausgängen direkt und ohne wesentlichen Niveausprung auf den Garten. Über der Mitte der Gartenfassade sitzt eine breite, zweiachsige Giebeldachlukarne. Einfacher gestaltet sind die beiden zweiachsigen Schmalseiten. Das weit vorspringende, allseitig abgewalmte Mansarddach ist mit Biberschwanzziegeln eingedeckt und nach allen Seiten mit spitzgiebligen kleinen Lukarnen besetzt; im oberen Dachhut öffnen sich strassenseitig zwei charakteristische Ochsenaugen, seitlich halbrunde Blechlukarnen. Der First wird an beiden Enden durch markante Kamine betont. Die Dachuntersichten sind vertäfert.
Vom Hauseingang mit Windfang gelangt man über das Treppenhaus zu einem grosszügigen Vorplatz, um den sich gemäss bauzeitlichen Plänen im Erdgeschoss Salon, Kinderzimmer, Wohnzimmer, Speisezimmer (die letzteren drei nach Süden gerichtet) sowie die Küche gruppieren. Das Obergeschoss beherbergt drei Schlafzimmer, ein Gästezimmer und ein Büro sowie Bad/WC. Waschküche, Bügelzimmer und Dienstenzimmer mit Bad/WC belegen den voll ausgebauten Mansardstock. Formen des ausklingenden Jugendstils „sind auch in der im Unterschied zum ambitiösen Äusseren bei aller Grosszügigkeit der Räume höchst sparsamen Innenausstattung spürbar. Vorherrschend ist hier aber bereits der Neoklassizismus neben Heimatstilelementen wie den Geländerbalustern im Treppenhaus und den Wellstäben bei den Türverkleidungen.“ [6].
Strassenseitig hat sich die aufwendig gestaltete bauzeitliche Einfriedung mit sandsteinernem Mauersockel, Pfosten und Eisenzaun erhalten. Axial auf die Villa öffnet sich ein breites Schmiedeeisentor, das von zwei Mauerpfosten mit hohen, gleichfalls schmiedeeisernen Laternen in geometrischen Jugendstilformen flankiert wird. Der erhaltene Bereich des Gartens besitzt unmittelbar um das Haus einige schöne, alte Laubbäume.
Der aus dem 18. Jh. stammende und 2012 abgebrochene barocke Gartenpavillon (Vers.-Nr. 389) erhob sich am südlichen Ende des Gartengrundstücks, von wo er mit seiner Eingangsfront zum Hauptbau blickte. Es handelte sich um einen sorgfältig gestalteten eingeschossigen Mauerbau, der von einem geknickten Walmdach mit zwei Firstknäufen abgeschlossen wurde. Der über den Grundriss des Oberbaus hinausragende Keller, der seitlich mit steinernen, von geschweiften Freitreppen begleiteten Terrassen abgedeckt war, hatte ehemals zur Lagerung von Obst und Gemüse gedient. Der als dreiachsiger Gartensaal gestaltete Oberbau zeigte im Inneren einen schlichten Stuckspiegel und ein hübsches Eckcheminée. Original erhalten waren auch die beidseits profilierten Sprossenfenster und die Füllungstüren mit zierlichen Beschlägen. Westlich der Villa erhob sich zur Burghaldenstrasse hin ein wohl im Lauf des 19. Jh. entstandenes, ebenfalls abgebrochenes Ökonomiegebäude.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Stadt Lenzburg. Inventar der kommunal schutzwürdigen Gebäude, 1997 (BNO 1997, Anhang 1, Inventarliste), Nr. 15.
- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), nationale Bedeutung.
- Aargauer Heimatschutz AHS / Aargauer Landschaftsarchitekten BSLA, Inventar der Historischen Gärten und Anlagen des Kantons Aargau, Stadt Lenzburg, LEN-G-032.
Anmerkungen:[1] Staatsarchiv Aargau, ZwA 1940.0007/4463, Brandkataster Gemeinde Lenzburg, 1829-1850; CA.0001/0413-0417, Brandkataster Gemeinde Lenzburg, 1850-1938.
[2] Geometerplan 1882, nach Garteninventar, LEN-G-032; vgl. Bilddokumentation.
[3] Maurer et al. 1988, S. 7; Schweizerische Baukunst 1912, S. 356, 359, wo das Gebäude kurz nach der Fertigstellung publiziert wurde.
[4] Zu Arnold Hünerwadel (1877-1945) vgl. SIKART. Lexikon zur Kunst in der Schweiz: http://www.sikart.ch, Art. ‚Hünerwadel, Anton‘, 2015 (Zugriff 25.8.2017), mit weiterführender Literatur.
[5] Kantonale Unterschutzstellung 1995-97 geprüft; 2010 wurde darauf verzichtet (Akten im Archiv der Kantonalen Denkmalpflege).
[6] Gemäss Begehungsnotiz Alexander Schlatter vom 23.8.1990 im Archiv der Kantonalen Denkmalpflege (Zitat) und Plänen.
[7] Einzelteile wurden durch die Stadt Lenzburg eingelagert; Fotodokumentation vor dem Abbruch im Archiv der Kantonalen Denkmalpflege.
Literatur:- Elisabeth Crettaz-Stürzel, Heimatstil. Reformarchitektur in der Schweiz 1896-1914, 2 Bde., Frauenfeld 2005, Bd. 2, S. 20.
- Hans Maurer et al., Lenzburg AG (Schweizerische Kunstführer, Nr. 429/430), Bern 1988, S. 7.
Quellen:- Schweizerische Baukunst, 4. Jg. (1912), S. 356, 359 (histor. Ansicht und Grundrisse).
- Kantonale Denkmalpflege Aargau, Denkmalschutzakten: Unterschutzstellungsakten Gartenpavillon 1995-2010; Fotodokumentation Gartenpavillon 2012.
- Kantonale Denkmalpflege Aargau, Fotoarchiv.
 

Related units of description

Related units of description:siehe auch:
DOK-LEN839.012 Villa Killer (Dossier (Dokumentationsobjekte))
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=39528
 

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