INV-FIB908A Dorfstrasse 2, 1848-1849 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-FIB908A
Signatur Archivplan:FIB908A
Titel:Dorfstrasse 2
Bezirk:Baden
Gemeinde:Fislisbach
Adresse:Dorfstrasse 2
Versicherungs-Nr.:37
Parzellen-Nr.:1251
Koordinate E:2664358
Koordinate N:1254317
Situationsplan (AGIS):http://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/html/agisviewer.htm?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2664358&y=1254317

Chronologie

Entstehungszeitraum:1848 - 1849
Grundlage Datierung:Literatur

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Landwirtschaftliche Bauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Kleinbauernhaus, Taglöhnerhaus

Dokumentation

Würdigung:Prominent an der Ecke Badenerstrasse/Dorfstrasse, direkt gegenüber dem Restaurant "Rössli" gelegenes Kleinbauernhaus, das wie sechs weitere Bauten nach dem Dorfbrand von 1848 in Stampflehmtechnik errichtet wurde. Das Gebäude zeigt einen weitgehend intakten Wohnteil und prägt mit der auf die Hauptverkehrsachse orientierten stirnseitigen Eingangsfront das Ortsbild. Die Fislisbacher Piseebauten zählen kantonsweit zu den einzigen ihrer Art. Als Vertreter der beim Wiederaufbau des Dorfkerns propagierten und erfolgreich angewendeten Bauweise, die sich gegen den Widerstand der ansässigen Handwerker jedoch nur teilweise durchzusetzen vermochte, kommt dem Gebäude ein erheblicher bautypologischer und technikgeschichtlicher Zeugenwert zu.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Der Dorfbrand von 1848, bei dem 42 Gebäude vollständig zerstört und neun weitere beschädigt wurden, erforderte eine planmässige Neugestaltung der Siedlung, zu der Geometer Franz Lehmann, die Architekten Kaspar Joseph Jeuch, Baden, und Alfred Zschokke, Aarau, sowie Pfarrer Johann Kaspar Rohner in Fislisbach ein Konzept entwarfen [1]. Diesem lag ein "Gegenbild des alten Dorfes" zu Grunde, "in allem eine neuzeitliche, luftige, regelmässige angelegte, gesunde, feuersichere und schmucke Siedlung", die besonders auch "hygienischen und ästhetischen Momenten" zu genügen hatte" [2]. Auf der Basis eines neu angelegten Strassennetzes und des gleichzeitig korrigierten Bachlaufs fand eine Neuzuteilung der Bauplätze statt. Die Häuser mussten mit gleichgerichteten Fronten 12 bzw. 20 Fuss von der Dorf- und Landstrasse zurückstehen und einen gegenseitigen Abstand von mindestens 30 Fuss wahren (1 Fuss = ca. 30 cm). Auf Anregung von Architekt Alfred Zschokke aus Aarau sollten die neuen Häuser in Piseebauweise, einer Art Stampflehmtechnik errichtet werden. Gegenüber herkömmlichen Bauweisen zeichnet sich dieses Verfahren durch geringe Erstellungskosten aus und war für den Selbstbau unter kundiger Anleitung besonders gut geeignet. Durch Intervention des einheimischen Baugewerbes, das die Konkurrenz der Piseebauten fürchtete und sie als "Dreckhäuser" bezeichnete, ging die anfängliche Begeisterung der Bevölkerung für diese einfache Bautechnik etwas verloren. Schliesslich war es immerhin möglich, sieben Piseebauten zu realisieren, wogegen die restlichen Häuser aus Bruchstein erstellt wurden. Aller negativen Voraussagen zum Trotz haben die Lehmhäuser die letzten 150 Jahre gut überdauert, und fünf von ihnen sind heute noch fester Bestandteil und zugleich auch Kuriosum im Dorfbild von Fislisbach" [3].
Das Kleinbauernhaus an der Dorfstrasse 2 wurde 1948-49 für den Unterlehrer Anton Heimgartner errichtet [4]. An seiner Stelle befand sich zuvor ein um 90 Grad gedrehter Bau, der mit seiner Längsausrichtung stärker Bezug auf die Landstrasse nahm. Der Wohnteil erhielt vermutlich kurz nach 1900 Ecklisenen mit einer Putzquaderung [5]. Im Laufe des 20. Jh. wurde der Ökonomieteil stark umgebaut und nach Süden durch einen zweigeschossigen, winkelförmigen Satteldachanbau ergänzt. Auch das Vordach über dem Hauseingang ist eine spätere Zutat.
Beschreibung:An der Einmündung in die Landstrasse längs zur Dorfstrasse erstelltes Kleinbauernhaus mit geradem Satteldach. Das in Stampflehmtechnik erstellte Gebäude bewahrt den noch weitgehend intakten Wohnteil mit stirnseitig zwei und südseitig drei Achsen (Stubenfront). Der Hauseingang ist in bewusster Orientierung zur Hauptverkehrsachse auf der Giebelseite angelegt und über drei Treppenstufen erreichbar. Sein Muschelkalkgewände zeigt eine feine Profilierung, während die Fenster zeittypisch gefalzt sind und einfache Blockgesimse aufweisen. Das holzgerahmte Rechteckfenster im Giebeldreieck dürfte auf eine Fachwerkkonstruktion im Dachbereich hinweisen.
Der ehemalige Ökonomietrakt ist durch moderne Fensterformen und Eingänge überformt, lässt aber noch das frühere Tenntor am östlichen Ende und den vermutlich nur in halber Haustiefe zwischen Tenn und Wohnung geschobenen Stall erahnen [6].
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), lokale Bedeutung.
Anmerkungen:[1] Dazu ausführlich: Koller 1948, S. 5-35.
[2] Koller 1948, S. 18.
[3] Räber 1996, S. 81.
[4] Koller 1948, S. 35 (Nr. 34).
[5] Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0044: Brandkataster Gemeinde Fislisbach 1899-1938. Der Versicherungswert steigt zwischen 1899 und 1907 von 6'700 auf 12'000 Franken.
[6] Sidler 2009, S. 13 (mit Verweis auf Thomas Kleespies, Schweizer Pisébauten, Zürich 1997, S. 104.). – Vgl. zu diesem Typus eines Kleinbauernhauses auch Bauinventarobjekt FIB908E.
Literatur:- Ernst Koller, Vor 100 Jahren. Geschichtliches zum Brand und Aufbau unseres Dorfes, in: Gedenkschrift mit Festführer, hg. v. Vereinigung der Heimatfreunde Fislisbach, Mellingen 1948, S. 5-35 (mit Plan "Der neu eingeteilte und aufgebaute Dorfkern von Fislisbach, Zustand 1850", von Beat Peterhans, 1948).
- Pius Räber, Die Bauernhäuser des Kantons Aargau, I: Freiamt und Grafschaft Baden, Basel 1996, S. 81.
- David Sidler, Die Pisébauten von Fislisbach. Untersuchung des Hauses Jakob Heimgartner, Wahlfacharbeit Institut für Denkmalpflege und Bauforschung ETH Zürich, Zürich 2009.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0044: Brandkataster Gemeinde Fislisbach 1899-1938.
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=34302
 

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