INV-OBD901 Pfarrkirche St. Blasius und Franz Xaver, 1620 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-OBD901
Signatur Archivplan:OBD901
Titel:Pfarrkirche St. Blasius und Franz Xaver
Bezirk:Baden
Gemeinde:Ehrendingen
Ehem. Gemeinde:Oberehrendingen (bis 31.12.2005)
Ortsteil / Weiler / Flurname:Oberehrendingen
Adresse:Dorfstrasse
Versicherungs-Nr.:44
Parzellen-Nr.:1431
Koordinate E:2668034
Koordinate N:1260872
Situationsplan (AGIS):http://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/html/agisviewer.htm?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2668034&y=1260872

Chronologie

Entstehungszeitraum:1620
Grundlage Datierung:Literatur

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Sakrale Bauten und Anlagen
Nutzungstyp (Stufe 2):Kirche (röm.-kath.)

Dokumentation

Autorschaft:Diverse (siehe Baugeschichte)
Würdigung:In zahlreichen Bauphasen entstandener Kirchenbau, dem im alten Ortskern von Oberehrendinger ein herausragender Situationswert zukommt. Der im Kern 1620 errichtete Längsbau mit Turm wurde 1828 auf seine heutige Länge erweitert und erhielt 1837 den bestehenden Polygonalchor. 1887 wurde der Turm nach Vorbild der Kirche in Stetten erhöht, 1912-17 der Innenraum neobarock überformt. Zusammen mit dem benachbarten Alten Pfarrhaus (Kantonales Denkmalschutzobjekt OBD002) und dem Vogtshaus (Kantonales Denkmalschutzobjekt OBD001) bildet die Kirche von Alters her die prägende Baugruppe von Oberehrendingen, die 1983/84 durch das Ökumenische Kirchgemeindezentrum noch erweitert wurde. Der heute als Nebenkapelle genutzte Chor bewahrt einen klassizistischen Stuckmarmoraltar der Gebrüder Huttle von 1838/39 und einen bemerkenswerten Taufstein von 1587. Chor samt Ausstattung und Turm stehen unter kantonalem Denkmalschutz (Objekt OBD003).
Bau- und Nutzungsgeschichte:Eine ausführliche Darstellung der Pfarrkirche findet sich bei Hoegger [1]. Bereits im Habsburger Urbar (1303-07) wird eine Kapelle in Oberehrendingen genannt, von der allerdings nichts weiter bekannt ist. 1620 wurde dieser Vorgänger durch einen Neubau ersetzt, dessen Turm und Schiff im bestehenden Kirchenbau noch erhalten sind. Wesentliche Umgestaltungen wurden in etwas zögerlicher Weise und unter Hinzuziehung mehrerer Architekten im Lauf der 1820er und 30er Jahre vorgenommen. Nach einem 1828 vorgelegten Projekt von Johannes Volkart von Niederglatt führte im selben Jahr Baumeister Joseph Lang von Baden einen Umbau aus, wobei man das Kirchenschiff - stärker als zunächst vorgesehen - nach Westen fast auf das doppelte Mass vergrösserte. Vorgesehen war auch eine Vergrösserung des Chors, doch wurde diese wegen eines Streites um Kollatur und Chorunterhaltspflicht zwischen den Kantonen Zürich und Aargau vorerst aufgeschoben. Nachdem 1833-35 unter Beteiligung von Baumeister Lang und Kantonsbaumeister Franz Heinrich Hemmann nicht weniger als vier weitere Lösungen für das Vorhaben studiert worden waren, entschied man sich für einen von unbekannter Hand in Hemmanns Plan eingezeichneten Vorschlag (vgl. Bilddokumentation). Entsprechend wurde der alte eingezogene Chor 1837 durch einen grösseren, wegen der Nachbarschaft mit dem Pfarrhaus leicht aus der Kirchenachse nach Norden verschobenen Polygonalchor ersetzt, der in eigenartiger Weise den bestehenden Turm integriert. Im Anschluss an die Chorweiterung wurde 1838/39 auch die Ausstattung erneuert. Hauptstück war der bestehende Hochaltar, der von den Brüdern Michael und Jodok Huttle aus Baden gefertigt wurde. 1880 wurde eines neues Hochaltarblatt von Joseph Balmer, Abtwil, eingesetzt.
Eine deutliche Veränderung in der äusseren Erscheinung brachte 1887 die Erhöhung des Turms, bei der man sich auf Anraten von Architekt Robert Moser in Baden an der Kirche von Stetten orientierte. 1901 lieferte die Firma Rüetschi in Aarau ein neues Geläute. Ein durchgreifender Umbau wurde 1912-1917 durch Architekt Arthur Betschon, Baden ausgeführt, wobei die Kirche um eine doppelgeschossige geschlossene Vorhalle und eine Sakristei erweitert wurde und im Inneren eine neobarocke Stuckierung und eine weitgehend neue Ausstattung erhielt. 1934 wurde von Metzler in Dietikon eine Orgel erstellt.
1968 erwarben die katholische und die reformierte Kirchgemeinde gemeinsam das benachbarte Vogtshaus, um einen zusammenhängenden Bauplatz für das Vorhaben eines ökumenischen Kirchenzentrums zu erhalten [2]. Ab 1974 beschäftigte sich eine Kommission mit den Neubauplanungen. 1977 wurde aus fünf Projekten der Beitrag „Il Cortile“ von Architekt Walter Moser, Baden, zu Ausführung bestimmt. Nach dessen Plänen wurde 1983/84 die südlich an die Kirche anschliessende Anlage realisiert, die mit der Öffnung der südlichen Längswand und der neuen Querausrichtung des Kirchenschiffs zugunsten einer Neugestaltung einschneidende Eingriffe in den bestehenden Bau mit sich brachte. Gleichzeitig erfolgte eine Restaurierung der neobarocken Stuckaturen.
Nachdem in der Folge der Neubauten zunächst die Beseitigung des alten Hochaltars zugunsten einer neuen Orgel diskutiert worden war, wurde der Hochaltar 1993 restauriert und zusammen mit Turm und Chor samt Ausstattung unter kantonalen Denkmalschutz gestellt (Kantonales Denkmalschutzobjekt OBD003). 2006 fand eine Gesamtrenovation von Kirche und ökumenischem Kirchgemeindezentrum statt.
Beschreibung:Die Pfarrkirche bildet zusammen mit dem benachbarten Alten Pfarrhaus, dem Vogtshaus und dem Ökumenischen Kirchgemeindezentrum die bedeutendste Baugruppe im historischen Ortskern von Oberehrendingen, die mit ihrer Lage an einer Hangkante den unteren vom oberen Dorfteil scheidet. Den Mittelpunkt des Ensembles bildet seit 1984 ein nahezu quadratischer Innenhof, der auf drei Seiten von den eingeschossigen Bauten des ökumenischen Kirchgemeindezentrums gefasst wird. Diese liegen gegen den Hof unter einwärts geneigten Pultdächern und zeigen eine zeittypische, zwischen Moderne und Tradition vermittelnde Gestaltung mit naturfarbenen Holzelementen und weissen Putzflächen. Auf der Nordseite werden sie von der Pfarrkirche überragt, welcher an der Südseite der reformierte Kirchenbau gegenübersteht. Die gemeinsam genutzten Kirchgemeinderäume nehmen die Westseite ein, während die Ostseite von der locker gruppierten älteren Bebauung definiert wird. Der Zugang erfolgt über die zur Dorfstrasse geöffnete Südostecke des Innenhofs und über die schmalen Durchgänge zwischen Vogtshaus und Altem Pfarrhaus. Der ehemals nördlich und westlich der Kirche gelegene Friedhof ist aufgehoben.
Trotz der Integration in den jüngeren Baukomplex hat der geostete Kirchenbau in seiner äusseren Erscheinung seine Eigenständigkeit gewahrt. Das 1620 errichtete und 1828 auf seine heutige Länge erweiterte Schiff wie auch der 1837 neu aufgeführte Chor liegen unter Dächern mit nur geringfügig unterschiedlicher Firsthöhe. Aus dem 19. Jh. stammen die hohen Korbbogenfenster, die an der West- und Südseite über den Neubauten von 1983/84 nur noch als kleine „Obergadenlichter“ in Erscheinung treten. Der 1620 zusammen mit der Kirche errichtete Turm, der ursprünglich an der nördlichen Flanke eines kleineren Polygonalchors lag, ist seit 1837 in das Volumen des vergrösserten Nachfolgers einbezogen. In seinen unteren Geschossen öffnen sich schmale Scharten, in dem durch eine Gesimsgurte abgesetzten Glockenstock vier rundbogige Schallöffnungen. Seit 1887 bekrönt anstelle des ursprünglichen, niedrigeren Käsbissens ein schwarz verschindelter achtkantiger Nadelhelm den Turm. In der südlichen Chormauer hat sich in einem Rechteckportal mit Wulst ein mit geometrischen Motiven schön beschnitztes biedermeierliches Türblatt erhalten.
Das Innere „offenbart sich als ästhetisch nicht ganz unproblematische Fusion eines neubarock stukkierten, landläufigen Längsbaus und einer modernen Querkirche mit halbkreisförmiger Theaterbestuhlung.“ [3] Der Zutritt erfolgt heute über einen Vorbau vor der südlichen Längswand, dessen niedriger Raum direkt in das sehr viel höhere Kirchenschiff übergeht. Die neobarocke Stuckierung folgt einer Pilastergliederung; Fenster und Kapitelle sind mit goldgehöhten vergoldeten Festons akzentuiert. Der Chor von 1837, der mit leicht verschobener Achse hinter den Triumphbogen gesetzt ist und in seinem nördlichen Teil den Turmschaft umgreift, zeigt sich gegen das Kirchenschiff mit entsprechend starker Asymmetrie und dient heute als Nebenkapelle. Er bewahrt noch den klassizistischen Hochaltar der Gebrüder Huttle, der um 1912 einige neubarocke Umgestaltungen erfuhr. Hinter der karniesförmig geschweiften Mensa erhebt sich ein Freisäulenretabel aus Stuckmarmor, das ein Bild der Kreuzigung (von Joseph Balmer) und darüber die noch von 1839 stammende Opferung des Isaak von Kaspar Belliger trägt. Bei der neobarocken Umgestaltung wurde das Retabel etwas tiefergesetzt, während man Säulen, Gebälkstücke und Aufsatz mit vergoldetem Zierat besetzte. Der Tabernakelaufsatz wurde 1993 ergänzt.
Neben dem Turmschaft ist der 1587 datierte und damit in die Zeit der Pfarreigründung zurückreichende Taufstein aufgestellt, „der im 19.Jahrhundert ins Pfarrhaus verbracht wurde, anschliessend jahrelang als Sauerkrautbottich diente, später ins Historische Museum Baden gelangte und 1984 wieder an seine alte Statt zurückkehrte“ [4]. Fuss und Deckel stammen von 1984. Das Ostfenster des 1983/84 seitenschiffartig angefügten Vorbaus fasst eine bemerkenswerte Kabinettscheibe mit Darstellung des Gnadenstuhls, die 1621 vom Kapitel Regensberg der jungen Pfarrei in Ehrendingen gestiftet wurde und dem Glasmalers Hans Ulrich Fisch in Aarau zugeschrieben wird. Die Glasgemälde in den Fenstern von Schiff und Chor wurden gemäss Signatur 1912 von H. Huber-Stutz & Cie. in Zürich geliefert. Die ehemalige Vorhalle an der Westseite wurde 1983/84 zu einer Werktagskapelle umgestaltet.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), regionale Bedeutung, Erhaltungsziel A.
Anmerkungen:[1] Das folgende bildet eine Zusammenfassung von Hoegger Kdm AG VII 1995, S. 77-81.
[2] Zum ökumenischen Kirchenzentrum vgl. Kantonale Denkmalpflege Aargau: Kurzinventar Sakralbauten ab dem 20. Jahrhundert.
[3] Hoegger Kdm AG VII 1995, S. 79.
[4] Ebd., S. 80.
Literatur:- Peter Hoegger, Die Landgemeinden des Limmattals, des Surbtals, des Aaretals und des Unteren Reusstals sowie das Kloster Fahr (Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau, Band VII), Basel 1995, S. 77-81.
- Oberehrendingen, Unterehrendingen. Aus Vergangenheit und Gegenwart, hrsg. von den Gemeinden Oberehrendingen und Unterehrendingen sowie der Katholischen Kirchgemeinde Ehrendingen, Baden 1990, S. 111-120.
- Kunstführer durch die Schweiz, Bd. 1, hg. v. Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Bern 2005, S. 148.
Quellen:- Kantonale Denkmalpflege Aargau: Kurzinventar Sakralbauten ab dem 20. Jahrhundert.
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=33426
 

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