INV-BRU918 Alte Schmitte, 1850 (ca.) (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-BRU918
Signatur Archivplan:BRU918
Titel:Alte Schmitte
Bezirk:Brugg
Gemeinde:Brugg
Ortsteil / Weiler / Flurname:Innenstadt
Adresse:Schulthess-Allee 8
Versicherungs-Nr.:296
Parzellen-Nr.:659
Koordinate E:2657991
Koordinate N:1259596
Situationsplan (AGIS):http://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/html/agisviewer.htm?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2657991&y=1259596

Chronologie

Entstehungszeitraum:approx. 1850
Grundlage Datierung:Schätzung

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Gewerbe-, Industrie- und Dienstleistungsbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Schmiede

Dokumentation

Würdigung:Spätklassizistisches Wohnhaus mit ehemaliger Hufschmiede, das seine heutige Gestalt im wesentlichen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erhielt. Die „Alte Schmitte“ entstand durch weitgehenden Umbau und Aufstockung eines Ökonomiebaus, welcher zu dem 1812-15 vom Hufschmied Johann Jakob Schilpin erbauten, sogenannten „Müller-Haus“ gehörte und dessen mächtiger Gewölbekeller unter dem heutigen Gebäude erhalten ist. Das Gebäude steht damit für die Kontinuität des Gewerbes, das hier bis in die Zeit um 1930/40 betrieben wurde. Zusammen mit dem „Müller-Haus“ (Bauinventarobjekt BRU917), der östlich anschliessenden Scheune (Vers.-Nrn. 297, 473) und dem Sichtbacksteinbau von 1902 (Schulthess-Allee 4, Vers.-Nr. 638) bildet das Gebäude ein ortsbildprägendes Element am heute noch ablesbaren Übergang von der Altstadt zur nach 1800 entstandenen Vorstadt.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Bereits 1811 begann man in Brugg, die Stadtgräben aufzufüllen, beliess den Bereich zunächst aber noch ohne eigentliche Gestaltung. Wohl 1843 wurde zwischen dem „Roten Haus“ und dem „Salzhaus“ die „Neue Promenade“ angelegt, die man gemäss einem „Plan für die Ausebnung und Renovation des verfüllten Stadtgrabens“ des Lehrers und Zeichners Charles Froelich mit einer doppelten Platanenreihe schmückte (vgl. Bilddokumentation) [1]. 1953 wurde die Anlage zum neunten Todestag des Brugger Bundesrats Edmund Schulthess (1868–1944) in Schulthess-Allee umbenannt [2].
Die Bebauung dieses vorstädtischen Bereichs setzte unmittelbar nach der Auffüllung des Grabens mit dem heute so genannten „Müller-Haus“ (Bauinventarobjekt BRU917) ein, das 1812–15 für den Hufschmied Johann Jakob Schilplin und seine Ehefrau Margarita May, geborene Bürki, von Diesbach, entstand. Dieses Haus besass gemäss Angabe im Brandkataster eine mächtige Scheune mit gewölbtem Keller, die 45 auf 40 Schuh mass [3] und aus der in der Folge wohl die hier beschriebene Alte Schmitte wie auch das östliche benachbarte Ökonomiegebäude (Vers.-Nrn. 297, 473) hervorgingen. Bereits um 1840 bildeten die drei Gebäude die noch heute bestehende, im Grundriss L-förmige Bebauungsstruktur, wie der wohl 1843 entstandene Plan der Neuen Promenade und die Darstellung der Michaeliskarte zeigen (vgl. Bilddokumentation).
Von dieser Bauphase zeugt noch der östlich anstossende Ökonomiebau mit dem hochragenden Dach und der grosszügigen Befensterung der östlichen Stirnseite, die wohl einer gewerblichen Nutzung geschuldet ist. Demgegenüber erhielt die Alte Schmitte ihre heutige Gestalt im wesentlichen durch Aufstockung und durchgreifenden Umbau in der zweiten Hälfte des 19. Jh. Über die Besitzergeschichte des Gebäudes ist wenig bekannt. Letzter Vertreter seines Gewerbes war Ernst Antenen, der in dem Gebäude bis in die 1930er/40er Jahre eine Hufschmiede und Wagenbau-Werkstatt betrieb und auch mit elektrischen Geräten handelte (vgl. Bilddokumentation) [4].
Ein Wintergarten, der in den 1990er Jahren auf dem Vordach angebracht war (gemäss Kurzinventar 1996), wurde zwischenzeitlich wieder demontiert
Beschreibung:Zusammen mit dem „Müller-Haus“ (Bauinventarobjekt BRU917) und östlich anschliessenden Ökonomiebau (Vers.-Nrn. 297, 473, nicht Teil des Schutzumfangs), mit denen das Gebäude zu einer durchgehenden Zeile verbunden ist, sowie dem jüngeren Sichtbacksteinbau von 1902 (Schulthess-Allee 4, Vers.-Nr. 638) bildet das Haus Müller die südliche Randbebauung der Schulthess-Allee. Städtebaulich markiert es damit den Übergang von der mittelalterlichen Altstadt zu der hier seit der Zuschüttung des Grabens im frühen 19. Jh. entstandenen Vorstadtbebauung. Mit der von zwei Platanenreihen geschmückten, früher als „Neue Promenade“ bekannten Schulthess-Allee bildet diese ein Ensemble, an dem sich noch heute die städtebauliche Entwicklung von Brugg im frühen 19. Jh. nachvollziehen lässt.
In ihrer heutigen Gestalt, die wohl auf die zweite Hälfte des 19. Jh. zurückgeht, erscheint die Alte Schmitte als spätklassizistischer, verputzter Mauerbau mit flach geneigtem Walmdach. Der dreigeschossig aufragende, hohe Baukörper wird an der Strassenfassade von drei Fensterachsen gegliedert und von einem umlaufenden Zahnschnitt-Kranzgesimse über hohem Kniestock abgeschlossen. Die Hauptansicht dominiert der für das Gewerbe typische gedeckte Werkplatz, der hier von einem Vordach in den Formen des Schweizer Holzstils beschirmt wird und so stilistisch mit den im selben Stil gehaltenen Trauf- und Giebelbretter am „Müller-Haus“ korrespondiert. Die Holzkonstruktion ruht auf gekreuzten Bügen und zierförmig ausgesägten Sattelhölzern; der Zwickel beim Hauseingang enthält die Hufschmiede-Embleme Hufeisen, Hammer und Hufnägel. Das Vordach dient gleichzeitig als Terrasse des ersten Stockwerks.
Die alten, heute teilweise vermauerten Eingangstore besitzen breit gefaste Segmentbogengewände aus Muschelkalk. Das erste Obergeschoss zeigt Rechtecköffnungen mit gefalzten Gewänden, das zweite Obergeschoss gefalzte Stichbogenfenster mit akzentuierten Schlusssteinen. Die Rückfront ist ebenfalls in drei Achsen mit schlichteren, gefalzten Rechtecklichtern besetzt.
Der Hauseingang öffnet sich auf das Treppenhaus in der Nordwestecke des Hauses, in dem eine Holztreppe mit gedrechseltem Geländer des späten 19. Jh. teilweise erhalten ist. In den Obergeschosswohnungen ist in der Mitte der Strassenfassade die Küche angeordnet, von der aus ein weiteres Zimmer gegen Norden und zwei rückwärtige Zimmer nach Süden erschlossen sind. Die Aborte befinden sich im Treppenhaus. In den Zimmern haben sich Parkettböden, Türen und Wandschränke des späteren 19. Jh. erhalten. Die Dachkammern werden durch Bohlenwände vom Dachraum abgetrennt. Unter dem Ostteil des Hauses hat sich ein quer zur Strasse gelegener, mächtiger Gewölbekeller erhalten, welcher auf die 1815 im Brandkataster erwähnte Scheune zurückgehen dürfte. Er wird am rückwärtigen, südlichen Ende der Gewölbetonne durch einen nachträglich eingebrachten Holzpfosten gestützt.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), nationale Bedeutung.
- ICOMOS. Liste historischer Gärten und Anlagen der Schweiz, Kanton Aargau, Brugg 4095-1.
Anmerkungen:[1] Baumann et al. 2005, Bd. 1, S. 191f.; Stettler / Maurer Kdm AG II 1953, S. 266f. Der bei Baumann et al. 2005, Bd. 1, S. 192 abgebildete, undatierte Plan muss nach dem Namen Frei, der als Eigentümer des hier beschriebenen Hauses angegeben ist, nach 1840 entstanden sein (vgl. zu den Eigentümern Banholzer 1994). Eine nicht näher bestimmte Anlage einer Promenade, die wohl mit dem Plan identifiziert werden kann, ist bei Stettler / Maurer Kdm AG II 1953, S. 267 auf 1843 datiert.
[2] Baumann et al. 2005, Bd. 1, S. 191.
[3] Nach Banholzer 1994.
[4] Banholzer / Bieger 1984, S. 40.
Literatur:- Max Banholzer / Peter Bieger, Alt Brugg, 1984, S. 40 (histor. Fotografie).
- Max Banholzer, Aus der Geschichte des Hauses Müller an der Schulthessallee, Typoskript, 1994 (Kantonale Denkmalpflege Aargau, Kurzinventar Brugg 1996, Anhang).
- Max Baumann et al., Brugg erleben, 2 Bde., Baden 2005, Bd. 1, S. 182, 187, 191f., 204 (städtebaugeschichtlicher Kontext und Vergleichsbeispiele).
- Michael Stettler / Emil Maurer, Die Bezirke Lenzburg und Brugg (Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau, Band II), Basel 1953, S. 266f. (städtebaugeschichtlicher Kontext).
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=31968
 

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