INV-BES904 Villa Luzernerstrasse 6 samt Garten, 1926-1927 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-BES904
Signatur Archivplan:BES904
Titel:Villa Luzernerstrasse 6 samt Garten
Bezirk:Kulm
Gemeinde:Beinwil am See
Adresse:Luzernerstrasse 6
Versicherungs-Nr.:508
Parzellen-Nr.:1900
Koordinate E:2657919
Koordinate N:1235232
Situationsplan (AGIS):http://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/html/agisviewer.htm?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2657919&y=1235232

Chronologie

Entstehungszeitraum:1926 - 1927
Grundlage Datierung:Schriftliche Quelle

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Profane Wohnbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Repräsentatives Wohnhaus, Villa
Epoche / Baustil (Stufe 3):Heimatstil

Dokumentation

Autorschaft:Karl Schneider (1884-1959), Architekt, Aarau
Würdigung:Villa in qualitätvollen Neobarockformen, die 1926/27 nach Plänen des Aarauer Architekten Karl Schneider für den Beinwiler Zigarrenfabrikanten Eduard Eichenberger (jun.) erbaut wurde. Der Villa, die sowohl am Äusseren wie auch mit ihrer gepflegten Ausstattung im Inneren praktisch im Zustand der Entstehungszeit erhalten ist, kommt als Zeuge des gehobenen Wohnbaus im früheren 20. Jahrhundert erheblicher Stellenwert zu. Sie gehört zum Ensemble von Fabrikationsgebäuden und Wohnhäusern der von Johann Jakob Eichenberger 1841 gegründeten Tabakfabrik (Bauinventarobjekte BES 907, 921, 933). Im weiteren Kontext bildet sie das jüngste Glied einer Reihe von Fabrikantenvillen an der Luzernerstrasse, die den Aufschwung des Fabrikdorfs seit dem mittleren 19. Jahrhundert dokumentieren und das Ortsbild von Beinwil am See bis heute massgeblich prägen (Bauinventarobjekte BES933, 935-937).
Bau- und Nutzungsgeschichte:Die Villa wurde 1926/27 nach Plänen des Aarauer Architekten Karl Schneider (1884-1959) für den Zigarrenfabrikanten Eduard Eichenberger (jun.) errichtet [1]. Dieser leitete zusammen mit seinen Brüdern Arthur und Oswald in dritter Generation die 1841 von seinem Grossvater Johann Jakob Eichenberger, dem Pionier der Beinwiler Zigarrenindustrie, gegründete Firma, die 1882/83 durch seinen gleichnamigen Vater und dessen Bruder Theodor übernommen worden war und seit 1908 unter der Bezeichnung Ed. Eichenberger Söhne firmierte [2]. Der Entwurf wurde vom Architekten mit geringfügigen Änderungen 1927 für eine weitere Villa in Lenzburg verwendet [3].
Das Gebäude hat bis heute keine grösseren Veränderungen erlebt.
Beschreibung:Als jüngste der auf der Westseite der Luzernerstrasse aufgereihten Fabrikantenvillen (Bauinventarobjekte BES933, 935-937) erhebt sich das Gebäude, von Strasse und Bahntrassee zurückversetzt und auf einer Geländeterrasse leicht erhöht, in einem gepflegten Gartengrundstück. Es steht an der Stelle eines Vorgängerbaus und schliesst direkt an den ursprünglich aus einem Bauernbetrieb hervorgegangenen Komplex von Wohn- und Fabrikationsgebäuden an, welcher die Tabakscheune, das Wohnhaus von Johann Jakob Eichenberger sowie die gegenüber der Luzernerstrasse gelegene Zigarrenfabrik „Bäumli“ umfasst (Bauinventarobjekte BES907, 933, 921).
Der zweigeschossige verputzte Mauerbau setzt mit seinem annähernd kubischen Volumen auf einem Kellersockel auf und wird von einem steil aufragenden Walmdach mit tiefliegendem Knick und weitem Überstand abgeschlossen. Seine dreiseitig streng axialsymmetrisch durchgebildeten Fassaden werden von jeweils drei Fensterachsen gegliedert und von kapitellbekrönten Quaderlisenen gerahmt. Diese bestehen ebenso aus Sandstein wie auch der übrige, aufwendig gestaltete bauplastische Schmuck. Die mit profilierten Bänken versehenen Fenstergewände haben im Erdgeschoss stichbogige Form und sind mit konsolenartigen Schlusssteinen geschmückt; im Obergeschoss besitzen sie zeittypisch gedrungene Rechteckform. Die nach Osten zur Luzernerstrasse gerichtete, aber über den Garten von Süden her zu erreichende Eingangsfassade akzentuiert ein von Zwillingssäulen getragener Portalvorbau, die Südfassade ein polygonaler Erker mit aufwendiger Pilastergliederung. An der von der Luzernerstrasse abgewandten Westfassade springen der eingeschossige Küchentrakt sowie ein Terrassenanbau vor, der im Erdgeschoss von einer Mauer mit Vasenaufsätzen abgeschlossen wird. Die Nordfassade zeigt in der Mitte das von zwei Pilastern gerahmte und vollständig in Sandstein verkleidete Treppenhaus mit grossem Rundbogenfenster und ebenerdigem Nebeneingang.
Säulen und Pilaster sind an sämtlichen Vorbauten mit orientalisierenden Palmettenkapitellen versehen; die drei Obergeschossbalkone besitzen rankenförmig gestaltete Geländer aus Guss- und Schmiedeeisen. Erhalten sind mit Ausnahme des Erkers die bauzeitlichen Fenster samt Vorfenstern und die hölzernen Jalousieläden. Der Hauseingang in der Ostfassade wie auch der Nebeneingang besitzen noch ihre bauzeitlichen, eichenen Türblätter mit aufwendig gerahmten und vergitterten Türlichtern. Das Mittelmotiv des Vordereingangs bilden die ineinander verschränkten Initialen des Bauherrn Eduard Eichenberger; am Treppenhaus prangt das in Sandstein gehauene „Bäumli“-Wappen der Eichenberger, von dem sich auch der Markenname der Zigarren herleitete. Das Walmdach ist noch mit den bauzeitlichen Biberschwanzziegeln eingedeckt. In seinen Mittelachsen sitzen mit Holzschindeln verrandete Giebellukarnen, den Firstabschluss bildet in zeittypischer Weise ein körperhaft gestalteter Kaminhut.
Das Gebäude wird von Osten her über einen als Windfang dienenden Stichgang betreten. Alle Räume sind im Erd- wie auch im Obergeschoss über eine zentrale Diele erschlossen. Im Erdgeschoss befinden sich im Süden das Wohn- sowie das Speisezimmer, im Nordosten direkt neben dem Eingang das Bureau und nordwestlich die Küche, die von den öffentlicheren Bereichen durch einen Garderobenraum getrennt ist. Mit Ausnahme der modernisierten Kücheneinrichtung ist die Ausstattung der Erbauungszeit, die Gipsdecken mit feinen Stuckspiegeln, Parkettböden, Brusttäfer sowie Stofftapeten umfasst, noch vollständig vorhanden. Erhalten ist zudem die eigens für das Gebäude entworfene Möblierung, darunter ein sorgfältig gestaltetes Einbaubuffet im Speisezimmer. Zu erwähnen ist ferner ein 1927 datiertes, von Huber-Stutz in Zürich geschaffenes bleiverglastes Fenster im Treppenhaus, in dessen Oblicht der Vorgängerbau der Villa abgebildet ist (Inneres nach Kurzinventar 1992).
Den harmonischen Gesamteindruck der Liegenschaft rundet der Garten ab, der einen schönen alten Baumbestand besitzt und in mehrere, durch geschnittene Buchsbaumhecken abgetrennte Bereiche mit dichtem altem Baumbestand gegliedert. Er besitzt noch die original erhaltene Einfriedung mit verputzten Mauerwerkspfosten sowie eine Terrassenbrüstung samt den ursprünglichen Ziervasen.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), regionale Bedeutung.
- ICOMOS. Liste historischer Gärten und Anlagen der Schweiz, Kanton Aargau, Beinwil am See 4131-2.
Anmerkungen:[1] Originalpläne freundlicherweise zur Verfügung gestellt durch die Eigentümer (1992). Zum Architekten vgl. INSA. Inventar der neueren Schweizer Architektur. 1850-1920, Bd. 11: Register, Zürich 2004, S. 253 (Lebensdaten und Hinweise auf Bauten in Aarau).
[2] Vgl. zur Geschichte der Firma, mit geringfügig abweichenden Datierungen, Andreas Steigmeier, Blauer Dunst. Zigarren aus der Schweiz gestern und heute, Baden 2002, S. 41; VAMUS, Datenbank Industriekultur: http://www.vamus.ch/industriekultur/index.cfm, Art. 'Eichenberger J. J., Eduard Eichenberger Söhne' (Zugriff 2.12.2016, zur Bauherrschaft); Karl Gautschi, Beinwil am See. Das Dorf im Wandel der Zeit, verf. im Auftrag des Gemeinderats Beinwil am See, Beinwil am See [1985], S. 174 (zur Bauherrschaft).
[3] Freundl. Hinweis der Eigentümer (1992). Es handelt sich offensichtlich um die Villa Gartenstrasse 1 (Bauinventarobjekt LEN919).
Quellen:- Eigentümer: Baupläne.
 

URL for this unit of description

URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=29736
 

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