INV-BES901 Aufnahmegebäude Bahnhof, 1894 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
1/2

Identifikation

Signatur:INV-BES901
Signatur Archivplan:BES901
Titel:Aufnahmegebäude Bahnhof
Bezirk:Kulm
Gemeinde:Beinwil am See
Adresse:Löwenplatz 15
Versicherungs-Nr.:247
Parzellen-Nr.:1841
Koordinate E:2657781
Koordinate N:1235431
Situationsplan (AGIS):http://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/html/agisviewer.htm?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2657781&y=1235431

Chronologie

Entstehungszeitraum:1894
Grundlage Datierung:Literatur

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Verkehrs- und Infrastrukturbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Bahnhof
Epoche / Baustil (Stufe 3):Schweizer Holzbaustil

Dokumentation

Autorschaft:Emil Vogt (1836-1936), Architekt, Luzern
Würdigung:Aufnahmegebäude in Formen des Schweizer Holzstils, das 1894/95 nach Plänen des Luzerner Architekten Emil Vogt errichtet wurde. Der Zweiflügelbau mit übergiebeltem Mitteltrakt fällt durch seine gepflegte Gestaltung mit dem damals beliebten, als malerisch und ländlich empfundenen Sichtfachwerk auf. Er hat sich mit Ausnahme einiger Zierelemente weitgehend im Originalzustand erhalten; störende nachträgliche Anbauten wurden sogar weitgehend beseitigt. Mit seinem guten Erhaltungszustand kommt dem Gebäude erheblicher materieller Zeugenwert zu. Nach der Modernisierung der Seetalbahn bildet es neben der Güterschuppenstation von Birrwil das einzige erhaltene alte Aufnahmegebäude entlang der Linie.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Initiativen für eine Seetalbahn waren seit der Frühzeit des Eisenbahnbaus ergriffen worden und hatten in den 1870er Jahren unter anderem auch Auftrieb durch den Beschluss zum Bau der Gotthardbahn erhalten [1]. Von den beiden diskutierten links- und rechtsufrigen Streckenführungen erhielt 1871 die linksufrige Variante die Konzession. In Beinwil beteiligten sich insbesondere die Tabakfabrikanten auch finanziell an der geplanten Eisenbahn, weil sie sich von den neuen Transportkapazitäten einen Gewinn versprachen. Vorerst bremste allerdings die Krise der 1870er Jahre das Vorhaben. Im Hinblick auf die Linienführung schlug der mit der Projektierung beauftragte Zürcher Ingenieur Theodor Lutz (1841-1890) vor, anstelle eines eigenen Trassees eine kostengünstige normalspurige Strassenbahn entlang der bestehenden Seetalstrasse zu realisieren. Auch gewann Lutz englische Investoren, welche die Realisierung mit der Gründung der „Lake Valley of Switzerland Railway Company“ finanzierten. Im Herbst 1883 wurden in kurzem Abstand die beiden Teilstrecken Emmenbrücke-Beinwil und Beinwil-Lenzburg eröffnet, im Januar 1887 eine Zweigstrecke nach Reinach und Menziken, wodurch Beinwil zum Umsteigebahnhof wurde. 1906 wurde die Zweigstrecke nach Beromünster verlängert. 1894 verkauften die englischen Investoren die Bahn an die neu gegründete „Schweizerische Seethalbahn-Gesellschaft“ (STB). Diese liess 1909/10 ihre Strecke samt Nebenlinie durch die BBC (Brown, Boveri & Co.) in Baden als Versuchsbetrieb elektrifizieren. Erst 1922 erfolgte die Verstaatlichung der Bahngesellschaft. 1992 wurde der Personen- und 2001 auch der Güterverkehr auf der Stichbahn nach Beromünster stillgelegt und diese in der Folge abgebaut. Mit dem 1997 durch den Bund beschlossenen Programm zur Erhaltung und Modernisierung der Seetalbahn wurden zahlreiche Bahnhöfe erneuert und verlegt und mit Ausnahme von Birrwil und Beinwil sämtliche alten Aufnahmegebäude abgebrochen [2].
Der Bahnhof Beinwil besass anfänglich nur ein bescheidenes Aufnahmegebäude, das bereits zur Eröffnung der Strecke nach Beromünster provisorisch erweitert werden musste [3]. 1894/95 liess die neu gegründete STB einen Neubau nach Projekt des Luzerner Architekten Emil Vogt realisieren [4]. In vereinfachter Form fand dieses auch in Niederlenz an der gleichzeitig realisierten Streckenverlängerung nach Wildegg Anwendung; weitere Aufnahmegebäude nach Plänen von Vogt entstanden entlang der Seetalbahn bis 1906. Von Anfang an besass das Aufnahmegebäude ein Buffet mit Verandaanbau an der Südseite. 1907 entstand ein Güterschuppen, 1922 das Perrondach am Aufnahmegebäude und 1924 das bestehende Dienstgebäude (Vers.-Nr. 248).
Anlässlich einer Renovation verlegte man 1995 den Kiosk in den nachträglich ummauerten ehemaligen Verandaanbau des Buffets und befreite die Gleisseite des Aufnahmegebäudes von späteren Zubauten. Um 2002 wurde der freistehende Güterschuppen abgebrochen. Um 2011/12 wurde bei einer neuerlichen Renovation der Anbau an der Südfassade abgebrochen und der Kiosk in die nicht mehr benötigten Schalterräume im Gebäudeinneren verlegt.
Beschreibung:Der Bahnhof liegt unmittelbar nördlich des Löwenplatzes, der bis heute von der Seetalbahn strassenbahnartig überquert wird. Hier erhebt sich das Aufnahmegebäude zusammen mit dem nördlich anstossenden Dienstgebäude bergseitig der Gleisanlagen; rückwärtig führte ehemals in steiler Steigung die Zweigstrecke nach Beromünster dem Gebäude entlang. Das Aufnahmegebäude, das sich nach einem üblichen Schema axialsymmetrisch in einen Hauptbaukörper mit zwei Flügelbauten gliedert, ist in den im Eisenbahnbau beliebten Formen des Schweizer Holzstils gehalten. Über einem gemauerten Erdgeschoss setzt der im Sichtfachwerk erstellte Oberbau auf, wobei die Flügelbauten über dem ersten Obergeschoss von längs zu den Gleisen gerichteten, flach geneigten Krüppelwalmdächern abgeschlossen werden, während der risalitierte Mitteltrakt mit einem zusätzlichen Kniestock über diese hinausragt und sich mit seinem Giebel zu den Gleisen wendet. Alle Giebelseiten sind mit zwei, die Traufseiten der Flügelbauten mit jeweils einer Fensterachse gegliedert. Das Erdgeschoss wird von gequaderten Ecklisenen gefasst und ist mit Stichbogenfenstern und -türen besetzt, wobei die Backsteinbögen und die markanten Bogenanfänger sowie Schlusssteine ursprünglich durch den Farbwechsel noch stärker hervortraten. Die hölzernen Jalousieläden sind nur noch an der nördlichen Stirnseite erhalten (vgl. histor. Aufnahme in der Bilddokumentation). Der Oberbau besitzt einfache Rechteckfenster im Riegelwerk, die bereits ursprünglich Rolläden besassen (erneuert). Auch hier war der Farbkontrast durch Begleitstriche in den Putzausfachungen des Sichtfachwerks ursprünglich noch stärker akzentuiert. Charakteristische Dekorationselemente des Schweizer Holzstils waren eine zierfömig ausgesägte Giebelründe sowie ein Glockentürmchen in Form eines Dachreiters, welche den Hauptbaukörper zusätzlich akzentuierten und später einer Purifizierung zum Opfer fielen. Charakteristisch für den Schweizer Holzstil sind ferner die zierbeschnitzten, mit Bügen abgestützten Pfettenvorstösse sowie die Verbretterungen in den Giebelfeldern. An den Stirnseiten der Flügelbauten prangen die querrechteckigen Schriftfelder, die ursprünglich den damals mit y geschriebenen Namen „Beinwyl“ enthielten. Das Dach ist seit längerem mit Falzziegeln gedeckt. Entfernt wurden wohl schon früh die beiden spitzen Firstknäufe über den Krüppelwalmen.
Bahnseitig wurde schon im frühen 20. Jh. zum Schutz der Reisenden ein Perrondach vorgebaut, das sich mit zierbeschnitzten Pfosten stilistisch an das Empfangsgebäude anlehnt. Von den sukzessive entstandenen Anbauten, welche das Erscheinungsbild des Gebäudes verunklärten, ist bahnseitig vor der nördlichen Fensterachse noch ein Stellwerksvorbau übriggeblieben, rückwärtig ein Nebenraum des Kiosks. Im Inneren wird das Erdgeschoss heute mehrheitlich vom Kiosk eingenommen. Die Erschliessung des Obergeschosses mit der ehemaligen Wohnung des Bahnhofvorstands erfolgt über ein rückwärtiges Treppenhaus. Inneres modernisiert (gemäss Kurzinventar 1992).
Nördlich des Empfangsgebäudes erhebt sich das Dienstgebäude von 1924 (Vers.-Nr. 248, nicht Bestandteil des Schutzumfangs). Bei diesem handelt es sich um einen gepflegten zweigeschossigen Mauerbau mit hohem Walmdach und angebautem, vertikal verbretterten Güterschuppen, der mit dem Aufnahmegebäude durch das verlängerte Perrondach verbunden ist.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), regionale Bedeutung.
- Bauabteilung der Generaldirektion SBB, Inventar historischer Bahnhöfe, inventarisiert durch H.P. Bärtschi, 1983/84; Einstufung regional.
- SBB, Fachstelle für Denkmalpflege, Kurzinventar Aufnahmegebäude und Güterschuppen. Kanton Aargau, 2013, S. 34f.; Einstufung regional.
Anmerkungen:[1] Vgl. allg. Gautschi et al. 1985, S. 192-196 sowie Wikipedia, s.v. ‚Seetalbahn‘: https://de.wikipedia.org/wiki/Seetalbahn (Zugriff 29.11.2016).
[2] SBB, Kurzinventar Aufnahmegebäude und Güterschuppen 2013, S. 11.
[3] Baugeschichte nach Gautschi 1985, S. 194f.; SBB, Kurzinventar Aufnahmegebäude und Güterschuppen 2013, S. 33; SBB, Inventar 1983/84.
[4] Zu Emil Vogt (1836-1936), der vor allem als Hotelarchitekt internationalen Erfolg hatte, vgl. Isabelle Rucki / Dorothee Huber, Architektenlexikon der Schweiz, 19./20. Jahrhundert, Basel 1998, S. 553.
Literatur:- Peter Steiner et al., Pfarrei Reinach: Kirchenbuchdaten (1549-1820), Häuserfotos (1872-2012). Reinach, Leimbach, Menziken, Burg, Beinwil am See, CD-Rom, Hrsg.: Historische Vereinigung Wynental, 2012 (histor. Aufnahme).
- Karl Gautschi, Beinwil am See. Das Dorf im Wandel der Zeit, verf. im Auftrag des Gemeinderats Beinwil am See, Beinwil am See [1985], S. 192-196.
 

URL for this unit of description

URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=29718
 

Social Media

Share
 
Home|Login|de en fr it
Online queries in archival fonds