INV-LEN956 Villa Bölli 17, 1948 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:INV-LEN956
Signatur Archivplan:LEN956
Titel:Villa Bölli 17
Ansichtsbild:
1/2
Bildlegende:Ansicht von Nordosten (2016)
Bezirk:Lenzburg
Gemeinde:Lenzburg
Ortsteil / Weiler / Flurname:Bölli
Hist. Name Objekt:Villa Hächler
Adresse:Bölli 17
Versicherungs-Nr.:1483
Parzellen-Nr.:1430
Koordinate E:2656219
Koordinate N:1247906

Chronologie

Entstehungszeitraum:1948
Grundlage Datierung:Baugesuch

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Teil einer Baugruppe
Weitere Teile der Baugruppe:LEN946
Nutzung (Stufe 1):Profane Wohnbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Repräsentatives Wohnhaus, Villa
Epoche / Baustil (Stufe 3):Konservative Moderne

Schutz / Status

Status Bauinventar:Neuaufnahme Bauinventar 2017

Dokumentation

Autorschaft:Richard Hächler (1897-1966), Architekt, Lenzburg
Würdigung:1948 vom Architekten Richard Hächler als Wohnhaus für seine eigene Familie errichtete Villa, die durch ihre qualitätvolle Gestaltung in zeittypischen Heimatstilformen auffällt. Volumetrisch als Gebäudekomplex aus mehreren Bautrakten artikuliert, besteht die Villa aus dem Hauptgebäude des Wohnhauses, einem östlich daran anschliessenden Küchen- und Garagentrakt sowie einem bereits 1942 zum Wochenendhaus umgebauten, spätgotischen Rebhäuschen (Bauinventarobjekt LEN946), das über eine Säulenhalle auf originelle Weise in die Gesamtanlage eingebunden ist. Der Gebäudekomplex, welcher neben dem Rebhäuschen die Hügelkuppe des damals ansonsten noch unbebauten Bölli besetzte, zeigt sich zur Strasse hin stärker geschlossen, während sich die Gartenseite auf die Landschaft öffnet. Das Gebäude hat sich in der äusseren Erscheinung wie auch im qualitätvoll gestalteten und grosszügig konzipierten Inneren weitgehend im Zustand der Entstehungszeit erhalten, so dass ihm ein hoher Zeugenwert für den gehobenen Wohnhausbau der 1940er Jahre zukommt. Auch bildet es eines der Hauptwerke von Richard Hächler, der als bedeutendster Lenzburger Architekt seiner Generation gelten kann.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Richard Hächler, der bedeutendste Lenzburger Architekt seiner Generation, baute 1942 das ehemalige Rebhäuschen von 1644 auf dem Bölli (Bauinventarobjekt LEN946) zu einem Wochenendhaus um [1]. Wenige Jahre später errichtete er 1948 auf demselben Grundstück eine Villa für seine Familie, in die auch das umgebaute Rebhäuschen mit einbezogen wurde [2]. Man kann davon ausgehen, dass die qualitätvollen Schreinerarbeiten aus der in Lenzburg bekannten Schreinerei seines Bruders Alfred Hächler stammten [3].
Vor einigen Jahren wurden die Fensterflügel sowie die Küche ersetzt. Ansonsten haben keine grösseren Umbauten stattgefunden.
Beschreibung:Die Villa besetzt in geschickter und landschaftlich reizvoller Platzierung die Hügelkuppe des Bölli, die zur Entstehungszeit mit Ausnahme des damals in den Neubau einbezogenen Rebhäuschens von 1644 (Bauinventarobjekt LEN946) noch vollständig unbebaut war. Das Gebäude ist in gepflegten Heimatstilformen der 1940er Jahre gehalten und gliedert sich in das Wohnhaus, zwei Nebentrakte sowie das Rebhäuschen, die in leicht geschwungener Anordnung entlang der Zufahrtsstrasse von Osten nach Westen über die längliche Hügelkuppe aufgereiht sind. Mit ihrem Entstehungsjahr und ihrer Architektursprache dokumentiert die Villa das spätere Schaffen Hächlers, der in den 1920er Jahren zu den frühen Vertretern des Neuen Bauens gehört hatte, bevor er sich im Lauf der 30er Jahre in Übereinstimmung mit breiten Teilen der damaligen Architektur einem Heimatstil im Sinn der sogenannten Stuttgarter Schule zuwandte [4].
Das zweigeschossige Wohnhaus überragt als Hauptbaukörper die beidseitig anschliessenden Nebentrakte und ist am nächsten an die nördlich vorbeiführende Strasse gerückt. Als zweigeschossiger verputzter Mauerbau wird es firstparallel zur länglichen Hügelkuppe und traufständig zur Zufahrtsstrasse durch ein mittelsteiles Knickdack abgeschlossen und ist mit seiner Gartenfassade exakt nach Süden ausgerichtet. Auf der östlichen Zufahrtsseite schliesst unter gleicher Firstrichtung und leicht zurückversetzter Bauflucht der eingeschossige, ebenfalls von einem geknickten Satteldach abgeschlossene Gebäudeflügel mit Küche und grosszügiger Garage an. Westlich verbindet eine zum Garten geöffnete, zur Strasse hingegen geschlossene Säulenhalle unter flachem Satteldach die Villa mit dem umgebauten Rebhäuschen von 1644, das damit auf originelle Weise in den Baukomplex einbezogen ist. Hauptbaukörper und Garage sind mit einem sorgfältig gestalteten, wohl nur abgezogenen Verputz mit leicht rauher Struktur versehen. Einen Kontrast dazu bilden die Gartenhalle mit ihrer grob bossierten, steinsichtigen Quadermauer und das Rebhäuschen, das als Putzbau mit zeittypisch steinsichtig belassenen Gebäudekanten in Erscheinung tritt. Alle Gebäudetrakte sind mit doppelt verlegten Biberschwanzziegeln eingedeckt.
Die Strassenfassade des Wohnhauses erzielt mit ihrer eher spärlichen Befensterung einen geschlossenen Eindruck. Die drei Obergeschossfenster besitzen wie am ganzen Haus rechteckige Kunststeingewände und hölzerne Jalousieläden (Fensterflügel in jüngerer Zeit erneuert). Ein vierteiliges Reihenfenster und der über Eck an der östlichen Stirnseite gelegene Hauseingang werden von aufwendigen gotisierende Gewände mit wulstigen Profilen gerahmt. Zeittypische dekorative Akzente setzen zwei mit einem rautenförmigen Betongitter verschlossene Toilettenfensterchen. Der Hauseingang wird von einer laubenartig in das Garagengebäude einspringenden Vorhalle beschirmt und besitzt noch das stark verglaste, eichene Türblatt aus der Bauzeit. Eine Besonderheit stellt ein Selbstbildnis des Architekten dar, das im Sinn einer Künstlersignatur wie auch eines Hauszeichens neben dem Eingang in ein ausgespartes Feld direkt auf den Putz gemalt ist. Es zeigt Hächler als Maurer, was wohl ebenso ein Hinweis auf die handwerkliche Dimension des Métiers wie auf seinen ursprünglich erlernten Beruf zu verstehen ist.
Südseitig öffnet sich die Villa über grosszügige Fensterflächen und verschiedene Aussenbereiche direkt auf den Garten, wobei die westseitig anschliessenden Gartenhalle und der Essplatz vor der Küche im ostseitigen Nebentrakt räumlich deutlich voneinander getrennt sind. Das Erdgeschoss ist hier mit breitrechteckigen, gleichfalls von Kunststeingewänden gerahmten Öffnungen besetzt; die westliche Stirnseite besitzt ein zeittypisches, kastenartig ausgebildetes Blumenfenster. Das Obergeschoss wird durch eine enge Reihung von Einzelfenstern mit Jalousieläden belichtet. Die offene Gartenhalle, welche den Hauptbau mit dem Rebhäuschen verbindet, ruht auf Kunststeinsäulen. Ihr Inneres ist als gotisierende, langgestreckte Flachtonne ausgebildet, die wie das Holzwerk am gesamten Gebäude mit einem wohl nachträglichen, türkisgrünen Anstrich versehen ist.
Das ausgesprochen grosszügig gestaltete Innere der Villa wird über einen ersten, direkt an den Hauseingang anschliessenden Vorraum mit Garderobe und eine daran anschliessende, nordseitige Treppenhalle erschlossen. Südlich und westlich werden die Erschliessungsräume im Erdgeschoss von dem direkt auf den Garten geöffneten Wohnzimmer, einem Esszimmer sowie einem „Stübli“ umfasst, das mit seinem direkten Zugang vom Vorraum vielleicht auch zum geschäftlichen Empfang von Auftraggebern des Architekten diente. Nur vom Vorraum zugänglich ist die im Nebentrakt untergebrachte Küche. Das Obergeschoss umfasst vier Zimmer, das Dachgeschoss zwei Mansarden, von denen eine laut den Bauplänen als Heimbüro, die andere für die Hausangestellte diente.
Die hochwertige Ausstattung ist weitgehend im Originalzustand erhalten. Das ganze Erdgeschoss ist mit gepflegten Schreinerarbeiten in holzsichtigem Eichenholz versehen, an untergeordneten Bauteilen teilweise mit Weichholz, wodurch im Zusammenspiel mit den weissen Wänden ein für den Heimatstil der 1940er Jahre charakteristischer Farbklang entsteht. Vorraum und Treppenhalle sind mit Solnhofer Platten belegt. Die um eine Treppenstufe abgetieften und damit etwas höheren Wohnräume besitzen unterschiedlich gestaltete Parkettböden. Die Türen sind durchgehend mit hochrechteckiger Felderung gestaltet. Ein niederländischer Kachelofen im „Stübli“ soll nach der Überlieferung eine Erinnerung an Hächlers dortige Arbeitserfahrungen in den 1920er Jahren darstellen. Zum benachbarten Esszimmer ist dieser Raum mit einer Flucht von Wandschränken versehen; die mittige Tür ist von der entgegengesetzten Seite über eine originelle trichterförmige Laibung zu betreten. Wohn- und Esszimmer sind durch eine für den Wohnhausbau um 1950 charakteristische Schiebewand verbunden. Das Wohnzimmer besitzt einen breitformatigen, aus Kunststein gefertigten Kamin. Der Vorplatz des Obergeschosses ist, entsprechend seiner geringeren Bedeutung, mit graubeige gestrichenen Sperrholz-Wandschränken und entsprechenden Türen ausgestattet. Die Zimmer besitzen furnierte holzsichtige Täferdecken mit Quadratmuster. Eine originelle Gestaltung zeigt der Aufgang in das Dachgeschoss, der wie ein umgekehrter Schiffsrumpf mit einer gewölbten Lattung versehen und in einem hellgrünen Farbton gestrichen ist. Das ehemalige Büro wird wie die Stube im umgebauten Rebhäuschen und die Gartenhalle von einer gotisierenden Flachtonne abgeschlossen, offenbar einem Lieblingsmotiv des Architekten.
Der Garten ist durch die Anordnung der offenen Säulenhalle und des abgeschiedenen Essplatzes in mehrere Nutzungsbereiche gegliedert. Die Gartenwege werden von zeittypischen, polygonal gebrochenen Gneisplatten gebildet.
Anmerkungen:[1] Umbaupläne im Baugesuchsarchiv. Vgl. zum Gebäude selbst die Angaben unter Bauinventarobjekt LEN946.
[2] Pläne im Baugesuchsarchiv. Zu Richard Hächler (1897-1966) vgl. Schweizerische Bauzeitung, 84. Jg. (1966), S. 375f. (Nekrolog); Isabelle Rucki / Dorothee Huber (Hrsg.), Architektenlexikon der Schweiz, 19./20. Jahrhundert, Basel 1998, S. 245; Michael Hanak, Architekturgeschichtliches Inventar Industrieareal Hero, Lenzburg, im Auftrag des Stadtbauamtes Lenzburg, 2009 (Stadtbauamt Lenzburg), S. 27.
[3] Zur Schreinerei Hächler vgl. Hektor Ammann, Lenzburg, Kulm. Heimatgeschichte und Wirtschaft, Zürich 1947, S. 192f.
[4] Vgl. zu dieser Entwicklung im Werk Richard Hächlers etwa seine dem Neuen Bauen zuzuordnenden frühen Werke wie die Fabrikgebäude „Wisa-Gloria“ (Bauinventarobjekt LEN928), von den späteren Bauten neben dem hier beschriebenen Eigenheim das parallel dazu entstandene Kino Urban und das kurz zuvor umgebaute Rebhäuschen (Bauinventarobjekte LEN959, 946).
Quellen:- Stadt Lenzburg, Baugesuchsarchiv: Umbaupläne Rebhäuschen 1942; Baupläne Villa 1948.
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=132662
 

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