INV-BRU937 Villa Stapferstrasse 32, 1906-1907 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:INV-BRU937
Signatur Archivplan:BRU937
Titel:Villa Stapferstrasse 32
Ansichtsbild:
1/2
Bildlegende:Ansicht von Südosten (2015)
Bezirk:Brugg
Gemeinde:Brugg
Ortsteil / Weiler / Flurname:Innenstadt
Adresse:Stapferstrasse 32
Versicherungs-Nr.:695
Parzellen-Nr.:888
Koordinate E:2657894
Koordinate N:1259187
Situationsplan (AGIS):http://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/html/agisviewer.htm?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2657894&y=1259187

Chronologie

Entstehungszeitraum:1906 - 1907
Grundlage Datierung:Baugesuch

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Profane Wohnbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Repräsentatives Wohnhaus, Villa
Epoche / Baustil (Stufe 3):Heimatstil

Dokumentation

Autorschaft:Karl Kress, Architekt, Aarau
Würdigung:Vom Architekten Karl Kress erbaute Villa von 1906/07, die mit ihren Formen zwischen Reformarchitektur und Heimatstil einzuordnen ist. Der anspruchsvoll und herrschaftlich gestaltete Bau besetzt mit seinem kräftigen, von einem Walmdach abgeschlossenen Volumen die Kreuzung zwischen Stapferstrasse und Seidenstrasse, auf die sich als hauptsächlicher Blickfang ein Ründegiebel mit Krüppelwalmdach wendet. Ursprünglich mit einer Pultdachlaube, einer spitzgiebligen Lukarne und geometrischen Dekorationsmalereien stärker der Reformarchitektur um 1900 zugehörig, erhielt das Gebäude mit einem ebenfalls sorgfältigen Umbau um 1920/30 eine deutlich „heimatlichere“ Erscheinung, wobei vor allem die Fachwerklaube über dem Eingangsvorbau auffällt. Für den wohlhabenden Anwalt Alfred Keller erbaut, bildet die Villa einen wichtigen Zeugen des gehobenen Wohnbaus in Brugg um 1900. Zusammen mit ihrem 1989 entstandenen, sorgfältig gestalteten Anbau (nicht Bestandteil des Schutzumfangs) trägt sie einen wesentlichen Teil zum unverwechselbaren Charakter des Villen- und Einfamilienhausquartiers hinter der Bahnhofstrasse bei.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Die Villa wurde 1906/07 von Architekt Karl Kress erbaut, der zunächst bei Karl Moser in Karlsruhe gearbeitet, seit 1893 dessen Aarauer Zweigbüro geleitet und sich anschliessend dort selbständig gemacht hatte [1]. Bauherr war der wohlhabende, aus Zofingen stammende Anwalt Dr. Alfred Keller, den der spätere Bundesrat Edmund Schulthess zur Entlastung seiner eigenen Anwaltstätigkeit nach Brugg gerufen hatte [2]. Das Gebäude kam an die damals noch spärlich bebaute Stapferstrasse zu liegen, die in jenen Jahren zu einem bevorzugten Wohnort der Brugger Oberschicht wurde [3].
Zu einem nicht genau bekannten Zeitpunkt wurden die Obergeschosslaube sowie einige weitere Details subtil umgestaltet, wodurch der Bau im Vergleich zu seiner ursprünglichen, stärker an der Reformarchitektur eines Karl Moser orientierten Erscheinung ein deutlich „heimatlicheres“ Gepräge erhielt. Nach den vom Art Déco inspirierten Zierformen am Fachwerk der Laube könnte diese Überformung in die 1920er oder 30er Jahre zu datieren sein.
1989 liess durch das Ärztepaar Urech das Haus auf der Nordseite durch einen Anbau für Arztpraxis und Wohnräume erweitern (Architekt René Stoos, Brugg) [4].
Beschreibung:Die Villa erhebt sich an der Ecke zwischen Stapferstrasse und Seidenstrasse und bildet durch ihre prominente Lage wie auch durch ihre bemerkenswerte Gestaltung einen der Hauptakzente des von Villen und grösseren Einfamilienhäusern geprägten Quartiers. Stilistisch ist der Bau zwischen Reformarchitektur und Heimatstil einzuordnen, wobei eine nachträgliche Überformung den „heimatlichen“ Charakter zusätzlich verstärkte. Der zweigeschossige, mit Besenwurf verputzte Mauerbau setzt auf einem Sockel aus grob bossierten Kalksteinquadern auf und wird von einem geknickten Walmdach abgeschlossen. Den Hauptakzent bildet ein leicht aus der Mittelachse versetzter Quergiebelrisalit, der sich nach Süden zur Seidenstrasse wendet und einen markantes Krüppelwalmdach mit verbretterter Giebelründe besitzt. Mit dem seitlich anschliessenden, im Erdgeschoss ummauerten Terrassenvorbau an der Südwestecke des Hauses und der doppelgeschossigen Eingangslaube an der Ostseite verleiht er dem Gebäude trotz seines annähernd rechteckigen Grundrisses eine zeittypische, malerisch-asymmetrische Erscheinung.
In entsprechender Weise werden die Fassaden von einer Vielzahl unterschiedlicher Bauformen belebt. Die nach Süden gerichtete Schaufassade ist im Giebelrisalit mit dreiteiligen Reihenfenstern besetzt, von denen das untere in Übereinstimmung mit den Fenstern des Terrassenvorbaus segmentbogig schliesst, während die seitlichen Wandstücke mit einfachen Rechtecköffnungen besetzt sind. Alle besitzen sorgfältig gearbeitete, gekehlte Muschelkalkgewände. Die Fenster an den übrigen, weniger prominent in Erscheinung tretenden Fassaden sind in bemerkenswert moderner Form zwischen den Hausteinelementen von Sohlbank und Sturz gewändelos in die Wand gesetzt. Ein aufwendiges Portalgewände rahmt demgegenüber den Hauseingang, der auch noch sein wohl bauzeitliches Türblatt besitzt. Der Kniestock ist umlaufend mit Blendfachwerk versehen.
Die Verbretterung des Giebelrisalits ist mit ausgesägten Dreiecksformen und zackenförmig beschnitzten Bügen verziert und rahmt ein grosses Thermenfenster (Halbrundfenster mit vertikaler Unterteilung). Ursprünglich wurde die geometrisch stilisierte Erscheinung noch durch entsprechende Dekorationsmalereien in heller Farbe akzentuiert. Die doppelgeschossige Eingangslaube an der Ostseite ist im Erdgeschoss als massiver Mauerbau mit Rundbogenarkaden konstruiert. Das Obergeschoss war ursprünglich als hölzerne, nur einseitig verglaste Laubenkonstruktion mit Pultdachabschluss ausgeführt. Das originelle Erscheinungsbild wurde durch die stilisierten Würfelkapitelle der Erdgeschossarkaden und wiederum geometrische Dekorationsmalereien an den hölzernen Eckpfosten komplettiert. Vor allem dieser Bauteil erhielt durch die Umgestaltung um 1920/30 ein anderes Gepräge. Das Obergeschoss präsentiert sich seither als geschlossener, walmdachbedeckter Sichtfachwerk-Aufbau mit einem dem Steinbau entlehnten Kranzgesims und auffällig breiten Eckpfosten. Letztere sind ebenso mit Dekorationselementen in Art-Déco-Formen besetzt wie die Pfeiler der Erdgeschossarkaden. Gleichzeitig umgestaltet wurde wohl die über dem Eingangsvorbau thronende Lukarne, die zunächst eine originelle, spitze Dreiecksform besass und sich heute als zurückhaltend gestalteter Walmdachaufbau zeigt. Das Dach war ursprünglich mit Falzziegeln eingedeckt und von Firstknäufen bekrönt. Wohl seit dem Umbau um 1920/30 ist es mit doppelt verlegten Biberschwanzziegeln eingedeckt.
An der Nordseite des Gebäudes schliesst seit 1989 ein Anbau an, der mit Rücksicht auf den Altbau gestalterisch von diesem deutlich abgesetzt ist. Als unabhängiger Baukörper kubisch streng aus Sichtbeton errichtet und mit grossflächigen Verglasungen versehen, ist er auf beiden Geschossen über einen fugenartig ausgebildeten verglasten Korridor mit dem Baukörper der Villa verbunden.
Das Innere des Hauptbaus ist über einen Stichgang und eine innenliegende Halle erschlossen, an die sich auf der rückwärtigen Nordseite das Treppenhaus anschliesst. Beim Umbau von 1989 wurde die Raumstruktur recht weitgehend erhalten, wobei die Verbindung mit dem Anbau über einen Raum neben dem Treppenhaus erfolgt. Im Altbau wie im Anbau umfasst das Erdgeschoss Praxisräume, das Ober- und das Dachgeschoss die Wohnung. (Inneres nicht gesehen; Beschreibung nach Umbauplänen 1989.)
Der Villengarten beeindruckt durch seinen schönen, alten Baumbestand. Die Umfriedung besitzt noch den ursprünglichen Sockel, der im gleichen Kalksteinmaterial aufgemauert ist wie der Sockel des Wohnhauses. Pfosten und Staketen sind verändert. Wohl aus der Zeit des Umbaus um 1920/30 stammen die schönen Gartentore, die mit breiten Rahmen und Balusterformen in origineller Weise Formen des Holzbaus in Blech abwandeln.
Anmerkungen:[1] Pläne im Baugesuchsarchiv; zu Karl Kress (1857-1951) vgl. Oechslin / Hildebrand 2010, Bd. 1, S. 86 u. Bd. 2, S. 407 u. INSA Aarau, S. 92 u. passim.
[2] Zu Alfred Keller vgl. Brugger Neujahresblätter, 1956, S. 68-73; Baumann et al. 2005, Bd. 1, S. 230; Bd. 2, S. 417.
[3] Das Gebiet zwischen Stapfer- und Bahnhofstrasse hiess noch um 1920 „In Gärten“ (Baumann et al. 2005, Bd. 2, S. 505).
[4] Umbaupläne im Baugesuchsarchiv.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), nationale Bedeutung.
Literatur:- Werner Oechslin u. Sonja Hildebrand (Hg.), Karl Moser. Architektur für eine neue Zeit. 1880 bis 1936, 2 Bde., Zürich 2010, Bd. 1, S. 86 u. Bd. 2, S. 407 (zum Architekten).
- INSA. Inventar der neueren Schweizer Architektur. 1850-1920, Bd. 1: Aarau, Altdorf, Appenzell, Baden, Zürich 1984, S. 92 (zum Architekten).
- Max Baumann et al., Brugg erleben, 2 Bde., Baden 2005, Bd. 1, S. 230; Bd. 2, S. 417, 505 (Bauherrschaft und städtebaulicher Kontext).
- Max Banholzer / Peter Bieger, Alt Brugg, Brugg 1984, S. 64 (hist. Aufnahme).
- Dr. Alfred Keller 1876–1955, in: Brugger Neujahresblätter, 1956, S. 68-73.
Quellen:- Stadt Brugg, Baugesuchsarchiv; Baueingabepläne 1906, Umbaupläne 1989.
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=129725
 

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