INV-REI924 Hauptstrasse 19, 1885-1886 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:INV-REI924
Signatur Archivplan:REI924
Titel:Hauptstrasse 19
Ansichtsbild:
1/2
Bildlegende:Ansicht von Nordwesten (2011)
Bezirk:Kulm
Gemeinde:Reinach (AG)
Adresse:Hauptstrasse 19
Versicherungs-Nr.:418
Parzellen-Nr.:1447
Koordinate E:2656256
Koordinate N:1234136
Situationsplan (AGIS):http://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/html/agisviewer.htm?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2656256&y=1234136

Chronologie

Entstehungszeitraum:1885 - 1886
Grundlage Datierung:Brandkataster

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Profane Wohnbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Wohnhaus

Dokumentation

Autorschaft:Rudolf Giger, Reinach
Würdigung:Spätklassizistisches Wohnhaus von 1885-86 mit zugehöriger Gartenanlage und Nebengebäuden. Der sich durch eine interessante volumetrische Gliederung und sorgfältige Gestaltung der Fassaden auszeichnende Bau ist aussen intakt erhalten. Im Innern bewahrt er einige hochwertige Ausstattungsteile wie zweifarbigen Tafelparkett, Täfer, Füllungstüren, das farbige Glasfenster des Entrées und einen Terrazzoboden. Als Wohnhaus des Zigarrenfabrikanten Rudolf Hediger-Strössler (vgl. Bauinventarobjekt REI919) kommt dem Gebäude eine industriegeschichtliche Bedeutung zu. Die Liegenschaft bildet zudem ein wichtiges Pendant zu den drei Villen auf der westlichen Strassenseite, welche ebenfalls für Mitglieder der Tabakunternehmerfamilie Hediger errichtet wurden.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Der Reinacher Baumeister Rudolf Giger erwarb ab 1871 wiederholt Grundstücke, um auf eigene Rechnung Häuser für den Weiterverkauf zu erstellen [1]. Auf diese Weise entstand 1885-86 auch das Wohnhaus an der Hauptstrasse 19, für das sich 1892 Rudolf Hediger-Strössler (1840-1906) als Käufer fand [2]. Hediger-Strössler hatte drei Jahre zuvor mit Samuel Erismann im Alzbach die Zigarrenfabrik "Hediger & Cie." gegründet und war derart erfolgreich, dass der Betrieb schon 1894 durch einen neuen, grösseren Fabrikbau (Alzbachstrasse 33, Bauinventarobjekt REI919) erweitert werden konnte.
Zur Liegenschaft gehörte von Beginn weg auch ein Holz- und Waschhaus, während der Pavillon im Schweizer Holzstil vermutlich etwas später hinzukam. Um 1903 erhielt das Wohnhaus an der Südseite einen Verandaanbau mit Altan [3]. Vermutlich geschah dies als Reaktion auf die zur gleichen Zeit entstandenen Fabrikantenvillen auf der anderen Strassenseite, welche allesamt ähnliche Vorbauten aufwiesen (Bauinventarobjekte REI922 und REI923).
Das Haus ging nach Hediger-Strösslers Tod an die Erben über und gehörte ab 1933 für einige Zeit der Milchverwertungsgenossenschaft Reinach. Heute wird es als Einfamilienhaus vermietet.

Bauliche Veränderungen betreffen v.a. das nachträglich ausgebaute Dachgeschoss und einen der Obergeschossräume, der als Badezimmer eingerichtet wurde.
Beschreibung:Spätklassizistisches Wohnhaus, das sich mit zwei Geschossen unter geradem Satteldach in giebelständiger Ausrichtung zur Hauptstrasse erhebt. Der gut proportionierte Mauerbau ist durch ein kräftiges Gurt- und Kranzgesims sowie Ecklisenen im Zementputz gegliedert. Die ebenfalls von Kranzgesimsen bekrönten und dadurch optisch erhöhten Fenster am Obergeschoss sind zusätzlich durch kassettierte Brüstungen akzentuiert. Schmalseitig sind die beiden Wohngeschosse mit jeweils zwei Fensterachsen versehen, das Dachgeschoss mit einem Zwillingsfenster. Die südseitige Gartenfront zählt vier Fensterachsen. Den beiden östlichen ist im Erdgeschoss eine mit grossen Rundbogenfenstern ausgestattete Veranda mit darüber angelegtem Altan vorgelagert. Über die nördliche Trauffassade zieht sich währenddessen eine gegenüber der strassenseitigen Fassadenflucht leicht eingezogene, angeschleppte Laube, die im Obergeschoss als bretterverschalte Holzkonstruktion gearbeitet ist. Sie wird auf beiden Ebenen durch nordseitige Zwillingsfenster belichtet, während die Tür und das Fenster zum Windfang in der Nordwestecke sich durch eine originelle Form mit stumpfwinkligem oberem Abschluss auszeichnen. Letzteres hat sich samt Sprosseneinteilung und farbigen Gläsern original erhalten. Aus der Bauzeit stammt auch die innere Haustür, welche ein kräftig kassettiertes, historistisches Türblatt aus Eiche mit einem verschnörkelten Fenstergitter besitzt.
Im hinteren Teil beherbergt die Laube den ursprünglichen Treppenaufgang in Form einer gegenläufigen, hölzernen Wangentreppe mit gedrechseltem Staketengeländer. Die Räume, deren Aufteilung im Erdgeschoss geringfügig verändert wurde, sind jeweils über einen Stichgang von der Laube her erschlossen. Von der bauzeitlichen Ausstattung haben sich im Erdgeschoss an der Decke einfaches Brettertäfer mit Felderteilung und an den Wänden gestemmtes Täfer erhalten. Die Böden weisen zweifarbigen Tafelparkett auf, der vor kurzem wieder hervorgeholt, geschliffen und geölt wurde. Die Veranda, der noch die alten Fenster und die zugehörige Tür bewahrt, zeichnet sich durch Täfer mit aufwändig profilierten Füllungen und einen Terrazzoboden mit Rand- und Eckverzierungen aus. Im Obergeschoss haben sich teilweise Gipsdecken mit schlichten Stuckspiegeln sowie alte Füllungstüren erhalten.
Südlich des Hauses erstreckt sich ein baumbestandener Garten, der nach Westen und Süden noch vom bauzeitlichen Schmiedeeisenzaun umfriedet wird. Er bewahrt noch die für das ausgehende 19. und frühe 20. Jh. typischen Gestaltungselemente: ein Pavillon im Schweizer Holzstil (ohne eigene Vers.Nr.) und ein rundes Teichbecken mit zugehörigem Geländer. In der Nordostecke des Grundstücks steht noch ein aus der Bauzeit des Hauses stammende Wasch- und Holzhaus, das nachträglich durch einen Garagenanbau erweiterte wurde.
Anmerkungen:[1] Steiner 1995, S.380, 640.
[2] Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0261-0264: Brandkataster Gemeinde Reinach 1850-1938.
[3] 1903 stieg die Versicherungssumme laut Brandkataster von Fr. 16'000 auf 18'500, die Veranda wurde in der Aufzählung nachträglich ergänzt. - Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0261-0264: Brandkataster Gemeinde Reinach 1850-1938.
Erwähnung in anderen Inventaren:- ICOMOS Liste historischer Gärten und Anlagen der Schweiz, Kanton Aargau, Reinach 4141-12.
- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), regionale Bedeutung.
Literatur:- Peter Steiner, Die Geschichte eines Aargauer Dorfes, Reinach 1964, S. 338 (zur Fabrik).
- Peter Steiner, Reinach. 1000 Jahre Geschichte, Reinach 1995, S. 380, 409 (zur Fabrik), 640 (Vers.Nr. 418).
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0261-0264: Brandkataster Gemeinde Reinach 1850-1938.
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=121966
 

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