INV-REI902 Hotel zum Bären, 1795 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:INV-REI902
Signatur Archivplan:REI902
Titel:Hotel zum Bären
Ansichtsbild:
1/2
Bildlegende:Ansicht von Südosten (2011)
Bezirk:Kulm
Gemeinde:Reinach (AG)
Adresse:Hauptstrasse 64
Versicherungs-Nr.:70
Parzellen-Nr.:1407
Koordinate E:2656341
Koordinate N:1233588
Situationsplan (AGIS):http://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/html/agisviewer.htm?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2656341&y=1233588

Chronologie

Entstehungszeitraum:1795
Grundlage Datierung:Literatur

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Gewerbe-, Industrie- und Dienstleistungsbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Hotel, Badhotel, Kurhaus

Dokumentation

Inschriften:"HR F 1795" (Schlussstein Haupteingang); "ANO 1695 RV HZ" (Kellereingang)
Würdigung:Das Hotel "Bären" ist ein stattlicher Landgasthof, der 1795 über den Grundmauern einer seit 1599 bestehenden Taverne errichtet wurde. Am Hochparterre und am ersten Obergeschoss haben sich die spätbarocken Fenster- und Portalformen erhalten, während das nach einem Brand von 1868 wieder aufgebaute Dachgeschoss samt Quergiebeln in biedermeierlichen Formen gestaltet ist. Als markanter, platzdefinierender Eckbau ist der "Bären" für das Ortsbild von grosser Bedeutung.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Die Existenz des Gasthofs "Bären" lässt sich bis ins Jahr 1599 zurückverfolgen. Damals hatte der Reinacher Müller Hans Hauri von der Berner Regierung die Erlaubnis erwirkt, eine aus Stein gebaute Taverne zu erstellen und "zu einem schilt den bären hinuss ze henkhen". Das Tavernenrecht umfasste auch ein Metzger- und Bäckerrecht für den Hausgebrauch. Hauri verpachtete den "Bären" an auswärtige Wirte. Nach verschiedenen Handänderungen gelangte die Taverne um 1660 in den Besitz von Ruedi Heitz, dem Sohn des früheren Sternenwirtes in Menziken. Durch Konkurs verlor die Familie Heitz, die über drei Generationen hinweg gewirtet hatte, den "Bären" 1738. Es folgten weitere Besitzerwechsel, und ab 1765 gehörte das Gasthaus für kurze Zeit der Gemeinde Reinach. 1771 erwarb Albrecht Effinger, Herr zu Wildegg, das Gasthaus. 1789 ging es an den Untervogt und Müller Rudolf Fischer über, der 1795 auf den Grundmauern des alten Gasthauses einen Neubau erstellen liess (vgl. Türsturzinschrift "HR F 1795"). Bis zum Ende der Berner Herrschaft blieb der "Bären" die einzige Taverne Reinachs und hatte, was das Beherbergungsrecht anbelangt, bis 1897 eine Monopolstellung. 1835 aber erwuchs dem "Bären" Konkurrenz durch eine Speisewirtschaft, in der ebenfalls alle warmen Speisen serviert werden durften, nicht nur Würste, Fische und Eier wie in den Pintenwirtschaften [1].
1868 brannte das "zweistöckige[s] Wohnhaus mit gewölbtem Metzg-Gasthof zum Bären von Mauer mit 2 gewölbten und 3 Tremkellern unter Ziegeldach" teilweise ab, wobei auch ein "zweistöckiges Gebäude mit Gastscheune, Tanzsaal, Knechtenkammer, Remise nebst einem Zwischenbau und doppelter Laube" zu Schaden kam. Der damalige Besitzer, Gottlieb Buhofer, liess Gasthaus und Nebengebäude (abgebrochen) wieder aufbauen, wobei beim Gasthaus vor allem das Dachgeschoss ersetzt werden musste. Erneuert wurde damals auch die Befensterung der Rückfront [2].
1952-53 erfuhr das Hotel "Bären" im Inneren eine durchgreifende Renovation, bei der im nördlichen Gewölbekeller ein Sod entdeckt wurde, der früher vermutlich die Wasserversorgung der Taverne sicherstellte. In den 1980er Jahren wurde erneut modernisiert (gemäss Kurzinventar). Eine Strassenkorrektur hatte zur Folge, dass in die strassenseitige Giebelfront eine Fussgänger-Passage eingebaut werden musste.
Das an der westlichen Giebelseite angebaute Wohn- und Geschäftshaus stammt wohl aus der Zeit um 1900. (vgl. historische Ansicht Bilddokumentation).
Beschreibung:Langgestreckter Baukörper, der sich aus dem eigentlichen "Bären" im Osten und einem jüngeren Wohn- und Geschäftshausanbau im Westen zusammensetzt:
Das Gasthaus ist ein zweigeschossiger Mauerbau unter geradem Satteldach mit zentralem, dreiachsigem Quergiebel auf der Vorder- und Rückseite. Es präsentiert sich von Süden her als prominenter, giebelständig zur Hauptstrasse errichteter Eckbau, welcher den Lindenplatz zusammen mit dem Gemeindehaus (Bauinventarobjekt REI901) und dem Bankgebäude (REI903) massgebend prägt. Die platzseitige Schaufassade weist an den beiden Hauptgeschossen sieben Fensterachsen mit stichbogigen Gewänden und wulstigen Gesimsen aus Muschelkalk auf. Auch das Gewände des nicht axial gelegenen und über eine mächtige, zweiläufige Freitreppe zu erreichenden Haupteingangs ist aussen stichbogig ausgeschnitten und aus Muschelkalk gearbeitet. Am Schlussstein findet sich die Jahreszahl "1795" mit den Initialen "HR F" des damaligen Bauherrn, Johann Rudolf Fischer. Das schmiedeeiserne Wirtshausschild mit den spiralförmig gedrehten Ranken, welches einen vergoldeten Bären und darüber ein weisses Kreuz auf rotem Grund zeigt, könnte aus derselben Zeit stammen. Das nach dem Brand von 1868 erneuerte und mit hohen Rechtecklichtern und gekuppelten Bogenfenstern in den Giebelfeldern ausgestattete Dachgeschoss setzt sich in spätklassizistisch-biedermeierlichem Stil vom darunter liegenden Teil ab. Ein typisches Merkmal dieser Zeit sind auch die querrechteckigen Kniestockfenster unter der Dachtraufe.
Die Gebäudefundamente mit den tonnengewölbten Kellern gehen möglicherweise noch auf den Ursprungsbau von 1599 zurück. Am gefasten Stichbogentürsturz zum einen Gewölbekeller findet sich noch die Inschrift "ANO 1695 RV HZ". Sie bezieht sich auf Ruedi Heitz, der um 1660 in den Besitz des "Bären" gelangt war und 1695 offenbar grössere Umbauten vorgenommen hatte.

Das Wohn- und Geschäftshaus, das seit der Zeit um 1900 den westlichen Abschluss zur Breitestrasse bildet, fügt sich mit einem geraden Satteldach (Pfettenrafendach) unter gleich hohem, jedoch quer zum "Bären" gerichtetem First an den Hauptbau. Es besteht aus einer nur als Halbgeschoss zutage tretenden Ladenzone, einem hohen Hochparterre, einem etwas niedrigeren Obergeschoss und einem ausgebauten Dachgeschoss mit zentralem Quergiebel über einem Mittelrisalit zur Breitestrasse. Der Sockel ist durch eine effektvolle Putzquaderung und ein Gesims von der übrigen Fassade abgesetzt. Ein Gurtgesims zwischen den beiden Hauptgeschossen und Eckpilaster mit Diamantschnittquadern gliedern und rahmen den Baukörper. Die Fenster des Hochparterres werden von Kranzgesimsen bekrönt, während das darüber liegende Geschoss Überfangbögen mit Backsteinoptik zeigt. Die Fenster- und ehemaligen Türöffnungen am Sockel werden von stichbogigen Gewänden mit historisierenden Hohlkehlen eingefasst. Eingang über die stark veränderte und durch Anbauten erweiterte Rückseite.
Anmerkungen:[1] Steiner 1995, S. 138-139, 382-383.
[2] Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0261-0264: Brandkataster Gemeinde Reinach 1850-1938.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), regionale Bedeutung.
Literatur:- Peter Steiner, Reinach. Die Geschichte eines Aargauer Dorfes, Reinach 1964, S. 161-162, 327-328.
- Peter Steiner, Reinach. 1000 Jahre Geschichte, Reinach 1995, S. 138-139, 382-383.
- F. Hunziker-Härry und G. Gautschi, in: Bericht der Historischen Vereinigung Wynental, 1954, S. 12-13, 25-26 (zur Gründung des "Bären" 1599).
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0261-0264: Brandkataster Gemeinde Reinach 1850-1938.
- Historische Vereinigung Wynental, Fotoarchiv.
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=121944
 

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