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Chronologie |
Entstehungszeitraum: | approx. 1920 |
Grundlage Datierung: | Bildquelle; Brandkataster |
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Typologie |
Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.): | Einzelobjekt |
Nutzung (Stufe 1): | Profane Wohnbauten |
Nutzungstyp (Stufe 2): | Mehrfamilienhaus |
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Dokumentation |
Würdigung: | Am ursprünglichsten erhaltener Vertreter von vier typgleichen Zweifamilienhäusern, welche 1919/20 von der Baugenossenschaft Fislisbach & Umgebung zuoberst am Buchhang erstellt und im Anschluss bis 1964 von der Firma Brown Boveri & Cie. an ihre Angestellten vermietet wurden. Die Häuser verkörpern in kleinem Massstab die noch unter dem Einfluss des Heimatstils stehende Vorstellung vom idealen Wohnen am Siedlungsrand und machen von traditionellen Bauformen Gebrauch. Das weitgehend intakte Ensemble ist vermutlich die erste in Fislisbach entstandene "Wohnsiedlung", die auf genossenschaftliches Bauen zurückgeht. Sie hat damit nicht nur Zeugenwert für das Wachstum der BBC im ersten Viertel des 20. Jahrhundert sondern auch für die damit einhergehenden Bestrebungen zur Schaffung von Wohnraum. Die bogenförmig angelegte Häuserreihe entfaltet aufgrund der erhöhten Lage und vor dem Hintergrund des Buchwalds eine weitreichende ortsbildprägende Wirkung. |
Bau- und Nutzungsgeschichte: | Das Wohnhaus wurde zusammen mit den drei Nachbargebäuden Waldesruhstrasse 4, 6 und 10 als vierteiliges Ensemble um 1919/20 errichtet und gehört zu den ersten Bauprojekten, die durch die damals noch junge Baugenossenschaft Fislisbach & Umgebung realisiert wurden [1]. Die Baugenossenschaft bezweckte die nicht gewinnorientierte Erstellung von Wohnhäusern, sie erwarb dafür die Bauplätze und vermietete oder verkaufte anschliessend die erstellten Objekte. Ihre Gründung wurde 1919 in "Die Schweizerische Baukunst" zustimmend kommentiert, da sich die Wohnungsnot durch die Nähe zum Industriestandort Baden auch in den angrenzenden ländlichen Gemeinden zugespitzt hatte [2]. Alle vier Häuser wurden unmittelbar nach ihrer Fertigstellung von der "Baugesellschaft Stein" erworben, die 1908 von der Firma Brown Boveri & Cie. ins Leben gerufen worden war [3]. Diese Gesellschaft erstellte bis 1912 vor allem in Baden an der Burghalde und am Martinsberg villenartige Beamtenhäuser, die sie vergleichsweise günstig vermietete. 1923 wurde die Gesellschaft wieder aufgelöst und die Liegenschaften gingen in den Besitz der BBC über [4]. 1964 wurden alle Häuser von der BBC abgestossen und an Private verkauft [5]. Das Haus Waldesruhstrasse 8 dürfte gemäss äusserem Eindruck von allen vier Häusern noch den grössten Anteil an historischer Substanz aufweisen. Umbauten sind keine bekannt. |
Beschreibung: | Die vier direkt unter dem Waldrand nebeneinander aufgereihten Wohnhäuser fügen sich in einem leichten Bogen ins Gelände des Buchbergs und blicken über das Gemeindehaus hinweg Richtung Westen. Aufgrund ihrer erhöhten Lage und Ensemblewirkung treten sie auffällig in Erscheinung. In Aufbau und Gestaltung folgen alle demselben Grundprinzip, das durch spätere Umbauten eine gewisse Variation erfahren hat. Der kompakte, über quadratischem Grundriss erstellte Mauerbau verfügt über zwei Wohngeschosse, von welchen das obere zur Hälfte in den Dachbereich eingreift. Das geknickte, mit Gehrschilden abschliessende Satteldach weist beidseitig abgewalmte Zwerchgiebel auf, welche die Traufe durchbrechen und zwei Fensterachsen aufnehmen. Die holzverschalten Dachuntersichten bilden eine Hohlkehle. Nach Westen ist stirnseitig ein zweigeschossiger Wintergarten vorgemauert, über welchen ein Klebdach hinwegführt. Auf der gegenüber liegenden Rück- und Eingangsseite befindet sich anstelle des Klebdachs eine durchlaufende Laube mit ausgesägten Flachbalustern. Das Giebelfeld ist als Sichtfachwerk ausgebildet. Jede Fassade zeigt eine achsensymmetrische Anordnung der Tür- und Fensteröffnungen. Die Mauern tragen noch den bauzeitlichen groben Kellenwurfputz und werden von glatt gestrichenen Ecklisenen gerahmt, welche oben mit einem kleinen Wulst abschliessen. Die Fenster- und Türgewände bestehen wie zu dieser Zeit üblich aus Zement. Daran sind noch die bauzeitlichen Fensterläden befestigt, welche in den unteren beiden Wohngeschossen als kassettierte Jalousieläden, im Dachbereich als einfache Bretterläden gestaltet sind. Teilweise sind auch die originalen gesprossten Fenster vorhanden, welche im Dachgeschoss eine Unterteilung mit Kämpfer und Oberlicht aufweisen. Das originale Türblatt ist mit Füllungen und zwei einfachen Fenstergittern ausgestattet. Das Innere ist nur aus wenigen Fotografien bekannt. Durch den rückwärtig angelegten Hauseingang gelangt man ebenerdig in ein schmales Treppenhaus. Die Holztreppe ist platzsparend, ohne Zwischenboden um die Ecke nach oben geführt und besitzt ein Geländer mit zwiebelförmigen Pfostenabschlüssen und gedrechselten Staketen. Zweiflüglige Türen mit teilweise farbigen Glaseinsätzen trennen die Wohnungen ab. In jeder Stockwerkswohnung sind jeweils vier Räume (inkl. Küche im Nordosten, wo vermutlich später noch ein Badezimmer eingebaut wurde) und eine Toilette um einen zentralen Vorraum angeordnet. Die Böden weisen zumindest teilweise noch altes Riemenparkett aus Eiche auf. Das Wohnzimmer im Nordwesten besitzt jeweils ein holzsichtiges Brusttäfer und einen Zugang zum Wintergarten. Die Tür- und Fensterrahmen zeichnen sich durch originell geschweifte "Sturzbekrönungen" und gerundete Seitenabschlüsse aus (vgl. auch Bauinventarobjekt FIB915), vermutlich sind sie die Spezialität eines lokalen Handwerkers. Die dazugehörenden Türblätter sind mit vier Füllungen gefertigt. Das teilausgebaute Dachgeschoss besitzt nach Westen zwei bauzeitliche Mansarden und nach Osten einen Ausgang auf die Laube [6]. Der Keller tritt talseitig als hohe Sockelzone zutage und verfügt dort über einen direkten Gartenausgang. |
Anmerkungen: | [1] Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0044: Brandkataster Gemeinde Fislisbach 1899-1938. – Vgl. auch das Bauinventarobjekt FIB915. [2] Die Schweizerische Baukunst 1919, Bd. 11, S. 180. [3] Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0044: Brandkataster Gemeinde Fislisbach 1899-1938. [4] INSA 1984, Bd. 1, S. 424. [5] Gemäss Auskunft Eigentümer Waldesruhstrasse 6. [6] Gemäss Fotodokumentation von Hr. Siegl und Kenntnissen aus den Nachbarhäusern. |
Erwähnung in anderen Inventaren: | - Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), lokale Bedeutung. |
Literatur: | - Bund Schweizer Architekten (Hg.), Die Schweizerische Baukunst. Zeitschrift für Architektur, Baugewerbe, Bildende Kunst und Kunsthandwerk, Jahrgang 1919, Heft XI, S. 180. - Hanspeter Rebsamen/Peter Röllin/Werner Stutz, INSA: Inventar der neueren Schweizer Architektur, 1850-1920. Städte, Bd. 1, Bern 1984. |
Quellen: | - Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0044: Brandkataster Gemeinde Fislisbach 1899-1938. |
Reproduktionsbestimmungen: | © Kantonale Denkmalpflege Aargau |
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URL for this unit of description |
URL: | http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=121339 |
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