11.2.2 Kürzung von Sozialhilfeleistungen unter die Existenzsicherung und Einstellung von Sozialhilfeleistungen bei Nichtbefolgung von Auflagen und Weisungen
Die Kürzung der materiellen Hilfe unter die Existenzsicherung und die gänzliche Einstellung von Sozialhilfeleistungen bilden den letzten Schritt und damit die härteste Sanktion im Sozialhilferecht.
Die Gemeinde kann die Sozialhilfe unter die Existenzsicherung kürzen oder ganz einstellen, wenn die unterstützte Person den Auflagen und Weisungen in schwerwiegender Weise zuwiderhandelt, namentlich wenn sie sich nicht um zumutbare Arbeit bemüht oder die Teilnahme an einem zumutbaren nicht entlöhnten Bildungs- oder Beschäftigungsprogramm verweigert (§ 13b Abs. 2 SPG).
Eine Kürzung von Sozialhilfeleistungen unter die Existenzsicherung oder eine Einstellung von Sozialhilfeleistungen setzt voraus, dass die unterstützte Person in schwerwiegender Weise den Auflagen und Weisungen zuwiderhandelt. Nicht jeder Verstoss gegen Auflagen und Weisungen zieht eine Kürzung unter die Existenzsicherung oder die gänzliche Einstellung der materiellen Hilfe nach sich. Die unterstützte Person muss durch die Zuwiderhandlung von Auflagen und Weisungen eine Notlage bewusst und willentlich herbeiführen oder aufrechterhalten und dabei gleichzeitig beabsichtigen, in den Genuss von materieller Hilfe zu gelangen. Neben der Weigerung, sich um zumutbare Arbeit zu bemühen oder an einem zumutbaren nicht-entlöhnten Bildungs- oder Beschäftigungsprogramm teilzunehmen, kann auch ein anderes Verhalten zur teilweisen oder gänzlichen Einstellung der Sozialhilfeleistungen führen. Dabei gilt es zu beachten, dass ein solches anderes Verhalten mit den genannten gesetzlichen Beispielen vergleichbar sein muss. Die Leistungskürzung unter die Existenzsicherung oder die Leistungseinstellung müssen stets verhältnismässig sein und die Gemeinde muss bei ihrem Entscheid die berechtigten Interessen von Kindern in der Unterstützungseinheit berücksichtigen (§ 13b Abs. 4 SPG).
Eine Kürzung unter die Existenzsicherung oder die gänzliche Einstellung von Sozialhilfeleistungen ist nur zulässig, wenn mindestens eine vollstreckbare Leistungskürzung aus dem gleichen Grund bereits erfolgt ist. Die Leistungskürzung wiederum setzt voraus, dass die betroffene Person Auflagen und Weisungen, die ihr nach § 13 SPG gemacht worden sind, verletzt hat (vgl. § 13b Abs. 1 SPG). Schliesslich sind die Kürzung unter die Existenzsicherung und die gänzliche Einstellung erst dann möglich, wenn die Gemeinde der betroffenen Person unter Androhung der Folgen bei Missachtung eine angemessene Frist zur Erfüllung der Auflagen und Weisungen angesetzt hat und diese Frist verstrichen ist, ohne dass die betroffene Person ihrer Pflicht nachgekommen ist (§ 13b Abs. 3 lit. b SPG).
Bei einer Kürzung unter die Existenzsicherung oder eine Einstellung von Sozialhilfeleistungen gestützt auf § 13b Abs. 2 SPG gilt dennoch der verfassungsmässige Anspruch auf Hilfe in Notlagen gemäss Art. 12 BV (§ 13b Abs 5 SPG). Das heisst, dass die betroffene Person trotz sanktionsweiser Einstellung der materiellen Hilfe nach kantonalem Recht beziehungsweise gemäss Sozialhilfe- und Präventionsgesetz dennoch einen Anspruch auf Hilfe in Notlagen hat. Im Fall einer aktuellen und tatsächlichen Notlage ist auch bei der gänzlichen Einstellung von Sozialhilfeleistungen ein vollständiger Entzug der Unterstützung nicht zulässig. Die Gemeinde muss der betroffenen Person demnach zumindest Zugang zu Obdach, Nahrung, Kleidung und medizinischer Grundversorgung gewähren (vgl. Kapitel 4.3 Hilfe in Notlagen). Die Hilfe in Notlagen kann auch in Form von Sachleistungen erbracht werden (vgl. BGE 142 I 1 E. 7.2.5).
Diese Pflicht zur Hilfe in Notlagen gilt hingegen nicht, wenn die Gemeinde die Sozialhilfe gestützt auf § 5a SPG kürzt oder einstellt. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn die betroffene Person das Subsidiaritätsprinzip verletzt, indem sie die Annahme einer ihr möglichen, zumutbaren und konkret zur Verfügung stehende Arbeit verweigert. Das Subsidiaritätsprinzip gilt auch für die Hilfe in Notlagen nach Art. 12 BV (vgl. BGE 142 I 1 E. 7.2.2 sowie Kapitel 11.3 Kürzung und Einstellung mangels nachgewiesener Bedürftigkeit oder wegen Verletzung der Subsidiarität).