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1.3 Grundsätze in der Sozialhilfe

1.3.4 Individualisierung

Der Individualisierungsgrundsatz verpflichtet die Gemeinde, bei der Hilfeleistung sowohl die Ziele der Sozialhilfe im Allgemeinen als auch die persönlichen Bedürfnisse der unterstützten Person im Besonderen zu berücksichtigen (§ 5 Abs. 2 SPG). Die Gemeinde muss die Sozialhilfeleistungen der besonderen wirtschaftlichen, persönlichen und sozialen Situation der betroffenen Person anpassen und den Bedarf jeder Person individuell berechnen. Die zuständige Gemeinde kann beispielsweise mittels situationsbedingter Leistungen dem individuellen Bedarf der unterstützten Person Rechnung tragen (vgl. Kapitel 8 Situationsbedingte Leistungen).

Es gibt keine absolute Maximalgrenze für den anrechenbaren Bedarf. Dennoch sind dem Individualisierungsprinzip zwei Grenzen gesetzt: Es gilt zum einen das Gebot der angemessenen Hilfe, wonach unterstützte Personen nicht besser zu stellen sind als Personen, die keinen Anspruch auf Sozialhilfe haben. Zum anderen liegt eine Grenze des Individualisierungsprinzips im Gebot der Gleichbehandlung (vgl. Kapitel 1.1.5 Rechtsgleichheit). Personen mit dem gleichen individuellen Bedarf sind deshalb gleich zu behandeln. Die Gemeinden sind insbesondere gefordert, auf die Gleichstellung der Geschlechter zu achten (vgl. SKOS-Richtlinie A.2. Ziele der Sozialhilfe).

Das Individualisierungsprinzip gilt explizit auch für unterstützte Kinder. Gerade in Fällen, in denen die Kinder gemeinsam mit ihren Eltern in der Sozialhilfe sind, muss die Gemeinde nebst den Bedürfnissen der Eltern auch jene der Kinder individuell klären. Die SKOS-Richtlinien halten diesbezüglich fest, dass der Förderung und Entwicklung der Kinder und Jugendlichen besondere Aufmerksamkeit zu widmen ist (siehe SKOS-Richtlinie A.2. Ziele der Sozialhilfe Abs. 4). Diese erhöhten Anforderungen an das Individualisierungsprinzip stehen im Einklang mit dem verfassungsmässigen Anspruch der Kinder auf besonderen Schutz und besondere Förderung (Art. 11 Abs. 1 BV).

Besondere Bedeutung kommt alsdann der Art der Hilfe zu. Je nach persönlicher Situation können Beratung, Betreuung, Vermittlung von Dienstleistungen oder materielle Hilfe im Vordergrund stehen. Die Hilfe soll geeignet sein, der Sozialhilfebedürftigkeit vorzubeugen sowie die wirtschaftliche und persönliche Selbständigkeit von hilfebedürftigen Personen durch geeignete Massnahmen zu fördern, zu erhalten oder wiederherzustellen (§ 1 Abs. 1 SPG).

Das Individualisierungsprinzip ist ferner im Zusammenhang mit den Mitwirkungspflichten der betroffenen Personen gemäss § 2 SPG und den daran anknüpfenden Auflagen und Weisungen im Sozialhilfeverfahren zu beachten (vgl. Kapitel 1.3.3 Mitwirkungspflichten und Kapitel 11.1 Auflagen und Weisungen). Die individuellen Fähigkeiten der betroffenen Person sind massgebend für die Frage, welche Anforderungen an ihr Mitwirken die Gemeinde stellen kann.