Naturgefahren im Bereich Massenbewegung (Felsstürzen,- und Steinschlag, Rutschungen, Hangmuren und Absenkungen)
Gravitative Naturgefahren im Bereich Massenbewegungen werden durch Prozesse wie extreme Witterung oder Erschütterungen ausgelöst. Entscheidend nebst der Hanglage ist auch der Untergrund: Undurchlässige Schichten können als Stauer und letztendlich als Gleitflächen fungieren.
Die Kantone und Gemeinden sind vom Bund verpflichtet, den Schutz vor Naturgefahren bei der Raumplanung miteinzubeziehen. Es gilt das Risiko, das heisst ein Mass für die Wahrscheinlichkeit, dass ein natürlich ausgelöster Prozess tatsächlich Schaden anrichtet, zu minimieren. Das Risiko schliesst einerseits die Wahrscheinlichkeit einer Naturgefahr in einem Gebiet, andererseits das Ausmass der verursachten Schäden an Infrastrukturanlagen, Bauwerke oder Personen mit ein.
Die Gemeinden treffen zur Sicherheit vor lokalen Naturgefahren die erforderlichen planerischen, rechtlichen und baulichen Vorkehrungen.
Erhebung von Grundlagedaten
Die Kantone erarbeiten die Grundlagen für den Schutz vor Naturereignissen, insbesondere Gefahrenkataster und Gefahrenkarten. Bei der Erhebung der Grundlagen berücksichtigen sie die von den Fachstellen des Bundes durchgeführten Arbeiten und aufgestellten technischen Richtlinien. Die Kantone berücksichtigen die Grundlagen bei allen raumwirksamen Tätigkeiten und erarbeitet daraus aussagekräftige Gefahrengrundlagen, die in den nachgelagerten Verfahren als Planungsgrundlagen beizuziehen sind, insbesondere in der Richt- und Nutzungsplanung.
Zur Eruierung der Gefahrengebiete und um sich vor Risiken schützen zu können, müssen diese zuerst erkannt und dann bewertet werden. Als wichtige Grundlagen dienen dabei Ereigniskataster, Gefahrenhinweiskarte, Gefahrenkarten und Schutzzielmatrix.
Naturereigniskataster
Der Naturereigniskataser ist seit Oktober 2020 online verfügbar. Der Datensatz zeigt alle bekannten und stattgefundenen Naturereignisse im Bereich Hochwasser und Massenbewegung (Rutschung, Sturz und Absenkungen). Der Ereigniskataster wird laufend aktualisiert und historische Ereignisse werden nachgeführt. Der Kataster erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die Karte wird nach neuen Ereignissen nachgeführt.
Online Karte Naturereigniskataster(öffnet in einem neuen Fenster)
Haben Sie Naturereignisse (Rutschungen, Sturzprozess, Steinschlag, Murgänge, usw.) beobachtet? Diese können Sie an die zuständigen Fachstellen der Kantone melden.
Gefahrenhinweiskarte Massenbewegung
Die Anfang 2022 fertig erstellte "Gefahrenhinweiskarte im Bereich Massenbewegungen" gibt einen umfassenden Überblick hinsichtlich einer möglichen Gefährdung durch gravitative Naturgefahren wie Sturzprozesse (z. B. Steinschlag), Rutschprozesse (z. B. Hangrutsch sowie Hangmuren) und Einsturz und/oder Absenkungen (z. B. Dolinen).
Die Gefahrenhinweiskarte Massenbewegung ist eine Karte im Massstab 1:10'000, die aus folgenden Parametern erstellt wurde: Hangneigung, Exposition und geologischer Untergrund.
Die Gefahrenhinweiskarte Massenbewegungen zeigt an, wo zukünftig (mögliche) Schadensereignisse auftreten können. Die Karte sagt jedoch nichts über das konkrete Ausmass und die Häufigkeit einer Gefährdung aus und mit welcher Intensität ein Ereignis auftritt und kann nicht als Ersatz für lokale, bezogene Gutachten mit Aufschlussuntersuchungen herangezogen werden. Die Gefahrenhinweiskarte ist nicht parzellenscharf und nicht grundeigentümerverbindlich.
Online Karte Gefahrenhinweiskarte Massenbewegungen(öffnet in einem neuen Fenster)
Technischer Bericht NGHK vom 17.02.2023 (PDF, 32 Seiten, 3,2 MB)
Gefahrenkarten Massenbewegung
Gefahrenkarten sind das Ergebnis der Gefahrenbeurteilung. Diese bilden die Basis für die Ausscheidung von Gefahrenzonen in der Nutzungsplanung und für Auflagen im Rahmen der Baubewilligungsverfahren. Zum Endprodukt gehören neben den eigentlichen Karten, welche die Gefahrenstufen gebietsweise zeigen, ein erläuternder Bericht und die entsprechenden Intensitätskarten. Diese zeigen, wo im Kanton Aargau Siedlungen und Verkehrswege durch Rutschungen und Sturzprozesse bedroht sind. Zudem sind Gefahrenkarten wichtig zur Sensibilisierung der Bevölkerung bezüglich Naturgefahren. Die Gefahrenkarte ist parzellenscharf und Behördenverbindlich.
Auf Basis der Gefahrenhinweiskarte Rutschungen und Sturzereignisse wurden für drei Pilotregionen detailliertere Gefahrenkarten erarbeitet. Für die drei Regionen Zurzach-Döttingen, Bergdietikon und Rothrist, Vordemwald und Strengelbach wurden Gefahrenkarten für die Prozesse permanente Rutschungen, spontane Rutschungen / Hangmuren, Sturz und falls vorhanden Absenkung/Einsturz erstellt.
Online Karte Gefahrenkarte Massenbewegungen(öffnet in einem neuen Fenster)
Technischer Bericht Gefahrenkarte Rothrist Vordemwald Strangelbach 2024 (PDF, 90 Seiten, 67,8 MB)
Technischer Bericht Gefahrenkarte Döttingen Zurzach 2025 (PDF, 203, 37,4 MB)
Technischer Bericht Gefahrenkarte Bergdietikon 2025 (PDF, 100 Seiten, 19,5 MB)
Umsetzung in die Nutzungsplanung (Richtplan, Stand 2011)
Gemäss den Beschlüssen des Richtplantext L 1.4) Schutz gegen gravitative Naturgefahren (Massenbewegungen) von 2011, treffen die Gemeinden zur Sicherheit vor lokalen Naturgefahren die erforderlichen planerischen, rechtlichen und baulichen Vorkehrungen. Sie scheiden dort Schutzwald aus, wo Wälder Schutzwirkung gegen gravitative Naturgefahren haben und zu deren Aufrechterhaltung spezielle Massnahmen nötig sind.
Beim Erlass und bei Änderungen von Nutzungsplänen klären die Gemeinden die Gefährdungssituation bezüglich Steinschlag und Hang- und Bodenbewegungen ab und stellen sicher, dass die Zonen- und Bauvorschriften die erforderlichen Massnahmen enthalten und die Baubewilligungsbehörden bei Hangneigungen ab 12° und/oder bei anderweitig bekannten Gefährdungssituationen besondere Abklärungen veranlassen können.
Umsetzung im Baubewilligungsverfahren
Das Baugesetz verlangt, dass eine Baubewilligung erst dann erteilt wird, wenn die Bauten und Anlagen genügend vor Naturgefahren geschützt sind.
Die Schutzzielmatrix zeigt differenziert nach Objektkategorie auf, welcher Schutz vor Naturgefahren im Bereich Massenbewegungen zu erreichen ist.
Wo keine Gefahrenkarten im Bereich Massenbewegungen vorhanden sind, soll die Gefahrenhinweiskarte in Verbindung mit dem Ereigniskataster zusammen einen klaren Hinweis geben, wo innerhalb und im Umkreis von Siedlungen und Infrastrukturanlagen Abklärungen sinnvoll und zweckmässig erscheinen und wo ausserhalb dieser Gebiete mit hoher Schutzgüterdichte bei Baugesuchen Abklärungen zur Gefährdung durch Rutsch- und/oder Sturzprozesse verlangt werden sollten. Die Gefahrenhinweiskarte soll vor allem zu einer Vereinfachung und Beschleunigung von Planungs- und Baubewilligungsverfahren führen. Ausserdem erlaubt sie den Behörden, ihren Auftrag aus §52 Abs. 1 und 3 BauG (Baugesetz) zu erfüllen.
Schutzzielmatrix im Bereich Massenbewegungen (PDF, 1 Seite, 39 KB)
Hangrutschungen vom 8. Juli 2017
Am Samstagnachmittag, 8. Juli 2017, trafen aussergewöhnlich starke Niederschläge das Gemeindegebiet von Zofingen/Oftringen und das Uerketal. Es fiel innerhalb von drei Stunden ein Gebietsniederschlag von rund 80 Millimetern. Der ausserordentliche Niederschlag führte insbesondere in der Region Uerkheim und Zofingen zu Überschwemmungen, Rutschungen und in der Folge zu hohen Schäden.
Allein in Bottenwil ereigneten sich mehr als 10 Hangrutschungen. Das Gelände weist generell mittlere Hangneigungen von 30 Grad auf. Lokal wurden die Rutschungen aber durch konzentriert abgeleitetes Oberflächenwasser begünstigt.
Gemäss dem geologischen Atlas der Schweiz kommen im Bereich der betroffenen Gemeindegebiete Sedimente der Oberen Meeresmolasse (OMM) vor, die von einer geringmächtigen Quartärüberdeckung überlagert werden.
Artikel UMWELT AARGAU
- Hangrutsch in Villnachern, Artikel UMWELT AARGAU Nr. 74, Mai 2017 (PDF, 4 Seiten, 3,9 MB)
- Wenn ein Küttiger Berg nach Aarau strebt. Artikel UMWELT AARGAU, Sondernummer 20, August 2005 (PDF, 2 Seiten, 657 KB)
Weiterführende Links
- Aktuelle Naturgefahrensituation in der Schweiz(öffnet in einem neuen Fenster)
- Naturgefahrenprävention Bundesamt für Umwelt(öffnet in einem neuen Fenster)
- Nationale Plattform Naturgefahren (PLANAT)(öffnet in einem neuen Fenster)
- Fachleute Naturgefahren Schweiz (FAN)(öffnet in einem neuen Fenster)
- Aargauische Gebäudeversicherung(öffnet in einem neuen Fenster)