1. Ausgangslage und strategischer Rahmen
Historische Verkehrswege sind durch historische Dokumente oder durch ihr traditionelles Erscheinungsbild im Gelände belegbare Verbindungen früherer Epochen. Die Erhaltung ihrer Substanz leistet einen bedeutenden Beitrag zur Landschaftsqualität und zur Erschliessung der Naherholungsgebiete. Das Inventar der historischen Verkehrswege der Schweiz (IVS) bildet die Gesamtheit aller inventarisierten historischen Verkehrswege. Es erfasst die Wege und deren Wegbegleiter und umfasst alle Objekte von nationaler, regionaler und lokaler Bedeutung. Ziel des IVS ist, diese wichtigen Zeitzeugen zu erhalten und zu pflegen. Dabei unterscheidet das Inventar zwischen den drei Kategorien "historischer Verlauf mit viel Substanz", "historischer Verlauf mit Substanz" sowie "historischer Verlauf". Die letzte Kategorie umfasst historische Wegverbindungen, die über keine oder nur noch geringe Substanz verfügen, und dient in erster Linie dazu, den räumlichen und historischen Gesamtzusammenhang des Wegnetzes und seiner Objekte aufzuzeigen. Das eigentliche Bundesinventar der historischen Verkehrswege der Schweiz – ein Inventar nach Art. 5 Bundesgesetz über den Natur- und Heimatschutz (NHG) – umfasst dahingegen ausschliesslich historische Verkehrswege von nationaler Bedeutung mit sichtbarer historischer Bausubstanz.
Nach aargauischem Recht gelten historische Verkehrswege als Kulturgüter gemäss § 23 Kulturgesetz (KG) und § 23 Verordnung zum Kulturgesetz (VKG). Kanton und Gemeinden sorgen im Rahmen ihrer Zuständigkeiten für die Erhaltung und Pflege dieser Kulturgüter und nehmen bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben auf diese Rücksicht (§ 25 KG). Die Umsetzung des IVS erfolgt im Rahmen der allgemeinen Nutzungsplanung (Richtplankapitel S 1.5 > Planungsgrundsätze A und B).
Bei den Objekten von nationaler Bedeutung "mit viel Substanz" oder "mit Substanz" ist gestützt auf Art. 6 NHG für deren ungeschmälerte Erhaltung beziehungsweise grösstmögliche Schonung zu sorgen. Die Verordnung über das Bundesinventar der historischen Verkehrswege der Schweiz (VIVS) konkretisiert und regelt ihren Schutz.
2. Handlungsspielräume für Gemeinden
Die Nutzungsplanung ist insbesondere darauf auszurichten, historische Wege mit hoher vorhandener Substanz und/oder wichtige Wegbegleiter zu erhalten. Bei den Objekten "mit viel Substanz" von nationaler und regionaler Bedeutung sowie "mit Substanz" von nationaler Bedeutung ist in der Regel von einem überwiegenden öffentlichen Interesse an der Unterschutzstellung auszugehen. Gestützt auf die Empfehlung zur Berücksichtigung der Bundesinventare nach NHG in der Nutzungsplanung(öffnet in einem neuen Fenster)Das Linkziel ist nicht barrierefrei. Bitte wenden Sie sich bei Fragen an unsere allgemeine Auskunft: Telefon 062 835 35 35, Montag bis Freitag, 07:30 - 17:00 Uhr. des Bundes sowie auf das Richtplankapitel S 1.5 sind diese Objekte als Schutzobjekte in den Nutzungsplänen festzulegen und mittels Schutzbestimmung in der Bau- und Nutzungsordnung (BNO) zu schützen. In Bezug auf die übrigen Objekte ist das öffentliche Interesse an einer Unterschutzstellung von den Gemeinden einzelfallweise im Rahmen der allgemeinen Nutzungsplanung zu ermitteln und gegebenenfalls sind die angemessenen Schutzmassnahmen zu treffen.
Die Unterschutzstellung kann mittels einer allgemeingültigen Bestimmung erfolgen, die für die Wege inklusive die Wegbegleiter gilt. In besonderen Einzelfällen kann es auch sinnvoll sein, gewisse Wege oder bedeutende Wegbegleiter als Einzelobjekt (Kulturobjekt) mit spezifischen Schutzbestimmungen zu schützen. Die kantonale IVS-Fachstelle berät die Gemeinden hinsichtlich der sachgerechten Umsetzung. Die Überlegungen und Grundsätze zum Umgang mit dem IVS in der allgemeinen Nutzungsplanung sind im Planungsbericht angemessen zu erläutern.
Werden alle schutzwürdigen Wege mit einer gemeinsamen BNO-Bestimmung geschützt (vgl. Umsetzungsbeispiel für die BNO unten) ist die jeweilige Bedeutung eines Wegs (konkretes Schutzinteresse, Einreihung als national oder regional) in der Interessenabwägung im Vollzug gebührend zu berücksichtigen: Je höher das Schutzinteresse am Erhalt des Wegs ist, desto höher muss das Interesse am Vorhaben sein, das zu einer Beeinträchtigung führt. Bei Wegen von nationaler Bedeutung kann grundsätzlich lediglich ein anderes Interesse von nationaler Bedeutung einen Eingriff rechtfertigen. In der Regel werden es folglich öffentliche Interessen sein, die allenfalls das Schutzinteresse überwiegen können.