Reiche Dekorationsmalerei in der Loretokapelle Mägenwil
Als Schmuckstück unter den schweizerischen Loretokapellen erwies sich im Rahmen der jüngst abgeschlossenen Restaurierung die Loretokapelle Mägenwil. Die Freilegung, Konservierung und Restaurierung der Dekorationsmalereien des 19. Jahrhunderts verleihen der Kapelle eine wiedergewonnene Festlichkeit und werden manchen Besucher erstaunen, der nur den bisherigen, nüchtern weiss gefassten Andachtsraum kannte.
Die im Sommer 2017 abgeschlossenen Restaurierungsarbeiten an der Loretokapelle Mägenwil gehen auf Voruntersuchungen aus dem Jahr 2012 zurück. Nebst allgemeiner Verschmutzung durch Russ und Staub wurden an den nüchtern weiss gefassten Wänden und dem Gewölbe vielerorts Risse, Hohlstellen und Abplatzungen der oberen Malschichten festgestellt. Feuchtigkeitsmessungen und Probeentnahmen der Putz- und Malschichten haben dabei gezeigt, dass auf dem historischen Untergrund ein dickes Schichtpaket von jüngeren Dispersionsfarben liegt, welches das Diffusionsverhalten und die Wasseraufnahmekapazität der Oberflächen nachteilig beeinflusst und damit die darunterliegende historische Bausubstanz wie Malereien und Putze vom 17. Jahrhundert bis ins ausgehende 19. Jahrhundert in ihrer Festigkeit substanziell bedrohen.
Verborgene Pracht
Der bis anhin schmucklos weiss gefasste Raum musste daher von seinen jüngeren Farbschichten befreit werden. Aus denkmalpflegerischer Sicht stellte sich die Frage, in welchem Kleid der über dreihundertjährigen Geschichte sich die Kapelle präsentieren soll. Es muss dabei als Glücksfall bezeichnet werden und ist zudem dem grossen Geschick der Restauratoren zu verdanken, dass sich die letzte prägende Farbfassung des ausgehenden 19. Jahrhunderts nach den Freilegearbeiten in einem sehr guten Zustand erhalten hat. An der historischen Raumschale zeigen sich nun bisher verborgene Motive und Allegorien der lauretanischen Litanei. Die Mariensymbole, die zur Anbetung Marias, der Mutter Jesu, aufrufen, verleihen dem Sakralraum eine neue Festlichkeit und vermitteln einen gesamtheitlichen Eindruck, wie sich die Kapelle vor über 100 Jahren präsentiert hat.
Zur Baugeschichte
Die Baugeschichte der Loretokapelle reicht ins ausgehende 17. Jahrhundert. 1699 errichteten die damals nach Wohlenschwil pfarrgenössischen Mägenwiler die Kapelle als Nachahmung der "Casa Santa", des Hauses der heiligen Familie in Loreto, und setzten damit ein starkes katholisches Zeichen an der Grenze zur reformierten, bernischen Nachbarschaft. Äusserlich zeigt die Kapelle mit Ausnahme der in den 1920er Jahren hinzugefügten Sakristei und des erneuerten Dachreiters noch ihr ursprüngliches Erscheinungsbild. Malerisch wurde der Kapelleninnenraum mehrfach überfasst. Die rötliche, für Loretokapellen typische Quadermalerei wurde gegen Ende des 19. Jahrhunderts übermalt und reich dekoriert neu gestaltet. In dieser Zeit wurden auch der Hochaltar von der Kapellenmitte an die Ostwand versetzt sowie die vier Fenster gesetzt. Vermutlich bereits in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden zunächst die Pilaster mit einer einfacheren Gestaltung übermalt, später gänzlich überstrichen, und nur noch die Deckenmedaillons losgelöst von ihrem Kontext blieben sichtbar. Gegen Ende des 20. Jahrhunderts wurde der Kapelleninnenraum, bis auf das Marienbildnis an der Nordwand, nüchtern weiss gefasst. Mit der jüngst abgeschlossenen Restaurierung wurde diese allmähliche Purifizierung rückgängig gemacht. Zur historischen Ausstattung gehören nebst einer spätbarocken Kreuzigungsgruppe, dem durch Kirchenmaler Joseph Heimgartner 1928 geschaffenen Altargemälde auch die beiden Heiligenfiguren der Agatha und Apollonia um 1630, welche den Hochaltar flankieren und vom damals in Baden ansässigen Künstler Bartolomäus Cades stammen dürften.
Zur Restaurierung
Aufgrund von Fotografien der letzten umfassenden Restaurierung sowie einzelner Probefreilegungen wusste man um Reste älterer Malerei unter der problematischen, jüngsten Fassung. Umfang und Zustand der historischen Malereien war für alle jedoch überraschend. Nicht nur die Deckenmedaillons mit Allegorien der Lauretanischen Litanei zeigten sich in erstaunlich gutem, lesbarem Zustand, auch waren diese eingebunden in eine reichhaltige, farbig-dekorative Architekturmalerei, welche in dieser Form nicht erwartet werden durfte und die im Kanton Aargau ihresgleichen sucht. Die Deckenmedaillons zeigten sich eingebunden in ein Rankenwerk auf Kapitellen ruhend, von wandhohen Pilastern getragen. Ein illusionistisch aufgemalter Hintergrund mit Steinquadern und Bändern nimmt Bezug zur ursprünglichen Fassung des 17. Jahrhunderts, welche sich noch immer unter der nun sichtbaren Malerei verbirgt. An diversen Gesprächen zwischen dem Kapellenverein mit dessen Präsidenten Reinhard Scheuble, dem federführenden Architekturbüro Castor Huser, den ausführenden Restauratoren Link und Link bzw. Kai Berger sowie der Kantonalen Denkmalpflege wurde das Restaurierungskonzept erstellt und aufgrund aktueller Befunde mehrmals geschärft. Dank der analytischen und akribischen Vorgehensweise und dem handwerklichen Geschick der Restauratoren konnte der Substanzverlust durch die Freilegearbeiten an den historischen Wand- und Deckenmalereien auf ein Minimum reduziert werden. Malereien wurden wo notwendig gesichert, kleine Fehlstellen geschlossen und nur bei klarem Befund und für das Gesamtbild irritierender Fehlstelle rekonstruktiv ergänzt. Neue Retuschen wurden als solche erkenntlich ausgeführt, um die Authentizität der originalen Malerei nicht zu verfälschen. Heute präsentiert sich die Loretokapelle Mägenwil in ihrer letzten prägenden, historischen Fassung des ausgehenden 19. Jahrhunderts und zählt damit zu einer der am reichsten dekorierten Kapellen im Aargau.