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Der erste Ausflug nach 134 Jahren

Im Rahmen der laufenden Renovationsarbeiten an der Holz- und Eisenbrücke zur Klosterhalbinsel Wettingen, fand ein nicht ganz alltägliches Vorhaben statt. Die in den Jahren 1886/1887 erstellte Eisenbrücke musste aufgrund der erheblichen Korrosionsschäden am Stück von ihrem angestammten Ort abgehoben, und in eine Werkhalle zur Restaurierung abtransportiert werden.

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In der Bildmitte die Eisenbrücke über der gefrorenen Limmat. Foto Stadtarchiv Baden Q-01-3431c, 1947

Wenn man bis vor kurzem von Neuenhof kommend über die alte Holzbrücke zur Klosterhalbinsel schritt, wies nur wenig darauf hin, dass man sich auf den letzten rund 20 Metern auf einer historischen Eisenbrücke befand. Dem einen oder anderen mag aufgefallen sein, dass sich das schützende Dach der alten Holzbrücke nicht mehr über dem Haupt befindet, sehr wohl aber noch der Fluss unter den Füssen strömt. So werden die letzten Meter der Flusstraverse nicht durch die Holzbrücke selbst, sondern durch eine genietete Konstruktion aus einem Eisenfachwerk überspannt. Das rechtsufrige Joch war ursprünglich ein einfaches, unverdachtes Sprengwerk aus Holz, welches 1886/87 nach Plänen von A.Schmid & Cie. aus Romamshorn durch besagte, damals als moderne geltende Eisenkonstruktion ersetzt wurde. Wahrgenommen hat man diesen Teil der Brücke wohl nur wenig, zumal der Asphaltbelag, diverse Leitungen und ein nachträglich montiertes, wenig anschauliches Geländer kaum etwas von der Brücke spüren liessen.

Konstruktion nach Entfernung des Fahrbahnaufbaus. © Kantonale Denkmalpflege Aargau, Heiko Dobler, 2021

Das eigentliche Problem waren aber weniger die ästhetischen Mängel, als die voranschreitende Korrosionsproblematik, welche die Brücke in ihrer Substanz auf mittelfristige Sicht bedrohte. Nach genauerer Betrachtung musste dann auch vom ursprünglichen Vorhaben Abschied genommen werden, die Konstruktion vor Ort so gut wie möglich zu entrosten und neu zu streichen. Durch die genietete Konstruktionsweise und den seit langem schadhaften Rostschutzanstrich waren auch Bereiche der Brücke durch Korrosion betroffen, die ohne die komplette Demontage in ihre Einzelteile nicht zugänglich gewesen wären. Für eine nachhaltige Renovation und zur Sicherung des historisch, verkehrs- und konstruktionsgeschichtlich wichtigen Baudenkmals war deshalb der Abtransport und die komplette Demontage unumgänglich.

Konstruktion nach Entfernung des Fahrbahnaufbaus. © Kantonale Denkmalpflege Aargau, Heiko Dobler, 2021

Koordiniert durch das Ingenieurbüro Staubli, Kurath & Partner konnte für diese äusserst anspruchsvolle Arbeit die mit traditionellem Schmiedehandwerk versierte Moritz Häberling AG gewonnen werden. Nieten lassen sich leider nicht so einfach entfernen. Tausende davon müssen aufgebohrt werden, sämtliche Teile von Rost befreit, gereinigt, ergänzt und danach alles mit neuem Rostschutz versehen, zusammengebaut und wieder fachgerecht vernietet werden. Dank der überlieferten bauzeitlichen Pläne werden sich nebst der technischen Instandsetzung auch einige ästhetische Verbesserungen erzielen lassen. So wird beispielsweise das abhanden gekommene historische Geländer rekonstruiert und die Werkleitungen so unauffällig wie irgend möglich unter der Brücke montiert.

Abtransport der historischen Eisenbrücke zur Klosterhalbinsel. Foto Cornel Doswald, 2021

Der Abtransport der Brücke ist geglückt, diese kann nun in der Werkhalle unter optimalen Bedingungen renoviert werden. Gespannt darf man sein auf die Rückkehr nach dem gewiss erfolgreichen Ausflug, wenn sich Holz- und Eisenbrücke als altes Gespann frisch renoviert für die nächsten Generationen präsentieren.

Abtransport der Brücke. Foto Cornel Doswald, 2021