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Podcast Riesi

Vernetzt mit der Welt

Europakarte mit verbundenen Fundpunkten.

Im Oktober 1923 treffen sich die Mitglieder der Schweizer Gesellschaft für Urgeschichte zur Jahresversammlung. Hier berichtet Reinhold Bosch über seine schweizweit relevante Entdeckung.

Hören Sie hier Episode 4: Vernetzt mit der Welt(öffnet in einem neuen Fenster)

Durch die Ausgrabungen in der Riesi ist zum ersten Mal in der Schweiz der Grundriss eines Hauses aus der Bronzezeit entgedeckt worden. Davon berichtet Reinhold Bosch an der 15. Jahresversammlung der Schweizer Gesellschaft für Urgeschichte in Bern. Und trägt damit seine Forschungsresultate hinaus in die Welt.

Seinerzeit sprach man in der Forschung von der Spätbronzezeit als der "Bel Age du Bronze". Denn in Seeufersiedlungen aus dieser Zeit fanden sich unzählige Bronzeobjekte. In der Riesi findet Reinhold Bosch im Grundriss des Hauses endlich die ersten Bronzefunde: zwei Nadeln. Lange Zeit ging man in der Forschung von Verlustfunden aus und von einem Überfluss des Materials Bronze. Heute weiss man allerdings viel mehr über die aufwändige Beschaffung und den Hintergrund solcher Funde in Seeufersiedlungen.

Wie das Material bereits in der Bronzezeit grosse Themen der Menschheit − Mobilität, Kommunikation, Handel, Glauben − beeinflusste und welche Bedeutung die Bronze für die Gemeinschaft der Riesi vielleicht hatte, das thematisiert diese vierte Episode.

Fünf Nadeln aus Bronze auf schwarzem Untergrund.
Vier kleine Glasperlen in Blautönen.
Bronzenadeln und Glaperlen auf schwarzem Grund.
Auszug aus dem Tagebuch, eingeklebtes Foto von Bronzenadeln.
Auszug aus dem Tagebuch, eingeklebtes Foto von Bronzenadeln.

Vernetzt in der Wissenschaft

Zur Zeit Reinhold Boschs pflegten die Forschenden bereits einen regen Austausch. Was heute via E-Mail und Online-Tagungen geschieht, tätigte man damals auf postalischem Wege. So stand Bosch in Briefwechsel mit Hans Reinerth. Man vernetzte sich auf Papier und tauschte sich mit Tinte aus. Rund 100 Jahre später sind diese schriftlichen Zeugnisse manchmal nur schwer zu entziffern.

Sütterlin lesen

"Handschriftliche Aufzeichnungen zu Ausgrabungen von Pfahlbauten am Hallwilersee transkribieren", so in etwa lautete die Aufgabe, die mir im Rahmen eines Freiwilligeneinsatzes von der Kantonsarchäologie zugetragen wurde. Das schien mir interessant und für mich, als pensionierten Sek-II-Lehrer, dem so einiges an Gekrakel von Schülerhand unter die Augen gekommen war, auch zu bewältigen. Als ich mich dann, auf alles gewappnet, an die Aufzeichnungen von Reinhold Bosch in seinen Tagebüchern von 1923 machte, entpuppte sich die Aufgabe als ein Kinderspiel, schrieb der spätere erste Kantonsarchäologe doch gestochen scharf. Ein Gefühl der Unterforderung stellte sich ein.

Bis dann der erste Text in Sütterlinschrift erschien, ein Briefwechsel auf unlinierten Blättern, “handschriftsütterlinisch”, mit Tintendurchdruck von der Rückseite! So muss sich Champollion angesichts seiner ersten Hieroglyphentexte gefühlt haben, und der beherrschte immerhin schon als Teenager acht Sprachen − acht Alte Sprachen, notabene! Ich holte mir eine Nackenstarre beim Versuch herauszufinden, welche Zeichen am ehesten eine Verwandtschaft mit den Buchstaben auf meinem Blatt mit dem Sütterlin-Alphabet haben könnten. Die Sache schien hoffnungslos.

Aber wenn Champollion trotz Nierenschäden, Gicht, Tuberkulose und Erschöpfungszuständen ans Ziel kam, erlaubte ich mir nicht, die Flinte ins Korn bzw. den Chugi aus dem Fenster zu werfen. Und siehe da, nach und nach durchdrangen erste Strahlen der Erkenntnis die Wolkendecke in Form einzelner Buchstaben, welche sich von den umgebenden Strichen und Schwüngen abgrenzen liessen. Erste Wörter tauchten auf wie Laternen im Nebel und warfen ein Licht auf umliegende Verben, vorgestellte Präpositionen. Wie im Fieber bohrte sich mein Blick in das Gekritzel, versuchte mein Hirn, Strukturen zu schaffen bis irgendwann − wie damals bei Kolumbus − die Sonne den Dunst durchstach und es aus dem Ausguck tönte: "Satz in Sicht!" San Salvador! (Autor: Hans, Freiwilliger)