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Forschung & Publikationen

Ziegel für Vindonissa

Römische Ziegelfragmente ausgelegt auf einem Tisch.

Ziegelacker, Ziegelmatten, Römerweg – worauf die alten Hunzenschwiler Flurnamen seit jeher hindeuteten, brachten archäologische Grabungen schliesslich ans Tageslicht: In Hunzenschwil liegt unter der Erdoberfläche ein riesiger Ziegeleikomplex aus der Römerzeit.

Ziegel als Dachdeckung verbreiteten sich nördlich der Alpen erstmals mit der Stationierung römischer Truppen. Während sich Ziegeldächer im Holzlager der 13. Legion noch auf wenige, repräsentative Bauten beschränkten, änderte sich dies mit der Anwesenheit der 21. Legion. Um die Mitte des 1. Jahrhunderts n.Chr. ersetzte sie nämlich die temporär konzipierten Holzbauten ihrer Vorgänger schrittweise durch dauerhafte Steingebäude mit Ziegeldächern.

Dieses enorme Bauvorhaben erforderte die Errichtung gut organisierter Ziegeleibetriebe. Dafür bot das 20 km entfernt liegende heutige Hunzenschwil hervorragende Bedingungen: Neben reichen Tonlagerstätten war besonders die Nähe zur Aare, auf der man die Ziegeleiprodukte bequem flussabwärts nach Vindonissa befördern konnte, geradezu ideal.

Die umfangreichen Befunde der römischen Ziegeleien in Hunzenschwil waren Thema einer Masterarbeit bei der Vindonissa-Professur an der Universität Basel.

Eine früh erforschte Fundstelle

Foto Kantonsarchäologie, © Kanton Aargau

Dass das römische Militär im Grenzgebiet der Gemeinden Hunzenschwil und Rupperswil Ziegel gebrannt hat, vermutete man seit dem 19. Jahrhundert. Erste archäologische Untersuchungen führten 1911 zur spektakulären Entdeckung zweier Ziegelbrennöfen. Spuren der tonverarbeitenden Werkstätten kamen auch beim Bau der Autobahn in den 1960er-Jahren zum Vorschein. Das wahre Ausmass zeigte sich jedoch bei einer Notgrabung im Jahre 2002.

Mit Holzstämmen markierte Pfostengruben der römischen Trocken- und Werkhallen. Foto: Kantonsarchäologie, © Kanton Aargau.

Dabei schnitt das Grabungsteam zwei Ziegelbrennöfen und mehrere mit Baukeramik verfüllte Abfallgruben an. Als Highlight erwies sich ein fast vollständig erhaltener Töpferofen, auf dessen Brenntenne noch Gefässe des letzten Brandes lagen. Durch Grabungstätigkeiten im Jahre 2005 kamen mehrere Hallenbauten, Schlämmbecken und ein komplexes System aus Wasserkanälen dazu. Aussergewöhnlich war der Befund eines 55 x 18 Meter grossen Pfostenbaus, welcher vermutlich als Trockenhalle diente.

Auf den Spuren der ältesten „Industrieanlage“ der Schweiz

Typologische Bestimmung der gestempelten Legionsziegel. Foto: Simon Jeanloz

Wie war dieser militärische Grossbetrieb organisiert und welche Ausdehnung hatte er? Welche technischen Einrichtungen setzte die Baukeramikproduktion voraus und was davon können wir im archäologischen Befund nachweisen? Was wurde dort alles hergestellt und wo liegen die Produktionsschwerpunkte? Welche Absichten standen hinter der schriftlichen Kennzeichnung der Ziegel und was können uns Stempel wie auch Hand-/Wischmarken über die internen Produktionsabläufe erzählen? Wer wurde mit Baukeramik versorgt und welche Rolle spielten die Ziegeleierzeugnisse für das Legionslager? Antworten auf diese Fragen lieferte die Auswertung für die Masterarbeit.

Ziegel als Informationsträger

  1. Gestempelter Leistenziegel der 11. Legion mit Wischzeichen.
    Legionsstempel
  2. Streunende Hunde auf dem Ziegeleiareal: Verkleidungsziegel mit Pfotenabdruck.
    Hundepfoten