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Prähistorischer Landschaftsbau: Rettungsgrabungen am Badener "Kappelerhof"

Ein Grabungsmitarbeitert präpariert eie grosse Geländerinne. Im Hintergrund zeigt das Profil eine kiesige Verfüllung.
Foto Kantonsarchäologie, © Kanton Aargau

Im Sommer 2022 führte die Kantonsarchäologie baubegleitende Ausgrabungen am "Kappelerhof" in Baden durch. Im Gelände oberhalb der Kapelle Maria Will entsteht derzeit ein Neubaukomplex mit Alterswohnungen. Es konnten Siedlungs- und Grabfunde aus der Bronze-, Eisen- und Römerzeit dokumentiert werden.

In den Gärten oberhalb der Kapelle Maria Wil im Badener Kappelerhof-Areal begannen diesen Sommer Bauarbeiten für eine Neubebauung. Auf etwa 3000 Quadratmeter entstehen hier Alterswohnungen. Da in der Umgebung bereits Funde aus diversen vor- und frühgeschichtlichen Epochen bekannt waren, war mit weiteren archäologischen Strukturen zu rechnen. So begleitete die Kantonsarchäologie ab Ende Juni systematisch die Bodeneingriffe.

Im Südwesten des Baufelds zeichnen sich verschiedene Holzbauten durch einzelne Bodenverfärbungen (weiss nachgezeichnet) im Untergrund ab. Foto Kantonsarchäologie, © Kanton Aargau

Funde aus der Bronze- und Eisenzeit

Foto Kantonsarchäologie, © Kanton Aargau

Und tatsächlich liessen die ersten Funde nicht lange auf sich warten: Verfärbungen im Boden wiesen auf einstige Holzgebäude hin. Die Holzbauweise war hierzulande bis in historische Zeit vorherrschend. Meist wurden die tragenden Pfosten solcher Gebäude in den Boden eingelassen, um die Stabilität zu gewährleisten. Das Holz selbst ist nach Jahrtausenden in der Regel vergangen, die Fundamentgruben bleiben aber oft als dunkle, runde Verfärbungen erkennbar. Im Südosten des Baufelds gehören mehrere solche Pfostengruben zu einem mehrphasigen Hausstandort. Tonscherben aus dem Bereich können anhand ihrer Form und Verzierung in die späte Bronzezeit (um 1000 v. Chr.) eingeordnet werden. An einer grossen Feuerstelle wurde vielleicht ein Festmahl zubereitet. Weitere Siedlungsspuren zeigten sich im Westen des Baufelds, wo sich mehrere Gebäude und Einhegungen rekonstruieren lassen. Eine rechteckige, rund einen halben Meter tiefe und einst überdachte Grube diente wahrscheinlich der Textilverarbeitung – solche Grubenhäuser sind typisch für die keltische Eisenzeit (um 800–15 v. Chr.).

Ein seltenes Nebeneinander

Mehrere lange Schnitte gaben genauen Aufschluss über die Beschaffenheit der grossen Geländerinne. Im Hintergrund zeigt das Profil eine kiesige Verfüllung. Foto Kantonsarchäologie, © Kanton Aargau

Besonders interessant war eine alte, rund 20 Meter breite und an manchen Stellen fast 3 Meter tiefe Geländerinne. Sie verlief mitten durch die Grabungsfläche und wurde von Wasser geformt, welches hier – manchmal mit grosser Wucht – den Hang herabfloss. In diese Rinne wurden offenbar regelmässig grosse Steine geworfen, vielleicht um das Wasser zu bremsen und weitere Erosion zu vermeiden. Darüber hinaus dienten kleine Dämme aus aufgeschichteten Lesesteinen sowie schmale Gräbchen wahrscheinlich dazu, den Wasserfluss durch das Siedlungsareal besser zu steuern. So eindrücklich zeigt sich das Nebeneinander von Siedlungsspuren und wasserbaulichen Anlagen – im weiteren Sinn die Umgestaltung der Landschaft durch den Menschen – nur selten im archäologischen Befund.

Römische und keltische Gräber

Im Kappelerhof-Areal wurde früher aber nicht nur gewohnt. Zwei römische Gräber fanden sich im Nordwesten des Baufelds. Sie können ins 2. Jahrhundert n. Chr. und damit in die Blütezeit der nahegelegenen Kleinstadt (vicus) in Baden datiert werden. In der damals üblichen Weise waren die Reste der Brandbestattungen in kleinen Gruben unweit der Römerstrasse, die im Bereich der heutigen Bruggerstrasse verlief, beigesetzt worden. Weniger typisch waren gleich neben den Brandgräbern zwei parallele Gräbchen, jedes etwa 3 Meter lang und rund 40 Zentimeter breit. Beide waren mit Brandresten aufgefüllt worden, darunter ebenfalls Reste verbrannter Knochen. Trotz der unmittelbaren Nähe ist die Struktur wahrscheinlich älter als die römischen Gräber, nämlich in die spätkeltische Eisenzeit einzuordnen.

Zu den Aufgaben der Kantonsarchäologie zählt die Einschätzung, wann Bauprojekte Rettungsgrabungen nötig machen. Oft ist die Quellenlage nicht so konkret, dass vorgezogene grossflächige Untersuchungen geboten sind. Stattdessen finden häufig baubegleitende Ausgrabungen wie im Kappelerhof statt. Dann müssen sich Archäologie und Baubetrieb miteinander arrangieren, um sowohl Denkmal- als auch Zeitverluste zu vermeiden. In Baden ist dies dank enger Zusammenarbeit mit der Baufirma gelungen.