Energieeffizienz Gebäude
Ob Einfamilienhaus mit innovativer Regenwassernutzung oder grosse Überbauung mit erfolgreichem Umstieg auf erneuerbare Wärme – im Kanton Aargau wird Energieeffizienz tagtäglich gelebt. Entdecken Sie inspirierende Projekte und erfahren Sie, wie Energieeffizienz in der Praxis funktioniert.
Regenwasser als Energiespeicher: Fritz Brun zeigt wie's geht
Wer das Einfamilienhaus von Fritz Brun betritt, ahnt zunächst nicht, dass hier ein kleines Energiewunder verborgen ist. In seinem Zuhause – einem Einfamilienhaus aus dem Jahr 1969 mit angebautem Doppeleinfamilienhaus (2007) – wird Regenwasser auf vielfältigste Weise genutzt: nicht nur zum Giessen oder für die Toilettenspülung, sondern auch zur Energiegewinnung und -speicherung.
Pionierarbeit mit Wärmepumpen
Die Heizungsanlage ist ein echtes Unikat: Seit über 55 Jahren läuft eine Luft-Wasser-Wärmepumpe – ein stolzes Alter für eine Technik, die man damals kaum in Privathäusern fand. Mit dem Neubau 2007 kam zusätzlich eine Sole-Wasser-Wärmepumpe hinzu. Die beiden Wärmepumpen arbeiten zusammen so effizient, dass sie mit einer Einheit Strom etwa sechs bis sieben Einheiten Wärme erzeugen. Das bedeutet, dass die Anlage im Vergleich zu einer herkömmlichen Heizung viel weniger Energie verbraucht.
Das Herzstück: Regen- und Quellwasserzisternen
In der Garage befinden sich zwei unscheinbare Schätze: eine 10'000-Liter-Regenwasserzisterne und eine 2'000-Liter-Quellwasserzisterne. Eine Zisterne ist nichts anderes als ein grosser unterirdischer Wassertank, in dem Regen- oder Quellwasser gesammelt und gespeichert wird, bis es im Haus oder Garten genutzt wird.
Die Besonderheit bei Brun: In den Zisternen ist zusätzlich ein Wärmetauscher eingebaut. Dieser ermöglicht es, die gespeicherte Wärme des Wassers an die Sole-Wasser-Wärmepumpe oder an andere Systeme im Haus weiterzugeben – ohne dass das Wasser selbst dabei verbraucht wird.
Aus diesen Speichern wird das Wasser für verschiedene Zwecke genutzt:
- als Energiequelle für die Sole-Wasser-Wärmepumpe
- für WC-Spülungen
- für die Gartenbewässerung und den Garagenhahn
- für den Pool
Solarenergie trifft Wasser
Auch die Sonne spielt eine zentrale Rolle. Auf dem Dach befindet sich eine Solarthermieanlage, die im Sommer zwei 800-Liter-Speicher mit Wärmeenergie versorgt. Reicht die gespeicherte Temperatur einmal nicht aus, übernimmt ein zusätzlich installierter Wärmepumpenboiler und gleicht die fehlende Wärmeenergie aus.
Im Winter wird die Temperatur in den Zisternen durch die Solarthermie erhöht. Das vorgewärmte Zisternenwasser verbessert den Wirkungsgrad der Sole-Wasser-Wärmepumpe erheblich. Besonders vorteilhaft ist die grosse Temperaturdifferenz im Winter zwischen Solarthermie und Zisternenwasser: Je grösser sie ist, desto mehr Wärme kann gewonnen werden.
Ein weiteres Highlight ist der Pool: Bevor das Regenwasser darin landet, fliesst es durch schwarze Röhrchen auf dem Dach – sogenannte Solarabsorber. Dieser Eigenbau stammt ebenfalls von Fritz Brun und wurde bereits vor 55 Jahren installiert. So wird das Wasser kostenlos durch die Sonne erwärmt
Klimavorteile durch smarte Nutzung
Die Vorteile liegen nicht nur in der Energieeinsparung:
- Die Regenwassernutzung entlastet die Kanalisation, da Überschüsse auf dem eigenen Grundstück versickert werden und nicht ins Abwassersystem gelangen.
- Durch die Verdunstung des versickerten Wassers entsteht ein lokaler Kühleffekt – ein Pluspunkt an heissen Sommertagen.
- Toiletten bleiben kalkfrei, was die Reinigung deutlich erleichtert. Lediglich nach starken Gewittern, wenn sich die Sedimente in den Zisternen aufwirbeln, können kurzzeitig leichte Verunreinigungen im Spülwasser auftreten. Schon nach kurzer Zeit ist das Wasser jedoch wieder klar.
Die clevere Verbindung von Wärmepumpe, Solarthermie und Regenwassernutzung sorgt nicht nur für eine ökologische, sondern auch für eine wirtschaftlich sinnvolle Lösung. Gerade bei Neubauten macht sich die Nutzung von Regenwasser finanziell besonders bemerkbar.
Regenwasser als Energiespeicher der Zukunft
Für Fritz Brun ist Regenwasser ein wertvoller Rohstoff: Es speichert Energie und übernimmt Aufgaben, für die sonst wertvolles Trinkwasser verwendet würde. Gerade an Orten, wo keine Erdsonden gebohrt werden dürfen, bietet dieser Ansatz eine interessante Alternative.
«Regenwasser hat so viel Potenzial, doch leider wird nur ein Bruchteil davon genutzt», sagt Fritz Brun.
Sein Projekt zeigt eindrucksvoll, wie Wasser, Sonne und Wärmepumpen zu einem ganzheitlichen Energiekonzept verschmelzen. Im Zentrum steht die Mehrfachnutzung des Regenwassers, das sowohl als Ressource als auch als Energiespeicher dient – ein Beispiel für die gelungene Verbindung von Technik und natürlichen Kreisläufen.
Geht nicht gibt’s nicht: Fortschrittlicher Heizungsersatz in der Überbauung Lanzenberg
In der Überbauung Lanzenberg in Magden wurde bis zum letzten Winter eine Ölheizung aus dem Jahr 1994 betrieben. Diese versorgte 48 Wohnhäuser mit Wärme und bereitete das Warmwasser auf. Der durchschnittliche Verbrauch lag bei 109'000 Litern Heizöl pro Jahr. Nach einer Betriebsdauer von 30 Jahren war die technische Lebensdauer der Heiz-anlage erreicht, und ein Ersatz stand bevor.
Auf Initiative von Christof Stalder, Leiter Liegenschaftsunterhalt der Gemeinde Magden und selbst Bewohner der Überbauung, wurde das Thema an der Miteigentümerver-sammlung zur Diskussion gestellt. Für die Eigentümerschaft war schnell klar, dass die neue Lösung erneuerbar sein soll. Doch wie setzt man ein solch grossangelegtes Projekt um?
Die Miteigentümerschaft stand vor vielen Herausforderungen, offenen Fragen und Unsicherheiten. Für ein gutes Gelingen musste das Projekt also strukturiert und ganzheitlich angegangen werden. Den Auftakt dafür bildete eine durch den Kanton geförderte "Grobberatung Stockwerkeigentümergemeinschaft". Durchgeführt wurde diese von Raffael Mäder, Energie- und Effizienzberater der Nova Energie Impuls AG und akkreditiertes Mit-glied der energieberatungAARGAU, einem Netzwerk des Kantons Aargau von neutralen und unabhängigen Energieberaterinnen und Energieberatern.
Raffael Mäder zeigte der Arbeitsgruppe verschiedene Varianten auf und erläuterte deren erwartete Investitions- und Betriebskosten. Im Laufe der Analyse stellte sich heraus, dass eine Grundwassernutzung vor Ort nicht realisierbar war und eine Erdsondenlösung aufgrund der erforderlichen Anzahl Bohrungen aus Platzgründen ausschied. Zudem wollte die Eigentümerschaft Rauchentwicklung im Sommer verhindern, da dies die Bewohner in den Gärten oder auf den Terrassen stören könnte. Somit war eine Holzschnitzelheizung für die Warmwasseraufbereitung ebenfalls keine Option.
Die Wahl der optimalen Heizlösung
Drei mögliche Varianten wurden detailliert geprüft:
- 1. Der Ersatz der bestehenden Ölheizung mit einer neuen Ölheizung für den Heizbetrieb und den Einsatz einer Luft-Wasser-Wärmepumpe für die Warmwasseraufbereitung.
- 2. Eine bivalente Lösung mit einer Kombination aus Ölheizung und Luft-Wasser-Wärmepumpe für Heizung und Warmwasser.
- 3. Eine bivalente Variante mit einer Pelletfeuerung und einer Luft-Wasser-Wärme-pumpe sowohl für den Heizbetrieb als auch für die Warmwasseraufbereitung.
Die Eigentümerschaft entschied sich für die dritte vollständig erneuerbare Variante. Im Sommer und bei Aussentemperaturen über 14 °C übernimmt die 70 kW starke Wärmepumpe die Warmwasseraufbereitung und den Heizbetrieb. Sinkt die Temperatur unter 14 °C, übernimmt die 350 kW Pelletheizung.
Herausforderungen und innovative Lösungen
Bei der Umsetzung des Projekts traten einige Herausforderungen auf. Eine Luft-Wasser-Wärmepumpe dieser Leistungsklasse benötigt beispielsweise mehrere grosse Ventilatoren, welche die Aussenluft zu den Verdampfern leiten. Die ringhörige Betonbauweise der Überbauung machte eine Aufstellung im Aussenbereich somit lärmtechnisch problematisch.
Hier war eine kreative Lösung gefragt: Die Ventilatoren, die Pelletheizung und die Wärmepumpe wurden im Heizungsraum installiert. Damit ausreichend Luft angesaugt wer-den kann, wurde der Raum mit einer Gitterwand und -tür versehen. Die Abluftführung erfolgte über den bestehenden Kamin: Die alten Kaminrohre der Ölheizung wurden entfernt und stattdessen wird nun die Abluft der Wärmepumpe nach aussen geleitet. In der Mitte des Kamins, dort wo früher der Aufstieg für den Kaminfeger war, wurde das Rauchrohr für die Pelletheizung integriert. Abschliessend wurde die Konstruktion mit Photovoltaikmodulen ergänzt.
Finanzierung und Realisierung
Die Finanzierung des Projekts erfolgte über den Erneuerungsfonds der Miteigentümergemeinschaft. Um die Umsetzung zu ermöglichen, war zudem eine ausserordentliche Einzahlung der Eigentümer erforderlich. Für den Grossteil der Eigentümerinnen und Eigen-tümer war dies tragbar; in wenigen Fällen wurde eine Ratenrückzahlung innerhalb der Miteigentümerschaft vereinbart. Der Kanton Aargau unterstützt den Ersatz der Gebäudetechnik mit Fördergeldern – mehr dazu ist im Förderprogramm des Kantons Aargau zu finden.
Erfolgreiche Umsetzung trotz anfänglicher Skepsis
Die Anlage ist nun seit einiger Zeit in Betrieb, und erste wertvolle Erfahrungen konnten gesammelt werden. Die vergangenen Monate haben gezeigt, dass das Konzept funktioniert und die gesamte Überbauung zuverlässig mit erneuerbarer Energie versorgt wird. Massgeblich zum Erfolg beigetragen hat Christof Stalder, der sich mit großem Engage-ment und selbst erworbenem Fachwissen diesem Projekt widmete – und nun auch für den Unterhalt der Anlage verantwortlich ist. Als Bewohner der Überbauung ist er täglich vor Ort und kann sofort eingreifen, falls einmal etwas nicht wie geplant funktioniert.
Anfangs gab es einige kritische Stimmen und Bedenken. Doch dank des proaktiven Engagements der Miteigentümerschaft, der vorausschauenden Planung und der fachkundigen Unterstützung konnte das Projekt nicht nur erfolgreich umgesetzt, sondern auch nachhaltig in den Alltag integriert werden.
Planen Sie ebenfalls einen Heizungsersatz?
Falls auch in Ihrer Überbauung ein Heizungsersatz ansteht, empfiehlt es sich, frühzeitig mit der energieberatungAARGAU Kontakt aufzunehmen. Die Energiefachpersonen stehen Ihnen telefonisch kostenlos und neutral zur Verfügung, um eine sorgfältige und zukunftstaugliche Planung zu ermöglichen.