Eine "froeliche" Erweiterung
Das vom Brugger Architekturbüro Liechtig, Graf, Zumsteg entwickelte, auf einem Architekturwettbewerb basierende Projekt zur Gesamtsanierung und Erweiterung des Schulhaus Stapfer, hat mit der feierlichen Eröffnung Anfang September einen würdigen Abschluss gefunden. Mit Respekt und Geschick wurden das über 100-jährige Schulhaus an heutige Schulbedürfnisse angepasst und das Raumprogramm auf das neue Schulsystem erweitert.
Mit dem im Jahr 2014 durchgeführten Architekturwettbewerb zur Renovation und Erweiterung des aus der Feder des namhaften Architekten Albert Froelich stammenden Stapfer-Schulhauses wurde eine wichtige Weiche gestellt, um die Bedeutung und Funktion der Schulanalage zu stärken und auf das neue Schulsystem mit sechs Jahren Primarstufe anzupassen. Gleichzeitig wurde die Gelegenheit genutzt, das in die Jahre gekommene Schulhaus bezüglich Energieeffizienz, Brandschutzanforderungen, Behindertengerechtigkeit und Gebäudetechnik zu ertüchtigen und damit den kommenden Generationen einen zeitgemässen Schulbetrieb in historischen Mauern zu sichern. Der Entscheid, den durch den Schulsystemwechsel notwendigen erhöhten Flächenbedarf am Standort des Stapferschulhauses zu realisieren und damit das historische Schulhaus baulich zu erweitern, wurde durch die Denkmalpflege von Beginn an mitgetragen, um den Standort und damit die Bedeutung des Schulhauses nicht zu schwächen.
Bereits vor den Projektstudien zum Umbau wurde das Schulhaus Stapfer unter kantonalen Denkmalschutz gestellt. Es widerspiegelt beispielhaft den zeitgenössischen, an nationalen Traditionsformen orientierten Schulhausbau des frühen 20. Jh. Durch seinen typologischen, baukünstlerischen und situativen Wert am Rande der Altstadt kommt diesem im kantonsweiten Vergleich eine wesentliche Bedeutung zu. Somit wurden sowohl an die Renovation des Schulhauses selbst, als auch an die städtebauliche Anbindung und Gestaltung der Schulhauserweiterung hohe Anforderungen gestellt.
Zur Bau- und Nutzungsgeschichte
Das nach Philipp Albert Stapfer, dem "Kulturminister" der Helvetik, benannte Stapfer-Schulhaus sowie das zugehörige Abwartshaus wurden 1910 nach Plänen des bedeutenden Brugger Architekten Albert Froelich (1876–1953) im damals modernen Stil der Reformarchitektur erbaut. Der Architekt hat es bereits damals verstanden, das Ensemble aus Schul- und Abwartshaus städtebaulich präzise und harmonisch in die Situation im unmittelbaren Umfeld der Brugger Altstadt einzufügen. Im direkten Anschluss an die Stadtmauer leitet ein niedriger Bau mit Reihenfenster und Rundbogentor zum kleinen Abwartshaus über. In ansteigender Linie hielt Froelich den Ostflügel des eigentlichen Schulhauses niedrig, bevor er mit dem als Wahrzeichen wirkenden Uhrenturm zum höheren Westflügel überleitete. Auch in Material und Formen liess sich der Architekt durch prägende Elemente der Altstadt insprieren; so zeigt das kräftige Bossenmauerwerk in Jurakalk einen ausgeprägt wehrhaften Charakter, der im Kontext zu den Befestigungsanlagen der Brugger Altstadt steht.
Das Schulhaus wurde bis zur jüngsten Entwicklung strukturell nur unwesentlich verändert, hat aber durch diverse Übermalungen und neuere Einbauten viel von seiner ursprünglichen Material- und Farbkonzeption verloren.
Zur Renovation
Im Rahmen des Umbaus wurden verschiedene normative Aspekte wie Erdbebensicherheit, die Anforderungen ans hindernisfreie Bauen, Brandschutz, die energetische Ertüchtigung sowie die gesamte Gebäudetechnik auf einen aktuellen Stand gebracht. Grösster struktureller Eingriff war dabei ein Lift direkt hinter der Nordfassade des Westtrakts, der weder historisch relevante innere Räume noch das Gebäudeäussere nachteilig beeinflusst, aber einen grossen Mehrwert hinsichtlich der Nutzung und Erschliessung bringt. Besonderes Augenmerk wurde auf die Gestaltung der Innenräume gelegt. Der bemerkenswerte Singsaal konnte von seinen späteren Einbauten befreit werden und hat seinen ursprünglich festlichen, beinahe schon sakralen Charakter zurückerhalten. Gestützt auf eine restauratorische Voruntersuchung mit der Befundung der historischen Farbigkeit konnte den Innenräumen ein durch diverse Farbanstriche verloren gegangenes klares Farbkonzept zurückgegeben werden. In Verbindung mit den während den Baumassnahmen zutagegetretenen Parkettböden und den ans Original angelehnten, roten Klinkerböden in den Korridoren präsentiert sich das Schulhaus in fein abgestuften Grün-, Rot- und Grautönen.
Auch am Gebäudeäussern zeigt sich die grösste Änderung im Ausdruck der Farbigkeit. Anstelle des vermutlich in den 1980er Jahren angebrachten, intensiven Gelbtons präsentiert sich das Schulhaus oberhalb des Bossenmauerwerks wieder in einem gelblich gebrochenen Weiss, wie das aufgrund schriftlicher Quellen, historischer schwarz-weiss Aufnahmen und der Befundung in situ rekonstruiert werden konnte.
Zur Erweiterung
Weniger im Zeichen des ausgeprägten Kontrastes zwischen Alt und Neu steht die in die Geländekante eingefügte Erweiterung. Was bereits auf Stufe des Architekturwettbewerbs zu überzeugen vermochte, wurde nun baulich konsequent umgesetzt. Weder die Ensemblewirkung von Schul- und Abwartshaus noch der städtebaulich sensible Bereich am Rande der Altstadt wird durch die Schulhauserweiterung gestört. Vielmehr fügt sich diese durch die gewählte Materialisierung und Formgebung selbstbewusst, aber stets im architektonischen Dialog mit dem Altbau, in die Gesamtsituation ein. Auch im Innern des Neubaus werden die grundsätzlichen gestalterischen Regeln angelehnt an das Konzept von Albert Froelich weitergeführt. Ähnliche Raumproportionen, gleiche Farbkonzeption, neu interpretierte Wandgliederungen mit Täfer in den Korridoren lassen vieles vom Altbau auch im Neubau wiedererkennen. Ohne sich anzubiedern, aber in Abkehr zur Kontrastideologie, wurde mit dem Anbau ein nun ergänztes Ensemble geschaffen, welches den bereits vorher bemerkenswerten Schulhausbau weiter bereichert. Die Gesamtrenovation konnte mit einem namhaften Beitrag von Bund und Kanton auch finanziell unterstützt werden.