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Autorin: Sabine Hofmann, Leiterin Gemeindebibliothek Wettingen
Moderne Bibliotheken verstehen sich als Dienstleisterinnen. Personen, die einen Dienst in Anspruch nehmen, sind in der Regel Kundinnen und Kunden (oder Patientinnen und Patienten, Klientinnen und Klienten, was wir im Falle der Bibliothek ausschliessen können). So scheint die Bezeichnung für Menschen, die in der Bibliothek ein Angebot gegen Geld, wie zum Beispiel ein Abonnement erwerben, durchaus angemessen. Was ist aber mit denen, die kommen, um zu lernen? Oder die, die Zeitung zu lesen? Oder solche, die sich in der Sofaecke treffen, um zu plaudern? Sie alle nutzen den Ort unentgeltlich.
Die Bibliothek ist einer der wenigen öffentlichen Räume, wo kein Konsumzwang besteht. Wie verträgt sich das mit der Bezeichnung "Kunde" bzw. "Kundin"? In der Bibliothek werden partizipative Arbeitsformen erprobt. Können wir da noch von Kundschaft sprechen, wenn de facto eine partnerschaftliche Beziehung zwischen den Beteiligten besteht?
Bibliotheken sind für alle da. Niederschwelligkeit ist wichtig. Gleichzeitig treibt uns Bibliotheken, die sich im Bereich Vielfalt und Integration engagieren, die Frage um: Wie erreichen wir Communities, die bibliotheksfern leben? Der Begriff "Kundin oder Kunde" gibt jedoch vor, dass der Bibliotheksbesuch mit Konsum verbunden ist und Zielgruppen anspricht, die über die nötigen finanziellen Mittel verfügen.
Mit der Bezeichnung "Kundin und Kunde" halten wir Bibliotheksbenutzende auf Distanz und legen eine Rollenverteilung fest, die den Begegnungsrahmen definiert und einschränkt. Wollen wir das? Geht nicht der Trend in eine andere Richtung?
Die Menschen, die eine Bibliothek aufsuchen, tun das mit unterschiedlichen Absichten. So vielfältig diese sind, so reich sind ihre Lebensgeschichten und Erwartungen, die sie mitbringen bzw. an eine Bibliothek stellen. Vielleicht sollten wir die Besucherinnen und Besucher direkt fragen, wie sie bezeichnet werden möchten? Das wäre ein lohnendes Experiment.
Wie ChatGPT die Frage beantwortet, könnt ihr hier lesen:
Autorin: Sabine Hofmann, Leiterin Gemeindebibliothek Wettingen