Gebratene Spatzen für Roms Elite
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Eröffnung der Archäologiestätte "Offiziersküche" in Vindonissa
Eine 2000 Jahre alte Küche erzählt vom ausschweifenden Leben in einem Aussenposten Roms. Wissenschaftlich analysierte Küchenabfälle liefern einzigartige Einblicke in den Menüplan einer Offiziersvilla im Legionslager Vindonissa. In einer bilderreichen Inszenierung tauchen die Besucher ein in die Welt der kulinarischen Genüsse. Die Tochter des Centurio nimmt sie mit an die Schauplätze eines opulenten Gastmahls im Hofgarten der Villa.
Bei einer Notgrabung im Legionslager kamen vor drei Jahren überraschend die Reste eines hervorragend erhaltenen Offiziershauses zum Vorschein. Die Entdeckung der Küche in der mehr als 1000 Quadratmeter grossen Villa gilt als archäologische Sensation. Die besten Vergleiche in Bauweise und Erhaltung finden sich in den vom Vesuv 79 n. Chr. verschütteten Städten in Süditalien. Die Offiziersküche ist ein authentischer Zeuge des sicher wichtigsten Kulturimports in der Geschichte der Schweiz und Europas. Die 6000 römischen Soldaten, vom einfachen Legionär bis zum Senator aus Rom, bringen im Gepäck ihre mediterrane Kultur und Lebensweise mit. Sie bauen römische Häuser und feiern römische Festessen. In solchen Aussenposten Roms wird der epochale Prozess der Romanisierung nördlich der Alpen in Gang gesetzt.
Der Menüplan der Offiziersfamilie
Während der Ausgrabung wurden die Knochen- und Pflanzenfunde aus dem Lehmboden und einem Abfallhaufen der Küche systematisch geborgen. Die anschliessend an der Universität Basel durchgeführten, archäobiologischen Untersuchungen haben alle Erwartungen übertroffen. Es liess sich praktisch der vollständige Menüplan der letzten in der Küche zubereiteten Gastmähler rekonstruieren: Mittelmeerfische, Austern, Singvögel, Tauben, Enten, Gänse, Hirsche, Wildschweine, zusammen mit Oliven, Feigen, Gewürzen und noch vielem mehr wurden von den Köchen zu schmackhaften Speisen verarbeitet. Besonders beliebt waren offensichtlich Spatzen, denen man vor dem Kochen die Füsse abhackte. Sie fanden sich im Küchenboden wieder; die Knochen kamen auf den Abfallhaufen.
Eine Einladung zum Gastmahl
Die von der Kantonsarchäologie und dem Ausstellungsbüro Bellprat in einjähriger Arbeit realisierte Inszenierung nimmt die Besucher mit an ein festliches Abendessen der Offiziersfamilie. In grossen Bildern erzählt die junge Tochter Secundina den Besuchern an den authentischen Schauplätzen von den aufwändigen Vorbereitungen und vom Ablauf eines wichtigen Gastmahls. Ihr Vater hat den Legionskommandanten eingeladen, einen einflussreichen Senator aus Rom. Die fotorealistisch hergestellten Computerbilder vermitteln zusammen mit den echten Darstellern eine realitätsnahe Vorstellung vom luxuriösen Leben der ranghohen Offiziere Roms.
Erster Meilenstein auf dem Legionärspfad
Mit der Offizierküche wird am Samstag, 16. September (11:30-17:00) die erste Station des Legionärspfades in einem kulinarischen Fest eingeweiht. Der Legionärspfad wird die neu inszenierten Bauzeugen von Vindonissa zu einem archäologischen Lern- und Erlebnisraum verbinden. Die Eröffnung des aktuell grössten Archäologiepark-Projektes in der Schweiz ist im Frühling 2008 geplant.