AA/2250b-AA/2763 Alteidgenössisches Archiv (Tagsatzungsarchiv), 1291-1900 (Bestand)

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Ref. code:AA/2250b-AA/2763
Ref. code AP:AA/2250b-AA/2763
Title:Alteidgenössisches Archiv (Tagsatzungsarchiv)
Creation date(s):1291 - 1900
Level:Bestand

Information on context

Name of the creator / provenance:Landvogtei Baden für die Archivalien bis 1798; kantonale Verwaltung und geistliche Institutionen für Unterlagen jüngeren Datums; Staatsarchiv Aargau; Zurlauben-Sammlung
Administration history:Das lenzburgische, später kyburgische und ab 1264 habsburgische Amt Baden umfasste wechselnde Teile des Gebiets zwischen Rhein, Aare und Reuss. Im 14. Jh. war das Amt Baden auf das Dreieck zwischen Limmat und Reuss konzentriert. Als Teil der habsburgischen Landvogtei Aargau wurde es durch einen Landvogt verwaltet, der seinen Sitz in der Stadt Baden hatte.
Nachdem König Sigismund die eidgenössischen Orte aufgefordert hatte, die österreichischen Vorlande für das Reich einzuziehen, annektierten diese 1415 grosse Gebiete im Aargau. Nach der Eroberung wurden die Ämter Baden und Siggenthal, die bischöflich-konstanzischen Vogteien Klingnau, Zurzach und Kaiserstuhl und das links der Aare liegende Kirchspiel Leuggern, ein zusammenhängendes Gebiet, in welchem die Habsburger die Blutgerichtsbarkeit innegehabt hatten, zur Gemeinen Herrschaft "Grafschaft Baden" zusammengefasst. Erst unter den Eidgenossen wird der Begriff "Grafschaft Baden" geläufig. Die Grafschaft bildete zusammen mit den Freien Ämtern das älteste von den eidgenössischen Orten Zürich, Bern, Luzern, Schwyz, Unterwalden, Zug, Glarus und Uri (ab 1443) gemeinschaftlich regierte Untertanengebiet. Es war gegliedert in acht innere (Rohrdorf, Birmenstorf, Gebenstorf, Dietikon, Wettingen, Siggenthal, Ehrendingen, Leuggern) und drei äussere Ämter (Klingnau, Zurzach, Kaiserstuhl).
Die Gemeine Herrschaft wurde im Namen aller regierender Orte von einem Landvogt verwaltet, der alle zwei Jahre nach einer festen Reihenfolge von den einzelnen Orten besetzt wurde und seinen Sitz im Landvogteischloss in Baden hatte. In seine Zuständigkeit fielen im Wesentlichen die Kriminalgerichtsbarkeit und die Zivilgerichtsbarkeit in höherer Instanz, die Militärhoheit, sowie die Oberaufsicht über die lokale Verwaltung und die Verwaltung der obrigkeitlichen Einkünfte und Rechte. In jedem Amt sass ein einheimischer Untervogt. Die zahlreichen Grund- und niedergerichtsherrlichen Rechte in adliger, bürgerlicher und klösterlicher Hand blieben unter Oberherrschaft der eidgenössischen Orte bestehen. In Folge des zweiten Villmergerkrieges 1712 und der Niederlage der katholischen Orte mussten letztere ihre Mitherrschaft abgeben und die reformierten Orte Bern, Zürich und Glarus herrschten bis 1798 alleine über die katholische Grafschaft Baden.
Ab 1416 fanden in Baden zahlreiche Tagsatzungen statt, nach 1426 regelmässig auch die Abnahme der Jahrrechnungen aller Gemeinen Herrschaften. Tagsatzung hiessen in der Alten Eidgenossenschaft die Versammlungen, an denen bevollmächtigte Boten der eidgenössischen Orte gemeinsame Geschäfte berieten. Die Bezeichnung Tagsatzung ist abgeleitet von der Wendung "einen Tag setzen" und meint die Vereinbarung eines Termins etwa für Rechtsgeschäfte. Zusammensetzung, Funktion und Kompetenzen der Tagsatzung entwickelten sich seit dem 13. Jh. allmählich aus der Praxis. Deutlich sichtbar werden die Konturen ab 1415, da die Eroberung des Aargaus und die Einrichtung der ersten Gemeinen Herrschaft ein gemeinsames Auftreten der eidgenössischen Orte als Obrigkeit verlangte. Neben der Verwaltung der Gemeinen Herrschaften waren unter anderem die Behandlung von Kirchen- und Wirtschaftsfragen und von aussenpolitischen Themen, sowie die Vermittlung bei Konfliktfällen wichtige Geschäfte der Tagsatzung. Die Tagsatzung versammelte sich mehrmals pro Jahr. Bis 1500 trafen sich die Gesandten meist in Luzern, aber auch in Zürich, Baden, Bern, Schwyz und an anderen Orten. Nach der Reformation wurde Baden zum häufigsten Versammlungsort. Wegen den dort stattfindenden Tagsatzungen wurden im Archiv der Landvogtei zahlreiche Archivalien verwahrt, die nicht nur die Grafschaft Baden betreffen.
Von gesamteidgenössischer Bedeutung sind allen voran die Tagsatzungsabschiede samt Akten und Beilagen, die Tagsatzungsmanualia und die Jahrrechnungen der Landvögte. Als nach dem zweiten Villmergerkrieg die katholischen Orte aus der Verwaltung der Grafschaft Baden und der Unteren Freien Ämter ausgeschlossen wurden, weigerten sie sich, ihre Gesandten in das allein von reformierten Ständen beherrschte Baden zu delegieren. Man wählte das paritätische Frauenfeld als gemeineidgenössischen Tagungsort. Deshalb brechen auch die Serien der Beilagen, Akten, Manualia und Jahrrechnungen mit 1712 ab. [Vgl. Máthé, Vom Pergament zum Chip, S. 59; e-HLS, 11.10.2011: Baden (AG, Grafschaft), Tagsatzung, Gemeine Herrschaften]
Archival history:Walther Merz übernahm bei der Verzeichnung des Alten Archivs ab 1929 für das Archiv der Landvogtei Baden die 1782 bereits unter Landschreiber Salomon Escher eingeführte Trennung zwischen gemeineidgenössischen Angelegenheiten und Verwaltung der Grafschaft Baden. Daraus resultierte die Unterteilung in "Alteidgenössisches Archiv (Tagsatzungsarchiv)" und "Kanzleiarchiv der Grafschaft Baden". Wann und wo der Begriff "Kanzleiarchiv" eingeführt wurde, ist nicht mehr eruierbar. Escher hatte die Archivalien im Archiv der Landvogtei Baden geordnet und in der Reihenfolge verzeichnet, wie sie in den Gestellen des Archivraums im Landvogteischloss aufgestellt waren (AA/2251: General-Register der im Archiv der Grafschaft Baden vorhandenen Schriften; die alten Archivsignaturen entsprechen diesem Register).
Merz hat bei der Neuordnung allerdings nicht die genaue Reihenfolge des Registers eingehalten, sondern einzelne Teile umgestellt. Zudem fehlen einige Teile, die bei Escher vorhanden sind, später also vernichtet wurden oder verloren gegangen sind. Andererseits hat Merz Akten und Bücher jüngeren Datums oder von anderer Provenienz in die Bestände eingefügt. Schliesslich kam es bei der Neuordnung zum Teil auch zu einer Vermischung: Gemeineidgenössische Unterlagen wurden im Kanzleiarchiv eingeordnet und spezifisch badische Verwaltungsakten im Alteidgenössischen Archiv.
Die Tagsatzung in Baden war bis 1712 Appellationsinstanz für die Gemeinen Herrschaften gegen Entscheide ihrer Landvögte und ihr oblag auch die Abnahme der Jahresrechnung der Landvögte aller Gemeinen Herrschaften. Deshalb wurden im Landvogteiarchiv auch zahlreiche Unterlagen aufbewahrt, die nicht die Grafschaft Baden betrafen sondern andere eidgenössische Untertanengebiete. Walther Merz hat diese Teile aus dem Alteidgenössischen Archiv ausgegliedert und daraus die Bestände "Untere Freie Ämter" und "Gemeine Herrschaften" gebildet. Er hat allerdings nicht alle Unterlagen enthoben, u.a. weil zum Teil Akten verschiedener Herrschaften zusammengebunden sind. Deshalb enthält das Alteidgenössische Archiv immer noch Unterlagen zu den Gemeinen Herrschaften Freie Ämter, Rheintal und Sargans, insbesondere aber zum Thurgau.
Laut P. Mathé stammen alle Akten in den von Merz geordneten Beständen "Alteidgenössisches Archiv", "Kanzleiarchiv", "Untere Freie Ämter" und "Gemeine Herrschaften" aus dem Archiv der Landvogtei Baden (Máthé, Vom Pergament zum Chip, S. 59). Das stimmt aber nur bei den Unterlagen bis 1798. Die Akten, die jünger als 1798 sind, haben eine andere Provenienz. Dies betrifft vor allem (Grundzins-)Bereine und andere Akten, die im Zusammenhang mit der Ablösung der Feudallasten durch die kantonale Verwaltung angefertigt wurden. Auch Unterlagen aus der Verwaltung der geistlichen Institutionen gehören dazu.
Ein Grossteil des Landvogteiarchivs gelangte 1803 direkt von Baden ins Staatsarchiv nach Aarau. Die Ablieferungen zwischen 1803 und 1929 sind im Einzelnen nicht mehr nachvollziehbar. Unter Staatsarchivar Friedrich Schweizer (1842-1884) wurden die grossen älteren Bestände des Finanzarchivs, vor allem zahlreiche Urbarien und Landvogteirechnungen, ins Staatsarchiv überführt. Einige Archivalien aus der Landvogtei gelangten 1803 zuerst ins Stadtarchiv/Landvogteimuseum von Baden und wurden 1996 ans Staatsarchiv übergeben. Daneben wurden 1991 Akten aus der Kantonsbibliothek Aargau übernommen.
Folgende Serien blieben 1803 in Baden zur weiteren Verwendung durch den Bezirksamtmann und das Bezirksgericht zurück und waren 1929 grösstenteils nicht mehr vorhanden: sämtliche Kirchen- und Religionssachen, sämtliche Landvogteiakten der einzelnen Ämter bis auf die Ämter Klingnau und Kaiserstuhl, alle Waisenbücher und -akten, die 46 Bände der Landvogteiverwaltung 1643-1795 (Amts-Acta) die Oberamtsprotokolle ab 1673, die Audienzbücher ab 1601, 53 Bände Gantakten ab 1550, 25 Bussenrödel und 13 Schreib- und Siegeltaxbücher. Damit fehlen wichtige Unte
rlagen der eigentlichen Verwaltungstätigkeit des Landvogtes. [Vgl. Máthé, Vom Pergament zum Chip, S. 58-61, S. 66; Boner, Hauptzüge der Geschichte des aargauischen Staatsarchivs, in: Argovia 91, S. 431-432, S. 440-443]

Information on content and structure

Contains:AA/2250b - AA/2763; Streudaten ab 1291; Register; Kopialbücher; Urbare; Bereine; Erbrecht; Gantrecht; Zugrecht; Waisenordnung; eidgenössische Abschiede; Akten und Beilagen zu den Abschieden ; Manualia der Tagsatzungen; Syndikatsprotokolle mit Akten und Beilagen; Jahrrechnungsabschiede; Mandate; Lehenbücher; Landvogteirechnungen und weitere Rechungsbücher; Zinsrodel; Gemeindeakten; Kriminalakten; Manuale der Urteile der Landvögte; Sanitätsakten; Rechnungen und Akten zu Kirchen und Klöster
Appraisal and destruction:Die Unterlagen wurden integral archiviert und erschlossen.

Zugangs- und Benutzungsbestimmungen

Reproduction conditions:© Staatsarchiv Aargau

Information on related materials

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Publications:Amtliche Sammlung der ältern Eidgenössischen Abschiede (1245-1798). Diverse Serien. Luzern, Zürich 1839-86.
Boner, Georg: Die Erschliessung ausländischer Archivalien zur aargauischen Geschichte. In: Argovia 84 (1972), S. 96-117.
Merz, Walther: Inventar des Stadtarchivs Baden. In: Merz, Walther (Hg.): Die Inventare der aargauischen Stadtarchive, 1. Abt. Aarau 1917, S. 131-158.
Rechtsquellenkommission des Schweizerischen Juristenvereins (Hg.): Repertorium schweizergeschichtlicher Quellen im Generallandesarchiv Karlsruhe. Zürich 1981-1990.
Welti, Friedrich Emil (Hg.): Die Urkunden des Stadtarchivs Baden im Aargau, 2 Bde. Bern 1896 und 1899.
Willy Pfister: Inventar der aargauischen reformierten Pfarrarchive. Aarau 1942. (Sign. StAAG: STA Cg 7)
Willy Pfister und Georg Boner: Aargauische Gemeindearchive Inventare. Aarau, Staatsarchiv 1999. (Sign. StAAG: STA Cg 4)
Bütikofer, Niklaus: Zur Funktion und Arbeitsweise der eidgenössischen Tagsatzung des 15. und 16. Jahrhunderts. In: Zeitschrift für Historische Forschung 13 (1986), S. 15-41.
Bütikofer, Niklaus: Konfliktregulierung auf den Eidgenössischen Tagsatzungen des 15. und 16. Jahrhunderts. In: Parliaments, Estates and Representation II (1991), S. 103-115.
Jucker, Michael: Gesandte, Schreiber, Akten. Politische Kommunikation auf eidgenössischen Tagsatzungen im Spätmittelalter. Zürich 2004.
Kreis, Hans: Die Grafschaft Baden im 18. Jahrhundert. Zürich 1909.
Mittler, Otto: Die Grafschaft Baden. In: Aargauer Heimat 1944, S. 41-70.
Seiler, Christophe; Steigmeier, Andreas: Geschichte des Aargaus. Illustrierter Überblick von der Urzeit bis zur Gegenwart. Aarau 1991.
Würgler, Andreas: Die Tagsatzung der Eidgenossen. Spontane Formen politischer Repräsentation im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit. In: Landschaften und Landstände in Oberschwaben. Bäuerliche und bürgerliche Repräsentation im Rahmen des frühen europäischen Parlamentarismus. Hg. von Peter Blickle. Tübingen 2000, S. 99-117.
Würgler, Andreas: Die Tagsatzung der Eidgenossen. Politik, Kommunikation und Symbolik einer repräsentativen Institution im europäischen Kontext 1470-1798. Habil.schrift masch. Bern 2004.
 

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