INV-LEN922 Röm.-kath. Pfarrkirche Herz Jesu, 1933-1934 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-LEN922
Signatur Archivplan:LEN922
Titel:Röm.-kath. Pfarrkirche Herz Jesu
Bezirk:Lenzburg
Gemeinde:Lenzburg
Ortsteil / Weiler / Flurname:Bahnhofstrasse
Adresse:Bahnhofstrasse 21A
Versicherungs-Nr.:1251
Parzellen-Nr.:511
Koordinate E:2655478
Koordinate N:1248996

Chronologie

Entstehungszeitraum:1933 - 1934
Grundlage Datierung:Literatur

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Teil einer Baugruppe
Weitere Teile der Baugruppe:LEN921, LEN960
Nutzung (Stufe 1):Sakrale Bauten und Anlagen
Nutzungstyp (Stufe 2):Kirche (röm.-kath.)
Epoche / Baustil (Stufe 3):Konservative Moderne

Dokumentation

Autorschaft:Alban Gerster (1898-1986) und Wilhelm Meyer, Architekten, Laufen BL und Basel
Würdigung:Die 1933/34 nach Plänen von Alban Gerster und Wilhelm Meyer, Laufen und Basel, errichtete katholische Pfarrkirche Herz Jesu löste die westlich benachbarte alte Pfarrkirche von 1891/92 (Bauinventarobjekt LEN921) ab. Der wuchtig in Erscheinung tretende verputzte Mauerbau ist in einer für den Kirchenbau der Zwischenkriegszeit typischen traditionalistischen Formensprache gehalten, die mit dem basilikalen Schema an den frühchristlichen Kirchenbau anknüpft und in ihrer formalen Reduktion gleichzeitig auf die Moderne verweist. In zurückversetzter Lage parallel zur Bahnhofstrasse gerichtet, bildet das Gebäude zusammen mit dem 1993/94 zwischen Kirche und Strasse errichteten Pfarreizentrum von Luigi Snozzi und Bruno Jenni (Bauinventarobjekt LEN960) eine Baugruppe, die um einen zentralen, klosterartig geschlossenen Hofbereich angeordnet ist.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Die noch in den 1860er Jahren ins Leben gerufene römisch-katholische Genossenschaft gründete als ersten Schritt auf dem Weg zur Realisierung eines Kirchenbaus 1889 ein „Bau- und Garantie-Comité der römisch-katholischen Kirche in Lenzburg" [1]. 1891/92 konnte man an der Bahnhofstrasse nach Plänen von Architekt Wilhelm Hanauer, Luzern, eine bescheidene Saalkirche mit angebautem Pfarrhaus realisieren (Bauinventarobjekt LEN921). Mit dem Fortschreiten der Industrialisierung nach dem Ersten Weltkrieg setzte eine immer grössere konfessionelle Durchmischung der Bevölkerung in der Region ein. Ein Kirchenbauverein wurde aktiv, und 1933 fasste man – trotz Wirtschaftskrise und Arbeitslosigkeit – den Beschluss für einen Kirchenneubau. Die vom Architekturbüro Alban Gerster und Wilhelm Meyer in Laufen und Basel projektierte Herz-Jesu-Kirche konnte am 26. April 1934 eingeweiht werden [2]. Alfred Anklin in Basel schuf Altäre und weitere Ausstattung, Giuseppe Scartezzini in Zürich die Glasfenster; Rüetschi in Aarau lieferte das Geläute. Aus der alten Kirche, deren Turm abgebrochen wurde, entstand 1935 ein Kirchgemeindesaal (Pfarreiheim), der 1993/94 wiederum durch das neue Pfarreizentrum von Luigi Snozzi und Bruno Jenni (Bauinventarobjekt LEN960) abgelöst wurde.
Anlässlich einer Innenrenovation schuf der Bildhauer Romano Galizia 1967 einen neuen Altar und einen Ambo. Von Kunstmaler Godi Hirschi, Root LU, stammen die drei farbigen Fenster im Vorraum, ausgeführt 1968 vom Atelier Engeler, Andwil SG [3]. Im Zusammenhang mit dem Bau des neuen Pfarreizentrums wurde die Kirche 1993/94 einer Gesamtrenovation unter der Leitung des Lenzburger Architekten Hans Amrein unterzogen. Der Kirchenraum erfuhr dabei eine Neugestaltung durch den Architekten und den Künstler Godi Hirschi; am südlichen Seitenschiff erfolgte der Anbau einer Werktagskapelle.
Beschreibung:Die Herz-Jesu-Kirche ist eine wuchtige, dreischiffige Basilika, die in einer im Kirchenbau der Zwischenkriegszeit verbreiteten traditionalistischen Formensprache gehalten ist und sich typologisch wie formal auf den frühchristlichen Kirchenbau bezieht. Sie liegt, ungefähr geostet, mit ihrer Längsseite parallel zur Bahnhofstrasse. An das weite Langhaus, dessen Obergaden von hohen Rundbogenfenstern durchbrochen ist, schliessen schmale, spärlich belichtete Seitenschiffe an. Die glatt verputzten Fassaden werden von flach geneigten, knappen Sattel- und Pultdächern abgeschlossen, was dem Bau eine kubisch reduzierte, südländisch anmutende Erscheinung gibt. Auf plastischen Bauschmuck ist im Sinn der Moderne weitgehend verzichtet.
Der eingezogene Chor wird auf der Nordseite von einem massigen Glockenturm begleitet, der mit querrechteckigem Grundriss an das Kirchenschiff gestellt ist. Zeittypisches Gestaltungselement ist das Glockengeschoss, das mit Zifferblatt und unterschiedlich grossen, lanzettförmigen Schallfenstern schmal- und breitseitig jeweils unterschiedlich gestaltet ist. Der Zugang erfolgt an der zur Strasse gerichteten nördlichen Seitenschiffwand. Ursprünglich war er durch eine hohe, dreiseitig offene Bogenhalle akzentuiert; heute schliesst hier unmittelbar der Querflügel des Pfarreizentrums von Snozzi und Jenni (Bauinventarobjekt LEN960) an, das zusammen mit dem Kirchenbau einen klosterartig geschlossenen Innenhof definiert. An beiden Stirnseiten öffnet sich jeweils markant eine trichterförmig gerahmte Rosette. An das rückwärtig gelegene, südliche Seitenschiff lagern sich Nebenräume sowie die 1993/94 ergänzte, im Grundriss segmentbogige Werktagskapelle.
Das Innere des Mittelschiffs ist als weiter, flachgedeckter Saal gestaltet, auf den sich die korridorartigen Seitenschiffe über gedrungene, von wuchtigen Muschelkalkpfeilern gestützte Spitzbogen öffnen. Die Balkendecke des Mittelschiffs liegt auf zwei von einer Hängesäulenkonstruktion fixierten Unterzügen und zeigt ebenso wie jene der Vorhalle noch die ursprüngliche dekorative Schablonenmalerei mit geometrischen Motiven. Der durch einen Triumphbogen abgesetzte, eingezogene Chor ist mit einem Kreuzgewölbe abgeschlossen. Die Westseite wird von einer Orgelempore eingenommen, deren Brüstung mit Schnitzereien in Heimatstilformen belebt ist. In seiner Lichtstimmung wird der weiss gestrichene Innenraum durch die von Godi Hirschi 1993/94 geschaffenen Seitenfenster bestimmt, die in kalten Violett-Blau- und warmen Gelb-Grün-Tönen gehalten sind. Ebenfalls von Hirschi stammt das drehbare, in den Elementarfarben gehaltene Stoffpanneau, hinter dem die mit ihrem Gegenlicht als störend empfundene Chorrosette verborgen wurde. Sie zeigt eine Herz-Jesu-Darstellung von Maler Giuseppe Scartezzini [4]. An der Chorwand ist eine farbig gefasste, barocke Madonnenstatue aufgestellt.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Stadt Lenzburg. Inventar der kommunal schutzwürdigen Gebäude, 1997 (BNO 1997, Anhang 1, Inventarliste), Nr. 3a.
- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), nationale Bedeutung.
Anmerkungen:[1] Geschichtliches nach Neuenschwander 1994, S. 423-425 und Mittler 1937, S. 123f.
[2] Zu Alban Gerster (1898-1986) vgl. Isabelle Rucki und Dorothee Huber (Hrsg.), Architektenlexikon der Schweiz 19./20. Jahrhundert, 1998, S. 211; zu den von Gerster und Meyer realisierten katholischen Kirchenbauten siehe Fabrizio Brentini, Bauen für die Kirche. Katholischer Kirchenbau des 20. Jahrhunderts in der Schweiz, Luzern 1994, S. 285f.
[3] Zu den Umbauten 1967 sowie 1993/94 Aargauer Tagblatt, 25.8.1994; Mittelland-Zeitung, 27.8.1994. Zu Romano Galizia (1922-2005) vgl. Romano Galizia, Baden 1992; SIKART. Lexikon zur Kunst in der Schweiz: http://www.sikart.ch, Art. ‚Romano Galizia‘, 2011 (Zugriff 2.10.2017; Lebensdaten); zu Godi Hirschi (1932-2017) ebd., Art. ‚Godi Hirschi‘,1998, rev. 2017 (Zugriff 2.10.2017).
[4] Zur ursprünglichen Ausstattung Mittler 1937, S. 124: „Altäre in ornamentaler Marmorinkrustation, Kommunionbank aus Sienamarmor, Kanzel und Kruzifix auf dem Hochaltar stammen von Alfred Anklin in Basel. Die zwölf farbigen Fenster und das Rundfenster auf der Stirnseite mit einer Herz-Jesu-Darstellung schuf in Zürich.“
Literatur:- Heidi Neuenschwander et al., Das katholische Pfarreizentrum Lenzburg, in: Lenzburger Neujahrsblätter, 66. Jg. (1995), S. 41-62.
- SIKART. Lexikon zur Kunst in der Schweiz: http://www.sikart.ch, Art. ‚Godi Hirschi‘, 1998, rev. 2017 (Zugriff 2.10.2017)
- Heidi Neuenschwander, Geschichte der Stadt Lenzburg. 19. und 20. Jahrhundert [Geschichte der Stadt Lenzburg, Bd. III], Aarau 1994 (auch erschienen als: Argovia, Bd. 106/1), S. 423-425.
- Hans Maurer et al., Lenzburg AG (Schweizerische Kunstführer, Nr. 429/430), Bern 1988, S. 11.
- Otto Mittler, Katholische Kirche des Bistums Basel, Bd. V: Kanton Aargau, Olten 1937, S. 123f.
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=39438
 

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