INV-RUF908 Josefskapelle, 1934 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:INV-RUF908
Signatur Archivplan:RUF908
Titel:Josefskapelle
Ansichtsbild:
1/2
Bildlegende:Ansicht von Südosten (2022)
Bezirk:Bremgarten
Gemeinde:Rudolfstetten-Friedlisberg
Ortsteil / Weiler / Flurname:Friedlisberg
Adresse:Im Baumgarten 4.1
Versicherungs-Nr.:166
Parzellen-Nr.:157
Koordinate E:2671722
Koordinate N:1246274
Situationsplan (AGIS):https://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2671722&y=1246274

Chronologie

Entstehungszeitraum:1934
Grundlage Datierung:Literatur

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Sakrale Bauten und Anlagen
Nutzungstyp (Stufe 2):Kapelle

Dokumentation

Autorschaft:Adolf Gaudy (1872–1956)
Würdigung:1934 nach Plänen des renommierten Rorschacher Architekten Adolf Gaudy (1872–1956) errichtete röm.-kath. Kapelle, die dem Hl. Josef geweiht ist. Der längsrechteckige Saalbau unter einem Satteldach mit Dachreiter zeigt mit dem Leitmotiv der Parabel, welche für die Fenster, den Chorbogen, die Bogennischen unter der Chorkuppel sowie die hölzerne Überwölbung des Kapellensaals verwendet wurde, eine gemässigte Weiterentwicklung historischer Stile und mit den Anklängen an die ländlich-bäuerliche Bautradition eine Hinwendung zur Reformarchitektur. Damit ist die Kapelle ein aussagekräftiger baulicher Zeuge einer vom Stilpluralismus geprägten Phase in der Kirchenarchitektur des früheren 20. Jahrhunderts. Mit dem Wandbild des Aargauer Kirchenmalers Josef Heimgartner (1868–1939), den Glasfenstern der Zürcher Glasmanufaktur Mäder & Cie und den Kreuzwegstationen des Kirchenmalers Kaspar Schleibner (1863–1931) birgt die Kapelle eine qualitätsvolle bauzeitliche Ausstattung.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Eine Kapelle in Friedlisberg ist um 1370 erstmals urkundlich bezeugt. 1431 wurde sie nach einem Brand wiederhergestellt. Eine weitere Erneuerung erfolgte 1642 [1]. Bis zu ihrer Zerstörung durch den Dorfbrand von 1868 war die Jakobus d. Ä. geweihte Kapelle ein vielbesuchter Wallfahrtsort, da sie sich an einer der Pilgerrouten nach Santiago de Compostela befand. Mit dem Ziel, in Friedlisberg eine neue Kapelle zu errichten, gründete sich 1933 der röm.-kath. Kapellenverein Friedlisberg. 1934 wurde mit dem Bau der heutigen Kapelle nach Plänen des für seine Kirchenbauten berühmten Rapperswiler bzw. Rorschacher Architekten Adolf Gaudy (1872–1956) [2] begonnen, an dem sich viele Freiwillige aus der Bevölkerung beteiligten. Am 21. Oktober fand die Kapellenweihe statt, wobei das Patrozinium gewechselt wurde: Als neuer Schutzpatron wurde der Hl. Josef gewählt, da sein Gedenktag am 19. März im Gegensatz zum Jakobustag am 25. Juli nicht in der für die Bauersleute arbeitsreichen Erntezeit liegt. Zudem erhoffte sich der Kapellenverein vom Hl. Josef als dem Patron der Zimmerleute einen besonderen Schutz für die mit reichen Holzarbeiten ausgestattete Kapelle [3].
1987 fand eine Sanierung der Kapelle statt [4].
Beschreibung:Die Kapelle St. Josef befindet sich im Dorfkern von Friedlisberg auf der Westseite der Friedlisbergstrasse. Dort steht sie an der Hangkante des Plateaus von Friedlisberg. Der Saalbau erhebt sich über einem längsrechteckigen Grundriss und trägt ein steiles, leicht geknicktes Satteldach mit Biberschwanzziegeln, das über dem dreiseitigen Chorabschluss im Westen abgewalmt ist. Über der Chorpartie erhebt sich ein kupferverkleideter Dachreiter mit Spitzhelm. An die Nordseite des Chors schliesst als quadratischer Annex die Sakristei an [5]. Die Fassaden weisen einen für die Bauzeit typischen grobkörnigen Verputz auf. Die nach Südosten ausgerichtete Giebelfassade bildet die Eingangsfront. Sie zeigt ein dekorativ braun-weiss bemaltes Fluggespärre auf zierbeschnitzten Pfettenbügen. Das gestufte Rundbogenportal in der Mittelachse wird von einem kleinen Walmdach auf paarweise angeordneten Bügen geschützt. Darüber befindet sich eine schlanke Rundbogennische mit einer Skulptur des Hl. Josefs mit dem Christuskind. Traufseitig belichten je zwei parabelförmige Fenster den Kapellenraum; im Bereich der Empore im Osten sowie an der Südwand des Chors sind es kreisrunde Fenster.
Die Parabel als Leitmotiv der Josefskapelle erscheint auch im Innenraum, nämlich beim Chorbogen und den drei parabelförmigen Bogennischen, über denen die Halbkuppel des Chors aufragt.
Eine vierfach abgewinkelte Leistendecke über dem Kapellenraum, die ihre ursprüngliche Farbfassung bewahrt, folgt ebenfalls der Parabelform. In der Schweiz entstanden in den 1930er-Jahren einige Kirchenbauten, die mit der Form der Parabel experimentierten. Bei deren Schöpfern handelte es sich um Architekten, die sich nicht der Architekturströmung des Neuen Bauens anschlossen, sondern eine gemässigte Weiterentwicklung der historischen Stile verfolgten. Der architektonische Einsatz der Parabel zeugt somit von einer alternativ zum Neuen Bauen verlaufenden Suche nach neuen oder abgewandelten Formen [6]. Gaudy war mit seinen ersten Kirchenbauten, beispielsweise der röm.-kath. Pfarrkirche St. Nikolaus in Brugg von 1905–1907, stark dem Neobarock verpflichtet, den er später z. B. bei der röm.-kath. Pfarrkirche St. Agatha in Dietikon von 1926/27 mit Jugendstilelementen verband. Seine Friedlisberger Josefskapelle zeigt mit ihren feinen Anklängen an die bäuerlich-ländliche Architektur wie dem Fluggespärre und den zierbeschnitzten Bügen an der Eingangsfront eine Hinwendung zur Reformarchitektur [7].
Die bauzeitliche Ausstattung der Kapelle ist zum Grossteil erhalten. Im Chor über dem Altar befindet sich ein Wandbild des in Fislisbach geborenen Kirchenmalers und Restaurators Josef Heimgartner (1868–1939) [8]. Es zeigt Christus umringt von knienden Kindern, von denen der Junge rechts im Vordergrund eine Schreibtafel mit dem Datum der Kapellenweihe trägt. Am Scheitelpunkt der Chorkuppel ist die Heiliggeisttaube abgebildet. Die grossen Glasfenster stammen von der 1887 gegründeten Zürcher Glasmanufaktur Mäder & Cie [9]. Dargestellt sind an der Nordseite die Heiligen Aloisius von Gonzaga und Fridolin sowie an der Südseite Idda von Toggenburg und Elisabeth von Thüringen. Das kreisrunde Chorfenster zeigt mit dem Hl. Jakobus d. Ä. den Patron des Vorgängerbaus. Unterhalb der Empore im Osten befinden sich beidseits die Gemälde mit den Kreuzwegstationen. Sie sind Werke des deutschen Kirchenmalers Kaspar Schleibner (1863–1931) und spätnazarenisch geprägt.
Anmerkungen:[1] Felder 1967, S. 350.
[2] Zu Adolf Gaudy siehe Isabelle Rucki, Dorothee Huber (Hg.), Architektenlexikon der Schweiz. 19./20. Jahrhundert, Basel 1998, S. 205–206; Fabrizio Brentini, Bauen für die Kirche. Katholischer Kirchenbau des 20. Jahrhunderts in der Schweiz, Luzern 1994, S. 284–285; Matthias Walter, Inszenierung des Heimischen. Reformarchitektur und Kirchenbau 1900–1920, Basel 2020, S. 65–70. Im Aargau hat Gaudy auch die neobarocke röm.-kath. Pfarrkirchen in Brugg von 1905–1907 (Kantonales Denkmalschutzobjekt BRU010) und diejenige in Zofingen von 1928–1930 entworfen.
[3] Römisch-Katholische Kirche im Aargau, Josefskapelle, Friedlisberg bei Rudolfstetten (https://www.aargauerkapellen.ch/kapellen/Josefskapelle_FriedlisbergbeiRudolfstetten/, konsultiert am 24.01.2023.)
[4] Geschichte der Kapelle St. Josef auf der Homepage des Röm.-kath. Kapellenverein Friedlisberg (https://kapelle-friedlisberg.ch/geschichte.html, konsultiert am 24.01.2023.)
[5] In der Sakristei befindet sich eine 84 cm grosse Lindenholzskulptur der Maria Immakulata aus der zweiten Hälfte des 16. Jh. (Felder 1967, S. 350.)
[6] Vgl. Brentini 1994, S. 42–44.
[7] Vgl. Walter 2020, S. 65–70.
[8] Zu Josef Heimgartner siehe Biographisches Lexikon des Aargaus 1803-1957. Aarau, 1958, S. 336. Im Aargau hat Heimgartner z. B. in der röm.-kath. Pfarrkirche St. Kosmas und Damian in Spreitenbach (Kantonales Denkmalschutzobjekt SPB001) 1920 das Chorbogenbild mit dem Jüngsten Gericht geschaffen und in der röm.-kath. Pfarrkirche St. Leodegar in Oberlunkhofen (Kantonales Denkmalschutzobjekt OLU001) 1924 die Deckenmalereien mit der Geburt und Himmelfahrt Christi im Langhaus.
[9] Zur Glasfirma Mäder & Cie, Zürich siehe Glas Mäder Zürich. Firmenchronik (https://www.glas-maeder.ch/glas-maeder/geschichte.html, konsultiert am 24.01.2023). Im Aargau befinden sich Werke von Glas Mäder z. B. in den röm.-kath. Pfarrkirchen von Aristau (Bauinventarobjekt ARI909), Sulz (Bauinventarobjekt SUL901), Aarau (Kantonales Denkmalschutzobjekt AAR127) und Schwaderloch sowie in der christkatholischen Pfarrkirche in Hellikon (Bauinventarobjekt HEL901) und der ev.-ref. Pfarrkirche in Birmenstorf (Kantonales Denkmalschutzobjekt BIT003).
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), regionale Bedeutung.
- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), regionale Bedeutung, Einzelobjekt 1.0.1 Kapelle, Erhaltungsziel A.
Literatur:- Peter Felder, Die Kunstdenkmäler des Kanton Aargau. Bd. 4: Der Bezirk Bremgarten, Basel 1967, S. 350.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau (StAAG): CA.0001/0100, Vers.-Nr. 166, Brandkataster Gemeinde Rudolfstetten, 1899–1938.
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=139589
 

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