INV-WIN919 Dorfstrasse 64, 1706 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-WIN919
Signatur Archivplan:WIN919
Titel:Dorfstrasse 64
Bezirk:Brugg
Gemeinde:Windisch
Ortsteil / Weiler / Flurname:Unterwindisch
Adresse:Dorfstrasse 64
Versicherungs-Nr.:56
Parzellen-Nr.:1853
Koordinate E:2659529
Koordinate N:1259435
Situationsplan (AGIS):http://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/html/agisviewer.htm?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2659529&y=1259435

Chronologie

Entstehungszeitraum:1706
Grundlage Datierung:Inschrift (Dachbug)

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Landwirtschaftliche Bauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Ländlicher Oberschichtbau

Dokumentation

Inschriften:"1706" (Dachbug)
Würdigung:1706 wohl unter Einbezug eines älteren Kerns errichtetes Wohnhaus, das mit seinem fast schon herrschaftlichen Gepräge als Bau der ländlichen Oberschicht zu erkennen ist. Das Gebäude, das trotz eines durchgreifenden Umbaus um 1990 wesentliche Elemente seiner Konstruktion wie auch seiner Erscheinung bewahrt, gehört zum ältesten Baubestand im alten Dorfkern von Unterwindisch. Es ist mit der Gesamtform, dem auffallend steilen und mächtigen Giebeldach sowie den gekuppelten Kehlfenstern noch der Spätgotik verpflichtet.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Das Wohnhaus Dorfstrasse 64 repräsentiert zusammen mit dem gegenüberliegenden, stark veränderten Bauernhaus Dorfstrasse 53 (Vers.-Nr. 55) und einigen Gebäuden an der Ländestrasse (Bauinventarobjekte WIN917/918) die älteste Hausgeneration in Unterwindisch. Seine heutige Gestalt erhielt das im Kern wohl früher entstandene Haus im wesentlichen durch einen Umbau, der am nordwestlichen Dachbug mit der Jahrzahl 1706 datiert ist. Aus einer früheren Bauphase stammen wohl die Fachwerkwand mit einem heute nicht mehr benutzten Hauseingang an der südlichen Traufseite und vielleicht auch die Kehlfenster im Erdgeschoss der strassenseitigen Trauffassade. Das stattliche Gepräge des Hauses verrät eine vermögende Bauherrschaft. Die mit der Jahrzahl 1706 verbundenen Initialen LM an einem der Büge könnten für Lienhard Meier (1651–1720) stehen, der ab 1696 als Amtsuntervogt unmittelbarer Stellvertreter des Königsfelder Hofmeisters war [1]. Zu Beginn des 19.Jh. war das Haus im Besitz des Neubürgers Bernhard Keller, der 1825 das benachbarte Waschhaus (Bauinventarobjekt WIN921) erstellen liess [2]. Zu nicht näher bestimmter Zeit soll in dem Haus eine Eigengewächswirtschaft betrieben worden sein [3].
Um 1990 erfolgte eine Innen- und Aussenrenovation samt Dachausbau, wobei einzelne Binnenwände entfernt und die früheren Oberflächen weitgehend ersetzt wurden.
Beschreibung:Das stattliche zweigeschossige Haus steht etwas zurückversetzt und mit leicht abgedrehter Firstrichtung traufständig an der Dorfstrasse im alten Windischer Unterdorf. Es handelt es sich um einen steilgiebligen Putzbau, der über dem grösstenteils massiv errichteten Erdgeschoss in Fachwerk aufgeführt ist und unter einem steilen Satteldach mit tiefliegendem Knick liegt. Die stirnseitigen Pfettenvorstösse ruhen an der westlichen Stirnseite auf gekrümmten Bügen. Am nördlichen haben sich die Jahrzahl 1706 und die Initialen „LM“ erhalten; früher waren zudem die Initialen „BWL“ zu erkennen [4]. Die traufseitige Strassenfront bewahrt die spätgotische Befensterung mit vier Fensterpaaren, von denen die mittleren in beiden Geschossen vor den Stuben zusammengerückt sind. Im gemauerten Erdgeschoss sind die gekehlten und mit einem Ladenfalz versehenen Gewände aus Muschelkalkstein gehauen, während man sich am geriegelten, vor der Witterung besser geschützten Obergeschoss mit Holzrahmen begnügte. Die durchlaufenden, sorgfältig profilierten Brustriegel der holzgefassten Obergeschossfenster stellen in frühbarocken Formen ein Element dar, das an die spätgotische Reihenbefensterung erinnert. Der Hauseingang, dessen einfaches Rechteckgewände vielleicht aus dem 19. Jh. stammt, besetzt die erste Fensterachse von Osten.
Rückwärtig birgt der Dachvorschermen eine Obergeschosslaube, die über eine Aussentreppe zugänglich ist. Ein alter, seit langem nicht mehr benutzter Hauseingang dokumentiert, dass die von der Obergeschosslaube geschützte, nach Süden gerichtete Rückfront einst wohl ganz aus Fachwerk errichtet war: Der Eck- und ein Wandständer sowie die Türpfosten reichen auf eine Eichenschwelle herab, in der noch die durchgezäpften Schwellenschlösser erhalten sind. Besondere Erwähnung verdient die hölzerne, ziergefaste Rahmung des einstigen Hauseingangs, dessen Sturzholz zu einem perfekten Rundbogen ausgeschnitten ist. Am Türgericht sind noch kleine Reste einer roten Farbfassung des Holzwerks zu erkennen.
An der westlichen Giebelfassade stammen die axial bezogenen, steingerahmten Einzelfenster im Erdgeschoss und Obergeschoss aus dem 19. Jh.; die Giebellichter wurden beim Dachausbau hinzugefügt. Vor der östlichen Stirnseite des Hauses liegt ein ehemaliger Werkstattanbau unter Pultdach.
Das Innere ist in drei Geschosswohnungen geteilt. Die Erdgeschosswohnung (nicht gesehen) ist über den frontseitigen Hauseingang zugänglich, die Obergeschoss- und die Dachwohnung über die rückwärtige Laube. Im Obergeschoss ist die alte Raumstruktur überwiegend noch erhalten, wobei einige Binnenwände aus Fachwerk freigelegt sind. Die ehemalige Stube ist mit einem Nebenraum zum heutigen Wohnzimmer erweitert. In diesem wurde die 1990 freigelegte Balkendecke sichtbar belassen, während Böden und Decken sonst durchgehend erneuert, resp. verschalt sind. Das um 1990 ausgebaute Dachgeschoss ruht auf einem Zwischenboden, der etwas mehr als einen halben Meter über der Obergeschossdecke eingezogen wurde. Im oberen Dachgeschoss ist das Fachwerk der Giebelwände sichtbar. Vollständig erhalten ist das sicherlich aus der Bauphase von 1706 stammende Dachgerüst. Es handelt sich um einen Sparrenkonstruktion mit liegendem Stuhl und Dreieckstreben, die eine Firstpfette als Auflager für die weiteren Sparren tragen. Unter dem Haus erstreckt sich quer zum First ein Gewölbekeller, der über einen Aussenabgang in der Mitte der südlichen Traufseite zugänglich ist.
Erwähnung in anderen Inventaren:– Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), lokale Bedeutung.
Anmerkungen:[1] Baumann 1983, S. 393.
[2] Zur Person von Bernhard Keller und seinen Schwierigkeiten, sich als Neubürger gegen die Alteingesessen durchzusetzen vgl. Baumann 1983, S. 435f.
[3] Stettler / Maurer Kdm AG II 1953, S. 462.
[4] Stettler / Maurer Kdm AG II 1953, S. 462.
Literatur:– Michael Stettler / Emil Maurer, Die Bezirke Lenzburg und Brugg (Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau, Band II), Basel 1953, S. 462.
– Max Baumann, Geschichte der Gemeinde Windisch vom Mittelalter zur Neuzeit, Brugg, 1983, S. 390–393, 435f.
Quellen:– Kantonale Denkmalpflege Aargau, Fotoarchiv.
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=48468
 

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