INV-OBK901 Schulhaus, 1850 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-OBK901
Signatur Archivplan:OBK901
Titel:Schulhaus
Bezirk:Kulm
Gemeinde:Oberkulm
Ortsteil / Weiler / Flurname:Neudorf
Adresse:Neudorfstrasse
Versicherungs-Nr.:145
Parzellen-Nr.:540
Koordinate E:2651601
Koordinate N:1238870

Chronologie

Entstehungszeitraum:1850
Grundlage Datierung:Brandkataster; Literatur

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Teil einer Baugruppe
Weitere Teile der Baugruppe:Turnhalle (OBK915)
Nutzung (Stufe 1):Öffentliche Bauten und Anlagen
Nutzungstyp (Stufe 2):Schulhaus
Epoche / Baustil (Stufe 3):Biedermeier

Dokumentation

Autorschaft:Zimmermann Jakob Schlatter, Oberkulm
Würdigung:Spätklassizistisch-biedermeierliches Schulhaus in zeittypisch schlanken Proportionen, das sein streng axial gegliedertes und mit charakteristischen Zierelementen akzentuiertes Fassadenbild nahezu vollständig bewahrt hat. Der in damals üblicher Weise direkt an die Strasse gestellte dreigeschossige Mauerbau setzt als markanter Baukörper einen prägenden Akzent im Neudorf. Reihte er sich einst in den zeilenförmigen ländlichen Baubestand ein, so steht er heute weitgehend frei, im Vordergrund des weitläufigen Schulhausareals. Neben dem hohen Situationswert kommt dem Gebäude eine erhebliche Bedeutung auf lokal- und siedlungsgeschichtlicher Ebene zu.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Nachdem der Unterricht anfänglich in den Stuben von Privathäusern abgehalten worden war, liess die Gemeinde bereits 1736 ein erstes Schulhaus erbauen, dessen Standort jedoch nicht überliefert ist. Als die Raumverhältnisse nach vierzig Jahren zu eng wurden, verlegte man die Schule in ein neues Gebäude. Den Bauplatz hierfür hatte man im ehemaligen Baumgarten von Jakob Müller an der Dorfstrasse 2 gefunden. Die Kosten des 1778 errichteten Schulhauses beliefen sich auf 348 Gulden, 7 Batzen und 1 Kreuzer, wobei die Kirche die Fenster bezahlte und die Obrigkeit Subventionen von 85 Gulden und 5 Batzen beisteuerte. Auch dieses Schulhaus erwies sich schon bald als zu klein, weshalb es nach nur fünf Jahren erweitert werden musste [1]. Gemäss einer Zählung von 1799 besuchten 150 Kinder die Oberschule und 114 die Unterschule. Als von der Obrigkeit der Bau eines neuen Schulhauses gefordert wurde, erachtete es das Dorf dennoch für dringlicher, zuerst für ein Gemeindewirtshaus zu sorgen. Erst 1837 – mittlerweile war die Schülerzahl auf 307 angewachsen – nahm man sich der Aufgabe an. Man entschied sich für einen Standort weiter südöstlich im Neudorf, was sich hinsichtlich der räumlichen Entwicklungsmöglichkeiten als weitsichtig erweisen sollte. 1844 wurde der Neubau beschlossen; zur Ausführung kam es – wohl unter anderem bedingt durch die unruhigen Zeiten der Freischarenzüge und des Sonderbundkrieges – jedoch erst 1850. Den Auftrag für den Bau erhielt der im Sood, Oberkulm, wohnhafte Zimmermann Jakob Schlatter. Das Baumaterial wurde teilweise unter Beteiligung der Bürger gesammelt, die angewiesen waren, entsprechend ihrer Steuerpflicht Mauersteine zu liefern. Anstatt der veranschlagten 8950 Franken kam das Schulhaus schliesslich auf 13'964 Franken zu stehen [2].
1864 waren infolge eines Brandschadens Reparaturarbeiten notwendig [3]. In Ergänzung zum Turnlokal im Schulhaus wurde 1873 südöstlich des Gebäudes ein erster Turnplatz erstellt. 1970 zog der erste Kindergarten der Gemeinde in eines der Zimmer ein [4]. Weitere Anpassungen erfolgten anlässlich der Aussenrenovation von 1978, als auf der Rückseite beidseits des Quergiebelanbaus eingeschossige WC-Anlagen angefügt wurden, sowie bei der Innenrenovation von 1980 mit der Modernisierung der Unterrichtsräume und dem Ausbau des Dachgeschosses [5].
Beschreibung:In Fortsetzung der damals bestehenden dörflichen Bebauung wurde das Schulhaus traufständig an die Neudorfstrasse gestellt. Es erhebt sich über einem niedrigen Kellersockel als schlank proportionierter, dreigeschossiger Mauerbau mit geradem Satteldach. In der Mitte der Rückseite weist der mit längsseitig sieben auf giebelseitig drei Fensterachsen streng symmetrisch gegliederte Baukörper einen Treppenhausanbau unter Quergiebel auf. Die hohen Rechtecklichter werden von schmalen Muschelkalkgewänden mit Ladenfalz eingefasst. Wie die grossen Rundbogenfenster in den Giebelfeldern waren sie früher wohl mit Jalousieläden ausgestattet (vgl. Bilddokumentation, historische Aufnahme). Erstere setzen als variiertes Palladiomotiv – einer vom antiken Triumphbogen abgeleiteten Form der Wandöffnung – an beiden Stirnseiten den Hauptakzent: Eine Muschelkalkplatte bildet das Mittelstück zwischen zwei gekuppelten Rundbogenfenstern mit reich profiliertem Gewändebogen, wobei die kapitellartig profilierten Kämpfer über dem Mittelfeld zu einem durchlaufenden Gesims verbunden sind.
Die strassenseitige Mittelachse besetzt das über eine doppelläufige Freitreppe (erneuert, ehemals Pyramidentreppe) erreichbare Eingangsportal, das von zwei Pilastern flankiert und von einem wuchtigen Kranzgesims bekrönt wird (Türblatt erneuert, ehemals mit Oblicht). Die Brüstung zum darüber liegenden Obergeschossfenster ist mit einer unverzierten Muschelkalkplatte und einem Gesimsabschluss als einfache Supraporte ausgebildet. Mit Kalksteinplatten abgesetzt ist der hohe Gebäudesockel, der einen parallel zum First verlaufenden Gewölbekeller birgt (gemäss Kurzinventar 1993). Die Fassaden sind mit einem grobkörnigen Besenwurf wohl aus dem frühen 20. Jh. verputzt. Möglicherweise stammt auch die rundbogenförmig abschliessenden Lisenengliederung des Treppenhausanbaus mit dem halbgeschossig versetzten Hinterausgang aus dieser Zeit. Oben leitet die Fassade mit einer dünnen Leiste zur holzverschalten Hohlkehle der Dachuntersicht über.
Die Erschliessung erfolgt über einen durchlaufenden Mittelgang mit Treppe im rückwärtigen Bereich, wobei jeweils auf beiden Seiten des Flurs ein grosses Schulzimmer angeordnet ist.
Ein typologisch vergleichbares Schulhaus mit Baujahr 1841, erbaut von Daniel Gloor, Zimmermann, und Daniel Lüscher, Maurer, befindet sich in Seon (Bauinventarobjekt SEO901).
Zur Anlage gehört ein wohl gleichfalls in Muschelkalk gearbeiteter Laufbrunnen von 1924, der etwas seitlich des Haupteingangs vor dem Schulhaus steht. Er trägt in der Mitte der Längsfront das Jahr seiner Fertigstellung und am mittig dahinter aufgestellten Stock einen glockenförmigen Aufsatz mit dem von einer Girlande geschmückten Wappen Oberkulms.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), lokale Bedeutung.
- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), Einzelelement, Erhaltungsziel A.
Anmerkungen:[1] Steiner 1991, S. 89-90. Dieser Vorgängerbau des bestehenden Schulhauses hat sich im heutigen Restaurant Huber an der Dorfstrasse 2 (Vers.-Nr. 174) als stark überformter Kernbau erhalten. Die Verlängerung des ursprünglich nur etwa halb so langen Gebäudes lässt sich insbesondere im Gebälk der Dachkonstruktion ablesen (Bilddokumentation Kantonale Denkmalpflege).
[2] Steiner 1991, S. 90-93.
[3] Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0257: Brandkataster Gemeinde Oberkulm 1850-1875 (Vers.-Nr. 141).
[4] Steiner 1991, S. 150-151.
[5] Gemäss Kurzinventar 1995.
Literatur:- Karl Steiner, Oberkulm. Zeitbilder aus der dörflichen Vergangenheit bis zur Gegenwart, 2. Ausgabe, Oberkulm 1991, S. 87-94, 150-153, 159-160.
- Hans Walti, Oberkulm. Vergangenheit und Gegenwart in Bildern, Oberkulm 1995, S. 23.
- Kunstführer durch die Schweiz, Bd. 1, Bern 2005, S. 50.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0257-0259: Brandkataster Gemeinde Oberkulm 1850-1938 (Vers.-Nr. 141; 144; 145).
- Kantonale Denkmalpflege Aargau, Fotoarchiv.
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=44178
 

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