INV-LEN932 Schiessstand, 1912-1913 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-LEN932
Signatur Archivplan:LEN932
Titel:Schiessstand
Bezirk:Lenzburg
Gemeinde:Lenzburg
Ortsteil / Weiler / Flurname:Schützenmatte
Hist. Name Objekt:Schützenhaus
Adresse:Schützenmatte 6
Versicherungs-Nr.:61
Parzellen-Nr.:2402
Koordinate E:2656195
Koordinate N:1249249

Chronologie

Entstehungszeitraum:1912 - 1913
Grundlage Datierung:Schriftliche Quelle

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Teil einer Baugruppe
Weitere Teile der Baugruppe:LEN931
Nutzung (Stufe 1):Öffentliche Bauten und Anlagen
Nutzungstyp (Stufe 2):Schützenhaus
Epoche / Baustil (Stufe 3):Heimatstil

Dokumentation

Autorschaft:Theodor Bertschinger iun. (1875-1972), Baumeister, Lenzburg
Würdigung:In Heimatstilformen gehaltener Schiessstand, der 1912/13 durch den Lenzburger Baumeister und Bauunternehmer Theodor Bertschinger iun. errichtet wurde. Der breitgelagerte eingeschossige Baukörper, der unter einem hoch aufragenden, körperhaft wirkenden Walmdach liegt, fällt durch seine qualitätvolle und originelle Gestaltung auf, wobei die nur im Verputz angedeuteten Fenster- und Türgewände wie auch die halbrund vorspringende Eckpartie mit dreiteiligem, bandartig ausgebildeten Reihenfenster bemerkenswert modern erscheinen. Zusammen mit dem benachbarten, als „Cholerahaus“ bekannten alten Schützenhaus (Bauinventarobjekt LEN931) bildet der Schiessstand eine lokalgeschichtlich wertvolle Baugruppe und rahmt den alten Festplatz mit seinem schönen, geometrisch angepflanzten Hain von Rosskastanien.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Der Schiessstand besass einen Vorgänger, der wohl im mittleren 19. Jh. entstanden war und sich in gleicher Anordnung als eingeschossige Holzkonstruktion mit drei Quergiebeln und langgestreckter Korbbogenlaube zum Vorplatz hin präsentierte (vgl. Bilddokumentation) [1]. Dieses Gebäude wurde im Vorfeld des 1911 in Lenzburg veranstalteten Aargauischen Kantonalschützenfestes abgebrochen, als die Schützenmatt mit verschiedenen provisorischen Bauten zum Festgelände umgestaltet war; an derselben Stelle lag ein sehr viel grösserer Gewehr-Schiessstand [2]. Im Nachgang zum Fest liess die Schützengesellschaft 1912/13 den bestehenden Neubau erstellen [3]. Für das Projekt und die Ausführung wurde Baumeister Theodor Bertschinger iun. (1875-1972) beigezogen, der in jenen Jahren zusammen mit zwei Brüdern das vom Vater übernommene Baugeschäft führte und in Lenzburg durch weitere, stilistisch vergleichbare Bauten hervortrat [4].
2003 schloss die Schützengesellschaft Lenzburg den Umzug in die 1992 eröffnete Schiessanlage in der Kiesgrube Lenzhard ab, womit der Schiessstand seine angestammte Nutzung verlor [4]. Das Gebäude präsentiert sich bis heute praktisch unverändert.
Beschreibung:Der kurz hinter der Hangkante zum Aabachtal gelegene, in originellen Heimatstilformen gehaltene Schiessstand ist auf das offene Feld der Schützenmatt ausgerichtet. Wie schon sein Vorgänger quer zum sogenannten „Cholerhaus“, dem alten Schützenhaus (Bauinventarobjekt LEN931), angeordnet, fasst er zusammen mit diesem einen baumbestandenen Festplatz, der als Veranstaltungsort für die Schützenfeste diente. Der gedrungene eingeschossige Baukörper ist unter einem Walmdach mit doppelter Biberschwanzdeckung geborgen, das mit seinem hohen, ausladenden Volumen den Eindruck der Schwere erweckt. Die massiv gemauerten Fassaden sind mit einem grobkörnigen Besenwurf verputzt, der in origineller Weise auch die nur im Putz gezeichneten Gewände der fenster- und Türöffnungen überzieht. Die Front zum Festplatz ist – vielleicht in Anlehnung an den Vorgängerbau – als dreijochige, hölzerne Segmentbogenlaube gestaltet. Deren Bögen werden durch dünne, an den Kanten mit Eierfasen verzierte Bretter gebildet, welche zwischen die stark gebauchten Holzsäulen eingehängt sind. Von der Laube führt links ein Eingang in Schützenstube, die als halbrunder Baukörper samt Spitzhelm zum „Cholerahaus“ hin vorkragt und so den Platzzugang markiert. Einen auffallend modernen Akzent setzt hier das dreiteilige, gerundete Reihenfenster mit durchlaufender Sohlbank und verputzten, gerundeten Zwischenpfosten. Drei Türen öffnen sich in der Laube frontal auf den Schiessstand, der nach Norden mit einer demontierbaren hölzernen Verkleidung versehen ist. Die übrigen Fassaden zeigen gedrungene Einzelfenster, die teils zu Paaren gruppiert und mit durchgehenden Muschelkalksimsen verbunden sind. Die Dachuntersichten sind vertäfert. Durchgehend bewahrt das Gebäude die bauzeitlichen, geometrisch verzierten Türblätter, die Fensterflügel sowie Fensterläden, letztere mit geflammter Bemalung. Wahrscheinlich dem Originalzustand entspricht die Farbigkeit mit gelblichem Verputz, roten Dachuntersichten, blassroten Laubenbögen und unbehandelten Holzsäulen.
Die Schützenstube zeigt einen sorgfältigen Ausbau mit unbehandeltem Weichholztäfer, das an den Deckenbalken mit geschnitzten Volkskunstmotiven verziert ist. Hauptakzent bildet eine gedrehte polygonale Holzsäule im Mittelpunkt eines fest installierten halbrunden Tischs, der zusammen mit einer umlaufenden Bank den platzseitigen Vorbau ausfüllt (von aussen einsehbar; Inneres im übrigen nicht gesehen).
Der vom Schiessstand zusammen mit dem „Cholerahaus“ gerahmte alte Festplatz zeigt einen schönen, geometrisch gepflanzten Rosskastanienhain samt Resten der ehemaligen, heute durch die Bahnlinie unterbrochenen Zugangsallee von der Stadt her. Unmittelbar gegenüber steht mit der Villa Im Boll 11 (Bauinventarobjekt LEN950) ein weiteres Gebäude von Baumeister Bertschinger.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Stadt Lenzburg. Inventar der kommunal schutzwürdigen Gebäude, 1997 (BNO 1997, Anhang 1, Inventarliste), Nr. 1.
- Aargauer Heimatschutz AHS / Aargauer Landschaftsarchitekten BSLA, Inventar der Historischen Gärten und Anlagen des Kantons Aargau, Stadt Lenzburg, LEN-G-014.
Anmerkungen:[1] Liebes altes Lenzburg, S. 134.
[2] Aargauisches Kantonal-Schützenfest Lenzburg vom 17.-25. Juni 1911. Offizieller Fest-Führer, Lenzburg 1911, „Plan des Festplatzes“ auf der letzten Umschlagseite.
[3] http://www.sg-lenzburg.ch/web/?Gesellschaft___Vereinsgeschichte (Zugriff 13.10.2017).
[4] Zuschreibung gemäss Kurzinventar 1999, nach unbekannter Quelle. – Theodor Bertschinger iun. hatte am Technikum in Winterthur, in München sowie in Paris studiert, möglicherweise ohne formellen Abschluss. Nach seiner Studienzeit trat er in das Baugeschäft seines Vaters ein und übernahm dieses nach dessen Tod 1911 zunächst zusammen mit zwei Brüdern und ab 1917 alleine. Vgl. Lenzburger Neujahrsblätter, 1973, S. 34-36 (Nekrolog); Michael Hanak, Quartieranalyse Wolfsacker in Lenzburg, im Auftrag des Stadtbauamtes Lenzburg, 2015 (Stadtbauamt Lenzburg), S. 35; von seinen Bauten aus denselben Jahren sind etwa das „Türmlihaus“ auf dem ehemaligen Werkhof (Bauinventarobjekt LEN929), die benachbarte Villa Im Boll 11 (LEN950) oder das Gartenstadtquartier Lindenplatz (LEN951) zu erwähnen.
[5] http://www.sg-lenzburg.ch/web/?Gesellschaft___Vereinsgeschichte (Zugriff 13.10.2017).
Literatur:- Liebes altes Lenzburg, Fotos von anno dazumal, hrsg. von der Ortsbürger-Kommission Lenzburg und der Stiftung Pro Museum Burghalde Lenzburg, Lenzburg 1986, S. 134 (histor. Aufnahmen).
Quellen:- Postkarte mit Holzschnitt von Carl Zweifel, Teil einer Postkartenserie für die Landesausstellung 1914 in Bern (Scan Kantonale Denkmalpflege).
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=39498
 

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