INV-LEN905C "Hirzelhaus", 1696 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-LEN905C
Signatur Archivplan:LEN905C
Titel:"Hirzelhaus"
Bezirk:Lenzburg
Gemeinde:Lenzburg
Ortsteil / Weiler / Flurname:Burghalde
Hist. Name Objekt:Untere Burghalde
Adresse:Burghaldenstrasse 59
Versicherungs-Nr.:345
Parzellen-Nr.:263
Koordinate E:2656151
Koordinate N:1248591

Chronologie

Entstehungszeitraum:1696
Grundlage Datierung:Inschrift (Türgewände Südfassade)

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Teil einer Baugruppe
Weitere Teile der Baugruppe:LEN027, LEN905A, LEN905B
Nutzung (Stufe 1):Profane Wohnbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Repräsentatives Wohnhaus, Villa

Dokumentation

Würdigung:1696 datierter spätgotischer Mauerbau von stattlichen Dimensionen, der früher als „Untere Burghalde“ bekannt war und heute nach einem späteren Bewohner meist als „Hirzelhaus“ bezeichnet wird. Das dreigeschossige Gebäude, das von einem steilen Giebeldach abgeschlossen wird, besitzt in den beiden unteren Geschossen noch ein Rundbogenportal und die ursprüngliche Reihenbefensterung mit sorgfältig behauenen Muschelkalkgewänden, die in ihren Detailformen schon gewisse Merkmale des frühen Barocks zeigen. Das Innere ist seit der Auskernung von 1997/98 vollständig erneuert. Zusammen mit dem „Kutscherhaus“ sowie der deutlich jüngeren ehemaligen Haushaltungsschule und Kinderkrippe von 1921 (Bauinventarobjekte LEN905A/B) vervollständigt das Gebäude die wertvolle, in drei Etappen 1628, 1710 und 1793/94 entstandene Burghalde, wodurch ihm ein ausgesprochen hoher Situationswert zukommt.
Bau- und Nutzungsgeschichte:1696 erhielt Samuel Seiler-Urech (1637-1704), der damalige Besitzer der „Burghalde“, gemäss Ratsprotokoll die Erlaubnis für den später als „Untere Burghalde“ bekannten Neubau, was mit der Jahrzahl am frontseitigen Rundbogeneingang übereinstimmt. 1699 soll das Gebäude fertiggestellt worden sein [1]. Wohl um 1800 wurde gemäss den Fensterformen das dritte Obergeschoss umgestaltet. Ob das Haus je einen gotischen Treppengiebel besass, wie er auf einem Aquarell aus dem späten 19. Jh. dargestellt ist, scheint zweifelhaft; auf einer Zeichnung, die um 1840 entstanden sein soll, erscheint das Dach bereits in der heutigen Form [2].
Im ersten verfügbaren Brandkataster von 1829 wird das Gebäude als „zweystökiges Wohnhaus mit gewölbtem Keller von Stein mit Ziegeldach“ aufgeführt [3]. Wie die übrigen Gebäude der „Burghalde“ befand es sich im Eigentum von (Johann) Rudolf Ringier (sen.). 1857 gründete Johann Rudolf Ringier (iun., 1830-1873) in dem Gebäude und auf dem Umschwung die als „Seifi“ bekannte Seifenfabrik [4]. 1872 erfolgte eine Verbesserung, bei der das Haus wohl seine rückwärtige Laubenschicht erhielt [5]. Seinen heute gebräuchlichen Namen erhielt die Liegenschaft von Siegfried Hirzel (1900-1970), der nach mehreren Eigentümerwechseln 1929 als Teilhaber und später Hauptaktionär in die Firma eintrat und mit seiner Familie mehrere Jahrzehnte die Obergeschosse bewohnte. Im Erdgeschoss waren die Büros der Firma untergebracht. 1981 erwarb die Ortsbürgergemeinde das seit 1972 im Eigentum eines Bauunternehmers befindliche Areal der Seifenfabrik. 1997/98 liess man das Haus durchgreifend erneuern, wobei das Innere zwischen Kellergewölbe und Dachgerüst vollständig ausgekernt wurde. Gleichzeitig realisierte man einen Anbau für die Poststelle Lenzburg 2, die 2016 geschlossen wurde [6].
Beschreibung:Das Gebäude steht im Winkel zwischen Schlossgasse und Burghaldenstrasse und komplettiert zusammen mit dem Kutscherhaus und der deutlich jüngeren ehemaligen Haushaltungsschule (Bauinventarobjekte LEN905A/B) die prachtvolle Baugruppe der Burghalde (Kantonales Denkmalschutzobjekt LEN027), die in drei Etappen 1628, 1710 und 1793/94 errichtet wurde und seit 1985 das Stadtmuseum von Lenzburg beherbergt [7]. Es handelt sich um einen dreigeschossigen, im Kern spätgotischen Mauerbau, der von einem steilen, geknickten Giebeldach abgeschlossen wird. Die nach Süden gerichtete Vorderfront zeigt im Erdgeschoss und im ersten Obergeschoss Zwillingsfenster, die vor den Hauptstuben ganz in der spätgotischen Manier zu Reihenfenstern mit durchgezogenen profilierten Simsen verbunden sind. Die kleinen Rechtecklichter werden von Gewänden aus Muschelkalk gefasst, die lediglich noch einen einfachen Ladenfalz aufweisen (nicht aber ein Kehlprofil) und so am Übergang vom spätgotischen zum frühbarocken Stil stehen. Seitlich öffnet sich ein Rundbogenportal, das im Scheitel mit der Jahrzahl 1696 datiert ist. Das dritte Obergeschoss zeigt eine regelmässige Einzelbefensterung, die nach den lippenförmig profilierten Simsen um 1800 entstanden sein dürfte.
Die Stirnseiten zeigten früher eine uneinheitlichere Befensterung sowie kleine Giebellichter, die darauf schliessen lassen, dass die gesamten Giebelwände samt Dach zum Kernbau gehören (vgl. Handzeichnung um 1840 in der Bilddokumentation). Die heutige, regelmässige Einzelbefensterung ist Resultat des Umbaus von 1997/98, wobei die erhaltenen alten Muschelkalkgewände deutlich von den ergänzten Zementgussstücken zu unterscheiden sind. An der Rückseite ist das Dach über eine Laubenschicht herabgezogen, die 1997/98 in den Formen des späten 19. Jh. erneuert wurde. Sie nimmt seither an der Ostseite auch die Erschliessung der Obergeschosse auf.
Das Innere ist seit der Auskernung von 1997/98 vollständig neu ausgebaut. Noch erhalten ist die alte, 1997/98 reparierte Dachkonstruktion [8].
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), nationale Bedeutung, Erhaltungsziel A.
Anmerkungen:[1] Neuenschwander 1998, S. 10 u. 93, Anm. 7-9.
[2] Aquarell von Carl Andreas Fehlmann, dat. 1892-94, mit Darstellung der zum Schloss ziehenden internierten Bourbaki-Armee im Februar 1871, abgebildet in Alte Ansichten von Lenzburg 1992, S. 156 sowie anonyme Zeichnung, datiert in die Jahre um 1840, abgebildet in Neuenschwander 1998, S. 77 (vgl. Bilddokumentation).
[3] Staatsarchiv Aargau, ZwA 1940.0007/4463, Brandkataster Gemeinde Lenzburg, 1829-1850; CA.0001/0413-0417, Brandkataster Gemeinde Lenzburg, 1850-1938.
[4] Bau- und Nutzungsgeschichte im 19. und 20. Jh. im wesentlichen nach Plüss 1999.
[5] Staatsarchiv Aargau, ZwA 1940.0007/4463, Brandkataster Gemeinde Lenzburg, 1829-1850; CA.0001/0413-0417, Brandkataster Gemeinde Lenzburg, 1850-1938.
[6] Aargauer Zeitung, 28.5.2016.
[7] Zur gesamten Baugruppe vgl. Michael Stettler / Emil Maurer, Die Bezirke Lenzburg und Brugg (Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau, Bd. II), Basel 1953, S. 98-108.
[8] Gemäss Plüss 1999, S. 35 (Dachgeschoss nicht gesehen).
Literatur:- Alte Ansichten von Lenzburg. Gemälde und Grafiken von 1470-1900, hrsg. von der Ortsbürgerkommission der Stadt Lenzburg und der Stiftung pro Museum Burghalde, Aarau 1992, S. 156 (histor. Ansicht).
- Heidi Neuenschwander, Die Burghalde und ihre drei letzten privaten Besitzer (Lenzburger Druck), Lenzburg 1998, S. 10, 77, 93, Anm. 7-9.
- Adolf Plüss, Die Renovation des „Hirzelhauses“ und die Ortsbürgergemeinde Lenzburg, in: Lenzburger Neujahrsblätter, 1999, S. 31-35
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, ZwA 1940.0007/4463, Brandkataster Gemeinde Lenzburg, 1829-1850; CA.0001/0413-0417, Brandkataster Gemeinde Lenzburg, 1850-1938.
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=39336
 

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