INV-KOB908A Aufnahmegebäude Bahnhof Koblenz, 1859 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-KOB908A
Signatur Archivplan:KOB908A
Titel:Aufnahmegebäude Bahnhof Koblenz
Bezirk:Zurzach
Gemeinde:Koblenz
Ortsteil / Weiler / Flurname:Bahnhof
Adresse:Bahnhof Koblenz
Versicherungs-Nr.:120
Parzellen-Nr.:865
Koordinate E:2659289
Koordinate N:1272481
Situationsplan (AGIS):http://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/html/agisviewer.htm?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2659289&y=1272481

Chronologie

Entstehungszeitraum:1859
Grundlage Datierung:Literatur

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Teil einer Baugruppe
Weitere Teile der Baugruppe:KOB004, KOB908A
Nutzung (Stufe 1):Verkehrs- und Infrastrukturbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Bahnhof
Epoche / Baustil (Stufe 3):Historismus

Dokumentation

Autorschaft:August Beckh (1809-1899I), Oberingenieur der Schweizerischen Nordostbahn, Zürich
Würdigung:Aufnahmegebäude von 1859, das in Zusammenhang mit dem Bau der Strecke Turgi-Koblenz-Waldshut errichtet wurde. Der Bau folgt einem Typenprojekt des Oberingenieurs der Nordostbahn, August Beckh, das einen doppelgeschossigen Mitteltrakt mit giebelständigem Kniestock-Rafendach und wahlweise ein oder zwei Seitenflügel umfasste. Zusammen mit dem ausgesprochen gut erhaltenen Güterschuppen (Bauinventarobjekt KOB908B) und der Lokomotivremise (Kantonales Denkmalschutzobjekt KOB004) bildet das Koblenzer Aufnahmegebäude ein gut erhaltenes und bedeutendes Ensemble aus der Frühzeit des schweizerischen Eisenbahnbaus, zu dem im weiteren Umfeld noch die Gitterfachwerkbrücke über den Rhein von 1859, der gleichzeitig erbaute Tunnel unter dem Frittel sowie die jüngere Eisenfachwerkbrücke über die Aare von 1892 gehören (Bauinventarobjekte KOB904, 905, 912).
Bau- und Nutzungsgeschichte:Koblenz erlebte seinen Anschluss an das Eisenbahnnetz mit dem Bau der Strecke Turgi-Waldshut, die am 18. August 1859 von der Schweizerischen Nordostbahn (NOB) eröffnet wurde. Zusammen mit der Fortsetzung über die 1856 eröffnete rechtsufrige Rheintalbahn stellte sie zum ersten Mal eine Verbindung zwischen der Stammstrecke der NOB Zürich-Turgi-Brugg einerseits und dem badischen und damit deutschen Eisenbahnnetz anderseits her. Als Rheinübergang erstellte man dabei die einzigartige, bis heute erhaltene Gitterfachwerkbrücke zwischen Koblenz und Waldshut (Bauinventarobjekt KOB904). Eine Verbindung von Zürich nach Basel war hingegen bereits 1858 über Olten und die von der Schweizerischen Centralbahn (SCB) erbaute Hauensteinlinie zustandegekommen, doch bestand in Basel noch bis 1873 keine Eisenbahnverbindung zwischen den beiden Rheinufern. Mit deren Eröffnung begann die internationale Eisenbahnverbindung über Koblenz und Waldshut denn auch bereits wieder an Bedeutung einzubüssen [1].
Trotz seiner Rolle als Grenzbahnhof auf schweizerischer Seite besass Koblenz anfänglich nur eine vergleichsweise bescheidene Ausstattung mit einem Aufnahmegebäude und einem kleinen Güterschuppen (vgl. Situationsplan von 1858 in der Bilddokumentation). Ungleich grösser war hingegen von Anfang an der von den Badischen Staatsbahnen erbaute Bahnhof Waldshut ausgelegt [2]. Für die Aufnahmegebäude von Koblenz, Döttingen und Siggenthal (heute Siggenthal-Würenlingen) hielt man sich an einen Typus, den der Oberingenieur der NOB, August Beckh, kurz zuvor für die Bahnhöfe Rupperswil, Wildegg und Schinznach-Bad an der Strecke nach Aarau entworfen hatte und der wahlweise einen oder zwei Gebäudeflügel umfasste. Die Bauleitung lag bei Jakob Friedrich Wanner, dem späteren Chefarchitekten der NOB. Die Bauarbeiten wurden im Juli 1858 ausgeschrieben und durch Baumeister Fürst aus Turgi übernommen [3].
Zur Eröffnung der Strecke Winterthur-Bülach-Koblenz im Jahr 1876 erweiterte man das Aufnahmegebäude um einen Gebäudeflügel auf der Südseite, wodurch es seine bestehende, axialsymmetrische Gruppierung mit zwei Flügelbauten erhielt. Wohl ebenfalls erst zu diesem Zeitpunkt wurden die bestehende Lokomotivremise (Kantonales Denkmalschutzobjekt KOB004) und ein neuer Güterschuppen (Bauinventarobjekt KOB908B) errichtet. Im Zusammenhang mit der Fortsetzung der linksufrigen Rheintalbahn von Koblenz nach Laufenburg und Stein erfolgten 1892 Erweiterungen an der Lokomotivremise wie auch am Güterschuppen [4]. 1970 wurde zwischen Aufnahmegebäude und Güterschuppen ein Dienstgebäude nach Plänen des SBB-Architekten Max Vogt erbaut.
1997 erfolgte eine Aussenrenovation des Aufnahmegebäudes unter Beizug der kantonalen Denkmalpflege, wobei das Erdgeschoss wieder seinen ursprünglichen Fugenputz erhielt.
Beschreibung:Der Bahnhof Koblenz liegt weit entfernt vom alten Dorfkern an einer Stelle, die durch die geschwungene Zufahrtsrampe zur Rheinbrücke mit dem Tunnel unter dem Frittel (Bauinventarobjekt KOB912) vorgebeben war. Das Aufnahmegebäude steht zusammen mit dem südlich anschliessenden, jüngeren Dienstgebäude sowie dem Güterschuppen (Bauinventarobjekt KOB908B) auf der Westseite der Gleisanlagen an der Landstrasse von Klingnau. Weiter nordöstlich erhebt sich zwischen den beiden Streckenästen zur Rheinbrücke und jenem nach Bad Zurzach und Eglisau die Lokomotivremise (Kantonales Denkmalschutzobjekt KOB004).
Das Typenprojekt für das Aufnahmegebäude, das in ein- oder zweiflügliger Ausführung realisiert werden konnte, ist aus kolorierten Originalplänen bekannt (vgl. Bilddokumentation). Es umfasste einen zweigeschossigen, zur Strassen- und Bahnseite hin giebelständigen Mitteltrakt und wahlweise einen oder zwei jeweils eingeschossige Flügelbauten, welche dem Gebäude je nach Platzbedarf eine symmetrische oder asymmetrische Erscheinung gaben. Das Koblenzer Aufnahmegebäude war ursprünglich einflüglig konzipiert und erhielt seine heutigen Ausmasse erst 1876durch die symmetrische Erweiterung um den zweiten Gebäudeflügel. Der Mitteltrakt ist im Erdgeschoss entsprechend dem Typenprojekt mit einem Fugenputz versehen, dem die Eckquaderung der Flügelbauten antwortet; das Obergeschoss ist wie die Flügelbauten glatt verputzt. Der Kniestock, der von einem flach geneigten, vergleichsweise weit vorkragenden Rafendach abgeschlossen wird, war ursprünglich in dazu passender Weise mit einer vertikalen Verbretterung und mit zierförmig ausgesägten Ortbrettern in der Art des Schweizer Holzstils versehen; er wurde im Lauf des 20. Jh. mit einem glatten Verputz purifiziert.
Der dreiachsig gegliederte Mittelrisalit fasst strassenseitig in der Mittelachse den segmentbogigen Haupteingang zur Schalterhalle, während auf der Bahnseite ursprünglich zwei gleichfalls segmentbogige seitliche Eingänge eine zentrale Fensterachse flankierten. Das Obergeschoss ist an beiden Stirnseiten mit Rechteckfenstern besetzt, deren Gewände auf Konsolen ruhen und hölzerne Jalousieläden tragen. Die strassenseitige Mittelachse ist durch ein Doppelfenster zusätzlich akzentuiert. Der südliche Seitenflügel ist entsprechend dem Typenprojekt auf allen Seiten einachsig gegliedert, wobei die beiden Traufseiten je einen Eingang, die Stirnseite ein Doppelfenster sowie im Giebelfeld einen Okulus (Rundfenster) aufweisen. Der nördliche Flügelbau zeigt im Unterschied dazu seitlich je zwei Achsen von Rechteckfenstern; ein zusätzlicher bahnseitiger Eingang wurde beim letzten Umbau geschaffen. Der südliche Flügelbau bewahrt noch die bauzeitlichen Eingangstüren.
Bahnseitig wird der Mitteltrakt von einem ehemaligen Stellwerksvorbau aus der zweiten Hälfte des 20. Jh. verdeckt. Darüber spannt sich auf der gesamten Gebäudelänge ein Perrondach über schmucken Gusseisensäulen wohl aus dem späteren 19. Jh. Die Dachkonstruktion selbst ist jüngeren Datums. Vor dem nördlichen Seitenflügel steht strassenseitig ein sicher aus der Frühzeit des Bahnhofs stammender Laufbrunnen aus Muschelkalk mit Quertrog und stark geböschtem Stock samt bekrönender Kugel.
Unmittelbar nördlich des Aufnahmegebäudes schliesst heute die sehr raumgreifende Überdachung der Personenunterführung an.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar historischer Bahnhöfe, Bauabteilung der Generaldirektion SBB, inventarisiert durch H.P. Bärtschi, 1983/84.
- Kurzinventar Aufnahmegebäude und Güterschuppen. Kanton Aargau, SBB, Fachstelle für Denkmalpflege, 2013.
Anmerkungen:[1] Zur Geschichte der Eisenbahnstrecke vgl. Affolter 2009, S. 7-9.
[2] Vgl. Affolter 2009, S. 12f.
[3] Stutz 1976, S. 136, 142; Affolter 2009, S. 13f. Vgl. für die übrigen Aufnahmegebäude die Bauinventarobjekte MWI 929 (Wildegg), UNS925A (Siggenthal-Würenlingen), DTT910 (Döttingen) sowie SCB906 (Schinznach-Bad); jenes in Rupperswil wurde später durch einen Neubau ersetzt. Zu August Beckh (1809–1899) vgl. Briefedition der Alfred Escher-Stiftung, Personenverzeichnis: http://www.briefedition.alfred-escher.ch, Art. ‚August Beckh‘ (Zugriff 11.7.2016).
[4] Affolter 2009, S.14-18.
Literatur:- Claudio Affolter, Station Koblenz. Erster Grenzbahnhof der Schweiz (Schweizerische Kunstführer GSK, Nr. 853), Bern 2009, S. 12-14 (zum Objekt) sowie passim (Kontext).
- Werner Stutz, Bahnhöfe der Schweiz. Von den Anfängen bis zum Ersten Weltkrieg, Zürich 1976, Kat. 48, S. 142 (zum Objekt) sowie S. 136 (Vergleichsbeispiel).
- Alfred Escher-Stiftung, Personenverzeichnis: http://www.briefedition.alfred-escher.ch, Art. ‚August Beckh‘ (Zugriff 11.7.2016, zum Architekten).
Quellen:- SBB Historic, Windisch: SBB_VGB_GEM_2001-008_039_01 (Situationsplan, Akten); VGB_GEM_2001/008_043_01 (Situationsplan Erweiterung, Akten), VGB_NOB_SBBZH101_010_01 (Direktionsprotokoll NOB, Bd. 10, gemäss Stutz 1976).
- Geschäftsbericht der NOB 1858, 1859 (nach Stutz 1976).
- Verkehrshaus der Schweiz, Luzern: NOB-Normalien, Bd. 1, Blätter 24-26 (nach Stutz 1976).
- Revue Schweiz, 1996, H. 2, Umschlagbild (Baupläne).
 

URL for this unit of description

URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=38664
 

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