INV-KOB905 Eisenbahnbrücke über die Aare, 1892 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-KOB905
Signatur Archivplan:KOB905
Titel:Eisenbahnbrücke über die Aare
Bezirk:Zurzach
Gemeinde:Koblenz
Adresse:zwischen Koblenz und Felsenau (Leuggern)
Koordinate E:2658848
Koordinate N:1272174
Situationsplan (AGIS):http://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/html/agisviewer.htm?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2658848&y=1272174

Chronologie

Entstehungszeitraum:1892
Grundlage Datierung:Literatur

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Verkehrs- und Infrastrukturbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Brücke

Dokumentation

Autorschaft:Robert Moser (1838-1919), Oberingenieur der Schweizerischen Nordostbahn, Zürich
Würdigung:Eisenfachwerkbrücke über die Aare, die im Zusammenhang mit der linksufrigen Rheintallinie von Koblenz nach Laufenburg 1890–92 realisiert wurde. Das von Robert Moser als Oberingenieur der Nordostbahn (NOB) projektierte Bauwerk bildet den aufwendigsten Kunstbau der bereits früh geplanten, aber mehrfach aufgeschobenen Bahnstrecke. Es gehört mit seinen sogenannten Schwedlerträgern zu den wenigen erhaltenen Zeugen dieses in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verbreiteten Konstruktionssystems für Eisenfachwerkbrücken [1]. Mit ihrer markanten, aber gleichzeitig feingliedrigen Konstruktion kommt der Brücke in der weiträumigen Landschaft des untersten Aaretals zudem ein erheblicher Situationswert zu.
Bau- und Nutzungsgeschichte:1859 eröffnete die Nordostbahn (NOB) die Strecke Turgi-Waldshut samt der bis heute erhaltenen Rheinbrücke (Bauinventarobjekt KOB904), womit die Bahngesellschaft eine Verbindung zwischen ihrer Stammstrecke Zürich-Brugg und der rechtsrheinischen, badischen Rheintalbahn und damit gleichzeitig die erste Verbindung zum deutschen Eisenbahnnetz herstellte. Eine linksufrige Rheintallinie von Koblenz über Laufenburg nach Stein (und Basel) war ebenfalls schon früh geplant, wurde aber in der durch den Konkurrenkampf verursachten Eisenbahnkrise der 1870er Jahre zurückgestellt, weshalb sie als eine von mehreren damaligen „Moratoriumslinien“ bekannt war. Erst 1889 konnte die Realisierung der Strecke unter der Leitung von NOB-Oberingenieur Robert Moser und dessen Adjunkt E. Züblin in Angriff genommen werden [2]. Die im Juni 1890 ausgeschriebenen Arbeiten für die Aarebrücke zwischen Koblenz und Felsenau, den grössten Kunstbau der Strecke, wurden für die pneumatische Fundation des Unterbaus und das Mauerwerk an die Firma E. Gärtner, Wien, für die Eisenkonstruktion an die Näfelser Firma Bosshard & Cie. vergeben. Nach den üblichen Belastungsproben des Viadukts konnte die gesamte Strecke am 31. Juli 1892 eingeweiht werden.
1944 erfolgte die Elektrifizierung der Rheintallinie, was eine Modifikation der Träger bedingte. 1983/84 wurde die Brücke einer Gesamtrenovation unterzogen, wobei ein unterspülter Pfeiler saniert, Teile der Eisenkonstruktion verstärkt und der Anstrich mit Bleimennige von Hand erneuert wurden. Nachdem der Verkehr auf der Rheintallinie stets bescheiden geblieben war, wurde der Personenverkehr zwischen Koblenz und Laufenburg mit dem Fahrplanwechsel vom 29. Mai 1994 eingestellt. Weiterhin wird die Strecke für den Güterverkehr benutzt. Zur Zeit ist eine Instandstellung der Brücke geplant, wobei der ausserhalb der Träger über die Aare geführte Fussgängerweg, eine Besonderheit der Brücke, leider wegfallen soll.
Beschreibung:Die Eisenbahnbrücke von Koblenz nach Felsenau spannt sich in der weiträumigen Landschaft des untersten Aaretals kurz vor dem Zusammenfluss mit dem Rhein über den Fluss. 236 Meter lang, überquert sie die Aare in einem grossen Bogen mit einem Radius von 350 Metern und teilt sich in fünf Felder zu je 47.2 Metern, die in vergleichsweise geringer Höhe über dem Wasserspiegel von Eisenfachwerkträgern mit unten liegender Fahrbahn überquert werden. Der Oberbau entspricht mit einigen Modifikationen einem sogenannten Schwedlerträger, einer Form des Eisenfachwerks, bei welcher die Diagonalen stets nur auf Zug und nie auf Druck beansprucht werden und deshalb sehr schlank dimensioniert werden können. Die nach der Berechnungsmethode eigentlich vorgesehene doppelte Krümmung mit mittiger Einknickung nach unten wurde wie üblich durch eine horizontale Ausbildung des Obergurts vereinfacht; zudem reduzierte man die Form des Schwedlerträgers auf zwei Knicke über den seitlichen Feldern des Fachwerks [3].
Die fünf aneinandergereihten Fachwerkträger erhalten durch diese Konstruktion eine annähernd korbbogige Umrissform wie auch eine ausgesprochen transparente und filigrane Wirkung. Da die Pfeiler parallel zur Fliessrichtung der Aare und somit jeweils schief zur mehrfach gebrochenen Brückenachse stehen, resultiert eine seitliche Verschiebung der beiden Trägerwände, was in der Seitenansicht je nach Perspektive unterschiedliche Überschneidungen des Fachwerks ergibt. In der Querrichtung sind die vertikalen Stäbe in ein feinmaschiges Gitterwerk aufgelöst. Analog gestaltet waren ursprünglich die quer über die Fahrbahn gelegten Obergurte (vgl. Baupläne in der Bilddokumentation), die für die Montage der Fahrleitung allerdings durchgetrennt und leicht erhöht werden mussten.
Die 10 Meter hohen Flusspfeiler sind aus grob bossiertem Quadermauerwerk errichtet. Das linksufrige Widerlager und der erste Flusspfeiler sind auf den Fels gestellt; die drei übrigen Pfeiler und das rechtsufrige Widerlager wurden mit pneumatischen Senkkästen fundiert, die bis zu zwölf Meter tief ins Flussbett abgeteuft und ausbetoniert wurden.
Die Gleise liegen, für die Entstehungszeit bemerkenswert, in einem durchgehenden Schottertrog, war es doch in dieser Zeit noch üblich, die Gleise mit entsprechend höheren Lärmemissionen direkt auf den stählernen Unterbau zu legen. Auf der Unterwasserseite ist an der Aussenseite der Träger ein Fussgängerweg entlanggeführt.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Schweizerisches Inventar der Kulturgüter von nationaler und regionaler Bedeutung, Einstufung A (nationale Bedeutung).
- Schweizer Bahnbrücken, Hg.: SBB, Fachstelle für Denkmalpflege u. Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte GSK (Architektur- und Technikgeschichte der Eisenbahnen in der Schweiz, Bd. 5), Zürich 2013, S. 104–109.
Anmerkungen:[1] Vgl. Schweizer Bahnbrücken 2013, 106.
[2] Geschichtliches nach Benninger 1992, insbes. S. 27–32 u. Schweizer Bahnbrücken 2013; zu Robert Moser (1838–1918), der nicht mit dem gleichnamigen und fast gleichaltrigen Badener Architekten zu verwechseln ist, vgl. Rucki / Huber 1998, S. 387, zu E. Züblin (1844–1903) den Nekrolog in: Schweizerische Bauzeitung, Bd. 41 (1903), Nr. 14, S. 158.
[3] Schweizer Bahnbrücken 2013, S. 106.
Literatur:- Claudio Affolter, Station Koblenz. Erster Grenzbahnhof der Schweiz (Schweizerische Kunstführer GSK, Nr. 853), Bern 2009, S. 19-21.
- Schweizer Bahnbrücken, Hg.: SBB, Fachstelle für Denkmalpflege u. Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte GSK (Architektur- und Technikgeschichte der Eisenbahnen in der Schweiz, Bd. 5), Zürich 2013, S. 104–109.
- Bernhard Benninger, Koblenz-Stein. Die Geschichte einer Nebenlinie, in: 100 Jahre Koblenz-Laufenburg-Stein, Laufenburg 1992, S. 21–32.
- Jürg Conzett / Martin Linsi, Landschaft und Kunstbauten. Ein persönliches Inventar von Jürg Conzett, fotografiert von Martin Linsi, Zürich 2010, S. 236-239.
- Isabelle Rucki / Dorothee Huber, Architektenlexikon der Schweiz, 19./20. Jahrhundert, Basel 1998, S. 387 (zum Projektverfasser).
- Schweizerische Bauzeitung, Bd. 41 (1903), Nr. 14, S. 158 (zum Projektverfasser).
Quellen:- SBB Historic, Windisch: SBB_VGB_GEM_2001-008_039 (Bauakten).
 

Related units of description

Related units of description:siehe auch:
INV-LGG909 Eisenbahnrücke über die Aare, 1892 (Dossier (Bauinventar))
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=38646
 

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