INV-FIB908D Mitteldorfstrasse 14, 1848-1849 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-FIB908D
Signatur Archivplan:FIB908D
Titel:Mitteldorfstrasse 14
Bezirk:Baden
Gemeinde:Fislisbach
Adresse:Mitteldorfstrasse 14
Versicherungs-Nr.:64
Parzellen-Nr.:1215
Koordinate E:2664509
Koordinate N:1254214
Situationsplan (AGIS):http://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/html/agisviewer.htm?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2664509&y=1254214

Chronologie

Entstehungszeitraum:1848 - 1849
Grundlage Datierung:Literatur

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Landwirtschaftliche Bauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Kleinbauernhaus, Taglöhnerhaus

Dokumentation

Würdigung:Der am nördlichen Fuss des Hiltibergs, etwas von der Mitteldorfstrasse zurückversetzt stehende bäuerliche Vielzweckbau wurde wie sechs weitere Bauten nach dem Dorfbrand von 1848 in Stampflehmtechnik errichtet. Das heute ganz der Wohnnutzung zugeführte Mittertennhaus hat sein äusseres Erscheinungsbild mit geradem Satteldach, axialer Befensterung und holzverschalter ehemaliger Heubühne zu einem guten Teil bewahrt. Die Fislisbacher Piseebauten zählen kantonsweit zu den einzigen ihrer Art. Als Vertreter der beim Wiederaufbau des Dorfkerns propagierten und erfolgreich angewendeten Bauweise, die sich gegen den Widerstand der ansässigen Handwerker jedoch nur teilweise durchsetzen konnte, kommt dem Gebäude ein erheblicher bautypologischer und technikgeschichtlicher Zeugenwert zu.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Der Dorfbrand von 1848, bei dem 42 Gebäude vollständig zerstört und neun weitere beschädigt wurden, erforderte eine planmässige Neugestaltung der Siedlung, zu der Geometer Franz Lehmann, die Architekten Kaspar Joseph Jeuch, Baden, und Alfred Zschokke, Aarau, sowie Pfarrer Johann Kaspar Rohner in Fislisbach ein Konzept entwarfen [1]. Diesem lag ein "Gegenbild des alten Dorfes" zu Grunde, "in allem eine neuzeitliche, luftige, regelmässige angelegte, gesunde, feuersichere und schmucke Siedlung", die besonders auch "hygienischen und ästhetischen Momenten" zu genügen hatte" [2]. Auf der Basis eines neu angelegten Strassennetzes und des gleichzeitig korrigierten Bachlaufs fand eine Neuzuteilung der Bauplätze statt. Die Häuser mussten mit gleichgerichteten Fronten 12 bzw. 20 Fuss von der Dorf- und Landstrasse zurückstehen und einen gegenseitigen Abstand von mindestens 30 Fuss wahren (1 Fuss = ca. 30 cm). Auf Anregung von Architekt Alfred Zschokke aus Aarau sollten die neuen Häuser in Piseebauweise, einer Art Stampflehmtechnik errichtet werden. Gegenüber herkömmlichen Bauweisen zeichnet sich dieses Verfahren durch geringe Erstellungskosten aus und war für den Selbstbau unter kundiger Anleitung besonders gut geeignet. Durch Intervention des einheimischen Baugewerbes, das die Konkurrenz der Piseebauten fürchtete und sie als "Dreckhäuser" bezeichnete, ging die anfängliche Begeisterung der Bevölkerung für diese einfache Bautechnik etwas verloren. Schliesslich war es immerhin möglich, sieben Piseebauten zu realisieren, wogegen die restlichen Häuser aus Bruchstein erstellt wurden. Aller negativen Voraussagen zum Trotz haben die Lehmhäuser die letzten 150 Jahre gut überdauert, und fünf von ihnen sind heute noch fester Bestandteil und zugleich auch Kuriosum im Dorfbild von Fislisbach" [3].
Das Kleinbauernhaus wurde 1848-49 für Josef Schibli, Schuster, gebaut [4]. 1899 gehörte es Jacob Schibli, Gipser, und war gemäss Brandkataster zu einem Wert von 4500 Franken versichert [5]. Ehemals war es als Doppelwohnhaus mit zwei Küchen neben dem Tenn und zwei südseitigen Stuben im Erdgeschoss konzipiert. Später wurde das Dachgeschoss ausgebaut und eine stockweise Unterteilung in Wohnungen vorgenommen [6]. Zwischen 1988 und 2001 wurde auch der Ökonomietrakt zu Wohnzwecken umgebaut und rückwärtig mit einem grossen Balkon ergänzt.
Beschreibung:Der um Parzellenbreite von der Mitteldorfstrasse zurückversetzt am südöstlichen Dorfrand stehende Vielzweckbau ist noch immer als Mittertennhaus mit südwärts gerichtetem Wohnteil und nach Norden anschliessendem ehemaligem Ökonomietrakt lesbar. Er trägt über zwei Geschossen ein gerades Satteldach, das im Zuge der verschiedenen Umbauten mit mehreren liegenden Dachfenstern ausgestattet wurde. Der aus Stampflehm errichtete Wohnteil zählt traufseitig drei Achsen, wobei die beiden äusseren mit den Stubenfenstern näher zusammengerückt sind. Die gefalzten Rechtecklichter sind noch mit hölzernen Jalousieläden ausgestattet. Der über wenige Treppenstufen erreichbare Hauseingang neben dem Tenn besitzt ein historistisches Türblatt aus der Zeit um 1900. Der im ehemaligen Stallbereich gemauerte, darüber holzverschalte Scheunentrakt besitzt seit dem Umbau auf der nördlichen Giebelseite einige zusätzliche Fenster- und Türöffnungen. Die dekorativ ausgesägten Lüftungsschlitze an der ehemaligen Heubühne, ein Merkmal des Historismus bzw. Schweizer Holzstils, sind mit dem Ersatz der Bretterverschalung inzwischen verschwunden. An die Stelle des hölzernen Tenntors ist eine grob unterteilte Glasfläche getreten.
Durch den Vordereingang gelangt man gemäss Bauernhausforschung direkt in die Küche, von wo aus eine Treppe ins Obergeschoss führt. In der südwestlichen Stube befindet sich ein Kachelofen mit Sitzkunst, deren grün schablonierte Kacheln mit Nelkenmotiv von einem früheren Ofen aus dem 18. oder frühen 19 Jh. stammen könnten [7].
Die beiden Keller mit Balkendecken sind über zwei separate, nebeneinander liegende Aussenzugänge auf der südlichen Stirnfront erschlossen.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), lokale Bedeutung.
Anmerkungen:[1] Dazu ausführlich: Koller 1948, S. 5-35.
[2] Koller 1948, S. 18.
[3] Räber 1996, S. 81.
[4] Koller 1948, S. 35 (Nr. 59).
[5] Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0044: Brandkataster Gemeinde Fislisbach 1899-1938.
[6] Bauernhausforschung Aargau, Kurzinventar II-6/5, 1988. – Zu einer ursprünglich evtl. anderen Raumnutzung vgl. Sidler 2009, S. 13 (mit Verweis auf Thomas Kleespies, Schweizer Pisébauten, Zürich 1997, S. 104.) sowie die Bauinventarobjekte FIB908A und E.
[7] Bauernhausforschung Aargau, Kurzinventar II-6/5, 1988.
Literatur:- Ernst Koller, Vor 100 Jahren. Geschichtliches zum Brand und Aufbau unseres Dorfes, in: Gedenkschrift mit Festführer, hg. v. Vereinigung der Heimatfreunde Fislisbach, Mellingen 1948, S. 5-35 (mit Plan "Der neu eingeteilte und aufgebaute Dorfkern von Fislisbach, Zustand 1850", von Beat Peterhans, 1948).
- Pius Räber, Die Bauernhäuser des Kantons Aargau, I: Freiamt und Grafschaft Baden, Basel 1996, S. 81.
- David Sidler, Die Pisébauten von Fislisbach. Untersuchung des Hauses Jakob Heimgartner, Wahlfacharbeit Institut für Denkmalpflege und Bauforschung ETH Zürich, Zürich 2009.
Quellen:- Kantonale Denkmalpflege Aargau: Bauernhausforschung Aargau, Kurzinventar, II-6/5 (1988).
- Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0044: Brandkataster Gemeinde Fislisbach 1899-1938.
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=34320
 

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