INV-BEB901 Bremgartenstrasse 9, 1808 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-BEB901
Signatur Archivplan:BEB901
Titel:Bremgartenstrasse 9
Gemeinde:Besenbüren
Ortsteil / Weiler / Flurname:Zelgli
Hist. Name Objekt:(ehem. Gasthaus zur Sonne)
Adresse:Bremgartenstrasse 9
Versicherungs-Nr.:1
Parzellen-Nr.:53
Koordinate E:2668603
Koordinate N:1240923

Chronologie

Entstehungszeitraum:1808
Grundlage Datierung:Mündliche Quelle

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Gewerbe-, Industrie- und Dienstleistungsbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Gasthaus, Gasthof

Dokumentation

Würdigung:Stattlicher, spätklassizistisch-biedermeierlich geprägter Mauerbau mit steil aufragendem Krüppelwalmdach, der abseits der dörflichen Bebauung an der alten Strasse nach Bremgarten prominent in Erscheinung tritt. In der angeblich 1808 erbauten Liegenschaft wurde früher eine Gastwirtschaft betrieben, später diente sie dem bekannten freisinnigen Regierungsrat Hermann Huber als Behausung. Das Gebäude hat sein äusseres Erscheinungsbild, die innere Raumstruktur und wertvolle Teile der Ausstattung bewahrt, weshalb ihm ein hoher Zeugniswert für die gehobene ländliche Baukultur des frühen 19. Jh. zukommt.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Nach Angaben der Hauseigentümer datiert das Gebäude aus dem Jahr 1808 und dürfte für Melchior Huber (1767–1825) erbaut worden sein. Die früher betriebene Gastwirtschaft wurde Mitte des 19. Jh. aufgegeben und das Haus in der Folge ausschliesslich zu Wohnzwecken genutzt [1]. Bald darauf wurde es zum Elternhaus des freisinnigen Regierungsrates Hermann Huber (1863–1915) [2]. 1895 nahm man gemäss Brandkataster bauliche Verbesserungen vor. Im späten 20. Jh. wurde der alte Abortanbau an der westlichen Giebelseite abgebrochen. Bis heute ist das Haus weitgehend im Originalzustand erhalten (Fassade sanierungsbedürftig).
Beschreibung:Der ehemalige Gasthof zur Sonne ist ein stattlicher Bau klassizistisch-biedermeierlicher Prägung, der sich ausserhalb des historischen Dorfkerns an der alten Strasse nach Bremgarten befindet. Zur Liegenschaft gehört eine westlich gelegene freistehende Stallscheune (nicht Teil des Schutzumfangs). Östlich davon steht auf der gegenüberliegenden Strassenseite ein Wegkreuz aus dem Jahr 1834 (Bauinventarobjekt BEB912B).
Der zweigeschossige Steinbau erhebt sich über einem rechteckigen Grundriss und erscheint im Süden dreigeschossig mit hohem, ebenerdig zugänglichem Kellersockel. Der markante, hochaufragende Baukörper besitzt ein Satteldach mit Krüppelwalmen und Giebelründen sowie traufbündige Klebedächer, welche die in Fachwerk ausgeführten Giebelfelder gegen unten abschliessen. Während das östliche Giebelfeld verputzt ist, verfügt das westliche über eine jüngere Bretterverschalung. Die Dachflächen sind mit handgemachten Biberschwanzziegeln eingedeckt; diejenige nach Süden weist zwei kleine Giebellukarnen auf. Die Fassaden sind mit regelmässigen Fensterachsen versehen, wobei die Traufseiten fünf und die Stirnseiten drei Fensterachsen aufweisen. Ihrer Entstehungszeit im frühen 19. Jh. gemäss ist die Architektur wohlproportioniert und schlicht. Lediglich der ins Kellergeschoss führende Zugang in der Mitte der Südfassade ist durch eine profilierte Verdachung aus Sandstein akzentuiert. Dieser hat das originale zweiflügelige Türblatt bewahrt. An den Hausecken sind Reste gemalter Ecklisenen zu erkennen. Die gefalzten rechteckigen Fenstergewände der Vollgeschosse sind aus Sandstein gefertigt. Mittig an die westliche Stirnseite lehnte sich bis ins ausgehende 20. Jh. ein aus einem Bretterverschlag bestehender Abortanbau.
Im Hausinnern haben sich die ursprüngliche Raumstruktur und wertvolle Teile der historischen Ausstattung erhalten [3]. Das Kellergeschoss weist einen gewölbten Mittelgang und zwei grosse gewölbte Keller auf, die zur Aufbewahrung von Wein, Obst und Most dienten. Die beiden Wohngeschosse sind weitgehend identisch in fünf bzw. sieben Räume gegliedert, welche hufeisenförmig einen Erschliessungsbereich mit Treppenhaus umgeben. Im Hochparterre diente die grosse, mittlere Stube entlang der südlichen Traufseite einst als Gaststube, die durch eine entfernbare Wand um das Eckzimmer erweitert werden konnte. Sie enthält eine Wand- und Deckentäferung, einen grossen Kachelofen aus der 1. Hälfte des 19. Jh. mit grünen Füll- und weissen Eckkacheln, ein Einbaubuffet aus der Erbauungszeit sowie einen verglasten Herrgottswinkel und eine Ahnengalerie, die auch das Portrait des Erbauers Melchior Huber umfasst. Während im Hochparterre alle Stuben vertäfert sind, weisen jene des Obergeschosses Gipsdecken mit Stuckverzierungen auf, was auf eine frühere Nutzung als Gastzimmer hindeuten könnte. So besitzt der einstige Ballsaal oberhalb der Gaststube einen biedermeierlichen Stuckspiegel mit ausgenommenen Ecken und einer Akanthus-Mittelrosette. Neben den schlichten klassizistischen Sitzöfen mit blauen und weissen Kacheln im Obergeschoss fällt in einer Nebenstube des Hochparterres ein kleiner Ofen mit blumengeschmückten, weissgrundigen Fries- und grünen Füllkacheln auf. Gemäss einer Kachelinschrift stammt der Ofen aus der Hafnerei von Johann Heinrich Notter aus Boswil und wurde 1833 gefertigt [4]. Erhalten sind teilweise auch die zweifeldrigen Zimmertüren aus Nussbaumholz sowie die alten Fenster mit Holzsprossen.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), regionale Bedeutung.
Anmerkungen:[1] Bereits der Brandkatasterband von 1850–1874 enthält keine Hinweise auf eine Wirtschaft mehr.
[2] Als Finanzdirektor gab Hermann Huber den Kirchgemeinden das Pfrundvermögen heraus, das seit der Klosteraufhebung vom Staat verwaltet worden war. (Jörg Baumann, Freiämter Friedensstifter in schwieriger Mission, in: Aargauer Zeitung, Region Freiamt, 5. Feb. 2005, S. 25.)
[3] Beschreibung des Innern gemäss Bauernhausforschung 1987 sowie einer Aktennotiz von Alexander Schlatter anlässlich einer Begehung vom 6. Mai 1987. Gemäss der freundlichen Auskunft des Eigentümers (Sommer 2019) ist die Innenausstattung nach wie vor erhalten.
[4] Hafnerinschrift "Johan Heinrich Noter und Söhne Die hafner in BoßWill 1833"; allgemein zu den Notter-Öfen siehe Pius Räber, Die Bauernhäuser des Kantons Aargau, Bd. 1: Freiamt und Grafschaft Baden, Basel 1996, S. 235–237.
Literatur:- Pius Räber, Die Bauernhäuser des Kantons Aargau, Bd. 1, Basel 1996, S. 261.
- Jubiläumsbuch. 850 Jahre Besenbüren 1160–2010. Ortsbürgergemeinde Besenbüren (Hrsg.), Zürich 2010, S. 31.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau (StAAG): CA.0001/0481-0483, Brandkataster Gemeinde Besenbüren, 1850-1937.
- Bauernhausforschung, VIII-6,1
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=29100
 

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