INV-WWI901 Röm.-Kath. Kirche St. Mauritius (DS integral 2013), 1821 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-WWI901
Signatur Archivplan:WWI901
Titel:Röm.-Kath. Kirche St. Mauritius (DS integral 2013)
Bezirk:Laufenburg
Gemeinde:Wölflinswil
Ortsteil / Weiler / Flurname:Stöckli
Adresse:Chilerain
Versicherungs-Nr.:31
Parzellen-Nr.:136

Chronologie

Entstehungszeitraum:1821
Grundlage Datierung:Schriftliche Quelle

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Sakrale Bauten und Anlagen
Nutzungstyp (Stufe 2):Kirche (röm.-kath.)

Dokumentation

Autorschaft:Fidel Obrist (1782-1866)
Inschriften:"MDCCCXXI" "DOMUS MEA DOMUS ORATIONIS EST" (Türsturz)
Würdigung:Auf einem Hügelsporn hoch über dem Dorf gelegene Pfarrkirche mit spätgotischem Chorflankenturm, rund schliessendem Chorhaupt und klassizistischem Saal. Das steile, über einer Schiffsverlängerung polygonal abgewalmte Giebeldach bildet mit der zweigeschossigen Sakristei, dem Chor und dem gedrungenen Käsbissenturm eine reizvolle volumetrische Komposition auf der Kirchenterrasse. Das sparsam stuckierte Innere des 1821 nach Plänen von Fidel Obrist erbauten Gotteshauses birgt einen herausragenden klassiszistischen Hochaltar (Denkmalschutzobjekt WWI001) und zwei Lindenholz-Statuen des frühen 17. Jahrhunderts aus der Vorgängerkirche.Flankiert wird die Kirche von einer prächtigen alten Sommerlinde und einer intakten Baugruppe mit Schulhaus (Bauinventarobjekt WWI904), Pfarrhaus (Bauinventarobjekt WWI902)und Pfrundscheune (Bauinventarobjekt WWI903).
Bau- und Nutzungsgeschichte:Geschichtliches [1]
Die erste schriftliche Erwähnung des dem Hl. Mauritius geweihten Wölflinswiler Gotteshauses geht auf den Beginn des 14. Jh. zurück. 1515 erwarb Kaiser Maximilian I. den Kirchensatz und die Dorfherrschaft, die er mit Ausnahme des Patronatsrechts verpfändete. Vermutlich entstand damals das alte Gotteshaus. 1521 ist eine Altarweihe bezeugt. Zu Beginn des 16.Jahrhunderts herrschten dank dem florierenden Eisenerzabbau im Fricktal wirtschaftlich günstige Bedingungen. Kollator war von 1653 an das Chorherrenstift St.Martin in Rheinfelden. 1748 wird in einem Visitationsbericht berichtet, die Kirche sei zwar klein, doch in Mauerwerk und Dach gut erhalten, lediglich das gotische Masswerk sei in üblem Zustand.

Baugeschichte
1819 erteilte der Kanton die Bewilligung für einen Neubau anstelle des Vorgängerbaus aus dem 16. Jh. Die Kosten hatten sich das Chorherrenstift St.Martin, verantwortlich für Bau und Unterhalt von Chor und Sakristei, sowie die Gemeinde, für den übrigen Kirchenbau, zu teilen. Der Bauakkord wurde mit dem in Rheinfelden wohnhaften Baumeister Fidel Obrist (1782 - 1866) aus Gansingen abgeschlossen, der die Pläne für den Neubau lieferte. Im Grundtypus folgt Obrist wie bei der zwei Jahre später ausgeführten Pfarrkirche St.Georg in Unterendingen einer innerschweizer Bautradition, welche durch die dort ansässigen österreichischen Baumeisterfamilien der Singer und Putschert vorgebildet wurde und in weiten Teilen der deutschen Schweiz Verbreitung fand.
Die Bausumme betrug für das Altarhaus 4000 Schweizer Franken, für die übrige Kirche 7860 Schweizer Franken, wobei hier die gesamte Einrichtung (Holzempore, Kirchenbestuhlung, Retabel der Seitenaltäre, Kanzel und Taufstein) eingeschlossen waren. Baubeginn war im Frühjahr 1821 [2] . Als einziger Bauteil wurde der Chorflankenturm der Vorgängerkirche in den Neubau integriert. Die Kirche wurde im Dezember 1821 eingesegnet. Die eigentliche Weihe erfolgte wegen der Reorganisation des Bistums Basel erst am 23.September 1830 durch Bischof Josef Anton Salzmann.
1871 Renovation des Glockenturms. 1899 Erweiterung des Kirchenschiffs um eine Fensterachse mit polygonalem Abschluss der neuen Westfassade. 1934 Aussenrenovation. 1941 Innenrenovation durch Carl Haaga, Rorschach. 1971/72 Gesamtrenovation mit Erneuerung der Empore neuer Orgel von Armin Hauser, Kleindöttingen. 1991/92 Auffrischung des Innenraums, Dachsanierung und Entfeuchten der Grundmauern, Reinigung und Konservierung der Altäre und Neufassung der Josephsstatue am südlichen Seitenaltar durch XAVER STÖCKLI SÖHNE, Stans, neuer Innenanstrich an Decken und Wänden, neuer Boden aus schwarzem Schiefer [3] .
Beschreibung:Die geostete Pfarrkirche St.Mauritius liegt auf einem ausgeprägten Hügelsporn westlich über dem Dorfkern. Pfarrhaus (Bauinventarobjekt WWI902), Pfrundscheune (Bauinventarobjekt WWI903), Kirche und Altes Schulhaus (Bauinventarobjekt WWI904) sind auf dem Plateau aufgereiht und bilden eine eindrückliche Bautengruppe hoch über dem Dorf. Eine hohe Stützmauer mit Treppe begrenzt das Terrain gegen Norden zum tieferliegenden Schulhausplatz und dem Schulhaus (Bauinventarobjekt WWI904) hin. Hier führt ein Fussweg zum Dorf hinunter. Gegen Süden ist Kirchhof mit einer hohen Mauer vom Pfarrhof mit Pfarrhaus und Pfrundscheune getrennt. Auf der östlichen, zum Dorf orientierten Seite des Kirchhofs steht eine gewaltige Sommerlinde, am Westende eine junge Kastanie als Ersatz für die 1893 gepflanzte alte Rosskastanie. Dazwischen befindet sich das Kreuz des alten Friedhofs (Bauinventarobjekt WWI919A).

Äusseres: Klassizistische Saalkirche unter steilem Giebeldach mit eingezogenem Rundchor und südlich anschliessendem spätgotischen Käsbissenturm [4] . Das seit der Erweiterung von 1899 fünf Achsen zählende Schiff mit polygonalem Westabschluss wird von gequaderten Ecklisenen gefasst. Hohe Segmentbogenfenster mit kräftigen Bänken erhellen Schiff und Chor [5]. Als Portal des Westabschlusses wurde das klassizistische Sandsteintürgewände aus der Bauzeit wiederverwendet. Am Sturz die Inschrift "DOMUS MEA DOMUS ORATIONIS EST" [6] und das Baudatum MDCCCXXI (1821), darüber eine profilierte Gesimsbekrönung auf Blattvoluten.

Inneres: Ein Chorbogen scheidet das flach gedeckte weite Laienhaus vom Chorraum. Während Hohlkehlen den Deckenspiegel des Schiffs begleiten, schmückt ein reich profiliertes, mit kannelierten Stuckpilastern verkröpftes Gesimse das Altarhaus. Louis XVI-Stukkaturen wurden für die Bekrönung des Chorbogenscheitels und der Fensterumrahmungen sowie für das Mitteloval der Decke in Chor und Schiff gewählt.
Nordseitig schliesst die zweigeschossige Sakristei an Chor und Schiff an.
Ausstattung: Der Hochaltar (Denkmalschutzobjekt WWI001) ist ein klassizistisches Retabel aus Stuckmarmor von 1822, mit neuerem Tafelbild. Für die Seitenaltäre (Josefsaltar und Marienaltar) wurden die bestehenden barocken Altartische wiederverwendet und durch klassizistische Aufbauten ergänzt. An den Chorbogenflanken sind vergoldete und versilberte Lindenholz-Statuen der Hl. Barbara und der Hl. Katharina angebracht, welche vom 1622 gestifteten Hochaltar stammen dürften [7] . In einer Nische der südlichen Schiffswand steht eine Statue des Hl.Karl Borromäus, an der Westwand eine Statue des Hl.Michael. Im Turm befinden sich vier Glocken von Rüetschi, Aarau, 1991. Die zweitgrösste, 1665 gegossene Glocke des alten Geläuts ist heute ausserhalb der Kirche neben dem Turm ausgestellt.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), nationale Bedeutung.
- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), Einzelelement, Erhaltungsziel A.
- ICOMOS Liste historischer Gärten und Anlagen der Schweiz, Kanton Aargau,4182-5.
Anmerkungen:[1] Im Folgenden nach: Bossardt, 2010, sowie Aufsatz "Zur Baugeschichte der Pfarrkirche St.Mauritius - Zeugnisse eine 1000jährigen Entwicklung" in: Rückblende (Dorfchronik Wölflinswil-Oberhof) 25 (1993), S.83-103.
[2] Fidel Obrist (1782-1866)fungierte als Generalbauunternehmer, der sich verpflichtete: "... die ganze Kirche und Sakristey samt allem Zugehörigen nach der Zeichnung fix und fertig zu machen, für den Bau hinlängliche Bürgschaft zu leisten, und ihm durch die Bau-Commission untersuchen zum lassen; ferner den Bau im Frühjahr 1821 und ihn bis zum Spätherbst des nämlichen Jahres zu vollenden" (zit. nach Baugeschichte, S.89). Weitere Kirchenbauten von Baumeister Fidel Obrist finden sich in Emmen (kath. Kirche St.Mauritius, 1828-29) und Malters (kath. Pfarrkirche St.Martin, 1833-36).
[3] Bossardt, 2010
[4] In zwei Biforien der Glockenstube scheinen sich Reste von spätgotischem Masswerk erhalten zu haben.
[5] Die verwitterten Sandsteingewände wurden 1972 durch Kunststein ersetzt.
[6] LUC.XIX.46.
[7] Sie wurden wie der Hochaltar im Chor der St.Martinskirche in Rheinfelden in der Werkstatt der Bildschnitzer Heinrich und Melchior Fischer in Laufenburg geschaffen.
Literatur:- Patrick Bircher, Wölflinswil Oberhof, Zwei Dörfer - ein Tal. Hsg. Gemeinden Wölflinswil und Oberhof, 1991
- Rückblende, Dorfchronik Wölflinswil und Oberhof. Kulturkommission Wölflinswil-Oberhof, 25. Jahrgang, 1993, S. 83 -103. Hüftreliquiare 2001, S. 84, Ill.)
- Jürg Andrea Bossardt, Manuskript KDM, 2010 (Kantonale Denkmalpflege Aargau)
- Kunstführer durch die Schweiz, Bd. 1, Bern 2005, S. 159.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, Brandkataster, CA.0001/0366-68, Brandkataster Wölflinswil 1850 - 1938
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=15671
 

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