INV-BED920 Ev.-ref. Pfarrkirche, 1960-1961 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:INV-BED920
Signatur Archivplan:BED920
Titel:Ev.-ref. Pfarrkirche
Ansichtsbild:
1/2
Bildlegende:Ansicht von Westen (2019)
Bezirk:Baden
Gemeinde:Bergdietikon
Ortsteil / Weiler / Flurname:Bernold
Adresse:Kirchstrasse 8
Versicherungs-Nr.:290, 949
Parzellen-Nr.:1842
Koordinate E:2671697
Koordinate N:1249187

Chronologie

Entstehungszeitraum:1960 - 1961
Grundlage Datierung:Literatur

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Sakrale Bauten und Anlagen
Nutzungstyp (Stufe 2):Kirche (ev.-ref.)
Epoche / Baustil (Stufe 3):Nachkriegsmoderne

Schutz / Status

Status Bauinventar:Neuaufnahme Bauinventar 2019

Dokumentation

Autorschaft:Zschokke & Riklin, Architekten, Aarau
Würdigung:1960/61 nach Plänen der Aarauer Architekten Zschokke & Riklin erbaute reformierte Pfarrkirche, die mit dem freistehenden Glockenturm und den angeschlossenen Kirchgemeinderäumen eine in mehrere Baukörper aufgelöste Gebäudegruppe bildet und einen zum Limmattal hin offenen Hofraum aufspannt. Das in polygonalen Formen gehaltene Kirchenschiff verweist auf die im Kirchenbau der Nachkriegszeit beliebte Zeltsymbolik. In landschaftsprägender Lage unterhalb des Gemeindeteils Bernold bildete die kleinteilig gegliederte Anlage zur Entstehungszeit ein neues Wahrzeichen der Gemeinde. Mit ihren zugleich modernen, aber vergleichsweise zurückhaltend gestalteten Formen spiegelt sie die die Situation eines zuvor sehr ländlich geprägten, nun rasch wachsenden Dorfs.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Die politische Trennung von Dietikon mit der Gründung einer eigenen Munizipalgemeinde 1798 und der Eingliederung der beiden damals zum kurzlebigen Kanton Baden gehörenden Gemeinden in zwei unterschiedliche Kantone im Jahr 1803 änderte an den kirchlichen Verhältnissen zunächst nicht viel. Weiterhin blieb Bergdietikon Teil der paritätischen Kirchgemeinde Dietikon, die auch das seit jeher zürcherische Urdorf umfasste und sich wohl vor allem deswegen nach dem Zweiten Kappeler Krieg 1531 der Rekatholisierung hatte widersetzen können [1].
Bemühungen um die Loslösung und den Bau einer eigenen Kirche bestanden seit der Zwischenkriegszeit und verstärkten sich mit dem raschen Wachstum der nun als Vorort der Stadt Zürich beliebten Gemeinde ab den 1950er Jahren. 1940 erfolgte die Gründung einer eigenen reformierten Kirchgemeinde Bergdietikon-Spreitenbach. Ende der 1950er Jahre einigte man sich darauf, die Kirche im damals neu im Entstehen begriffenen Dorfzentrum beim Weiler Bernold zu errichten, wo die politische Gemeinde wenige Jahre später auch das neue Schulhaus realisierte [2]. 1958 fiel der Beschluss zum Bau einer Kirche, die auch den Gemeinden Killwangen und Spreitenbach dienen sollte. Mit dem Projekt wurde das Aarauer Büro Zschokke & Riklin beauftragt. Bereits 1960/61 erfolgte die Ausführung des Neubaus mit Grundsteinlegung am 24. April 1960 und Einweihung am 14. Mai 1961 [3]. 1982 erhielt Bergdietikon eine eigene Pfarrerstelle. 1984 wurde die Kirchgemeinde mit der Loslösung von Killwangen und Spreitenbach verselbständigt.
1985 wurde das Gebäude innen und aussen renoviert. Um 1995 erfolgte der Einbau einer kleinen Küche, 1998 der Ersatz der Kirchenbänke durch Stühle, 2001 eine Wärmedämmung des Kirchenbodens. 2004 wurden die Fenster erneuert und 2006 das Dach neu eingedeckt.
Beschreibung:Die kleinformatige Anlage erhebt sich an der Talseite des auf der Hanglehne ausgedehnten Gemeindeteils Bernold, wobei der hart an die Hangkante gerückte Turm bei der Anfahrt von Dietikon her über der Strasse prominent in Erscheinung tritt. Westlich angrenzend liegen das architektonisch ebenfalls bemerkenswerte Schulhaus (Architekt André M. Studer, 1967), das wenig später errichtet wurde und in ähnlicher Lage an die Hangkante gerückt ist, weitere jüngere Schulanlagen sowie das Gemeindehaus. Zusammen mit der Kirche bilden diese Bauten das seit den 1960er Jahren entstandene bauliche Zentrum der Gemeinde. Die Kirche stellt dabei mit ihren gemässigt modernen Architekturformen, die mit der Kleinteiligkeit und einer schiefwinklig gebrochenen Geometrie gleichzeitig den Anschluss an den dörflichen Massstab suchen, ein für die Entstehungszeit zeitgemässes Wahrzeichen der damals in raschem Wachstum begriffenen Gemeinde dar. Es handelt sich um eine in mehrere Baukörper aufgelöste Gebäudegruppe, wie sie Zschokke & Riklin praktisch gleichzeitig auch in Hunzenschwil realisierten [4]. Das quer zum Hang ausgerichtete, polygonal gebrochene Kirchenschiff spannt zusammen mit einem winkelförmig anschliessenden hangseitigen Bautrakt mit den Kirchgemeinderäumen und dem schräg gegenüber freistehend angeordneten Glockenturm einen Vorplatz auf. Durch die zweiseitige Abgeschlossenheit gegenüber der Siedlung erhält dieser einen intimen Massstab und öffnet sich gleichzeitig zu einem prächtigen Rundblick über das Limmattal.
Das Kirchenschiff verweist mit dem hochragenden, spitz zulaufenden Dach aus unregelmässigen Flächen auf die Zeltsymbolik, die im Kirchenbau der Nachkriegszeit sowohl wegen ihres theologischen Gehalts als auch wegen ihres architektonischen Potentials breiten Zuspruch erfuhr [5]. Die komplexe und unregelmässig erscheinende Gebäudeform beruht dabei auf einem einfachen Rechteckgrundriss, der chorseitig polygonal abgeschrägt ist und damit ein unregelmässig Sechseck ergibt. Darüber erhebt sich das aus lediglich vier Flächen bestehendes Steildach, dessen Traufen entsprechend der Geometrie schiefwinklig verlaufen und an den Kanten zum abgeschrägten Chorbereich am tiefsten herabgezogen sind. Einen Blickfang bilden die an dieser Stelle vorgesetzten, geböschten Sichtbetonpfeiler mit skulptural ausgebildeten Wasserspeiern (rückwärtig wohl nachträglich durch ein Fallrohr ersetzt). Die übrigen Fassadenflächen waren gemäss bauzeitlichen Aufnahmen bereits ursprünglich hell verputzt. Der Belichtung des Inneren dienen langgestreckte, keilförmige Fenster im hochgelegenen Bereich zwischen den horizontal endenden Schiffwänden und den schräg ansteigenden Dachflächen (Fensterverschlüsse 2004 ersetzt). Die vom Vorplatz abgewandte südliche Chorseitenwand wird vollständig von einer Betonverglasung eingenommen, die heute durch eine zusätzliche Fensterschicht auf der Aussenseite geschützt wird. Die Dachflächen sind mit Falzziegeln eingedeckt.
Der hangseitige, niedrigere Bautrakt mit den Kirchgemeinderäumen dient zusammen mit einem vorgelagerten Grünstreifen als Filter zwischen dem Kirchenbereich und der Siedlung. Der eingeschossige verputzte Baukörper wird durch ein langgestrecktes Satteldach abgeschlossen, das vor der Westfassade des Kirchenschiffs zu einem Pultdach reduziert ist. Zum Kirchenvorplatz hin ist der Gebäudetrakt als offene Eingangshalle ausgebildet, über die der Zugang zur Kirche wie auch zu den Gemeinderäumlichkeiten erfolgt. Nordseitig ist eine kleine Transformatorenstation integriert.
Der Kirchenraum wird nach dem Durchgang durch ein kleines Foyer unter der Empore betreten. Die Wände sind mit weissem Rauhputz versehen. Die Decke ist mit einer Stulpschalung aus Weichholz vertäfert, wobei die Bretter parallel zur geknickten Traufe verlaufen und damit die Illusion einer sechsseitigen Faltung erzeugen. Der mit Klinkerplatten belegte Boden fällt zum stufenlos angeschlossenen hin Chorbereich leicht ab. Die ursprünglich vorhandenen Kirchenbänke sind durch eine Einzelbestuhlung ersetzt (zwei Kirchenbänke sind in der Vorhalle erhalten). Als Kanzel dient ein betont einfaches Lesepult in dem für die 1960er typischen Materialklang von hellem Holz und schwarzen Metallprofilen. Der ebenerdig aufgestellte Abendmahlstisch aus Muschelkalk wurde vom Bergdietiker Künstler Hans Jost entworfen [6]. Das Buntglasfenster mit Betonfassung in der südlichen Chorseitenwand stammt vom Maler Werner Christen (1912-1983) aus Spreitenbach. Es stellt einen am Boden knienden, betenden Gläubigen dar, der von einem göttlichen Lichtstrahl erhellt wird [7]. Auf der Empore steht eine Metzler-Orgel. Die einfach gestalteten Kirchgemeinderäumlichkeiten werden vom selben Foyer erschlossen wie das Kirchenschiff.
Der freistehende Glockenturm ist im Kontrast zu den übrigen Bautrakten aus Sichtbeton erstellt, der nachträglich im Zug einer Betonsanierung einen hellen Anstrich erhielt. Als Komposition aus freistehenden Wandscheiben mit abgeschrägten Kanten orientiert er sich an denselben Formen wie das Kirchenschiff. Besondere Akzente setzen die seitlich über die Wandscheiben hinausragenden Zifferblätter und der expressiv geformte, kubistisch anmutende Kupferhahn. Zugang zum Turm gewährt eine den Schaft umgürtende Freitreppe. Das vierteilige Geläut ist in einem seitlich vollständig offenen Glockenstuhl zwischen den Wandscheiben aufgehängt und erzeugt auf dem zweiseitig geschlossenen Vorplatz einen auffallend hohen Schallpegel [8].
Der gepflasterte Vorplatz wird talseitig von einem Mäuerchen, seitlich von einer Bankreihe gefasst. An der Nordseite steht ein kleiner Laufbrunnen, der sich aus einem wenig behauenen Felsblock und einem geschwungenen, freistehenden Brunnenrohr zusammensetzt. Auf dem Vorplatz stehen drei rotblättrige, wohl beim Bau der Kirche gepflanzte Ahornbäume. In den mit Einzelbäumen besetzten talseitigen Abhang ist die lange Treppenanlage zur Kirche eingegliedert (Handlauf in jüngerer Zeit ergänzt).
Anmerkungen:[1] Vgl. [Urs Lengwiler et al.], Dietikon - Stadtluft und Dorfgeist. Von den Anfängen bis zur Gegenwart, [Hrsg.: Stadt Dietikon], Zürich 2003, S. 60-66.
[2] Zehnder 2003, S. 44.
[3] Baugeschichte nach Tremp 1969, S. 15; Reformierte Kirchen im Aargau; Spezialinventar Sakralbauten nach freundl. Mitteilungen von Silvia Ruch, Präsidentin der Kirchgemeinde (2009).
[4] Vgl. Köth 2012, S. 13-15.
[5] Vgl. ebd., S. 14f.; Reformierte Kirchen im Aargau. w
[6] Freundl. Hinweis Mitteilungen von Silvia Ruch, Präsidentin der Kirchgemeinde (2009), gemäss Spezialinventar Sakralbauten.
[7] Tremp 1969, S. 15; Reformierte Kirchen im Aargau; Lebensdaten nach SIKART Lexikon zur Kunst in der Schweiz: http://www.sikart.ch/kuenstlerInnen.aspx?id=4000494 (Zugriff 2.10.2019).
[8] Vgl. zum Geläut Reformierte Kirchen im Aargau.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Kantonale Denkmalpflege Aargau, Spezialinventar Sakralbauten ab 1900, SAK-BED002 (2009).
Literatur:- Reformierte Kirchen im Aargau, Art. ‘Kirche Bergdietikon’ (Matthias Walter): http://www.ref-kirchen-ag.ch/kirchen/bremgarten/ (Zugriff 2.9.2019).
- Anke Köth, Kirche zwischen Feier und Alltag. Christlicher Sakralbau im 20. Jahrhundert im Aargau, Teil 2: ab 1950, in: Argovia, Bd. 124 (2012), S. 8-44, hier S. 41 (Objektliste).
- Kunstführer durch die Schweiz, hg. v. d. Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Bd. 1, Bern 2005, S. 115
- Patrick Zehnder, Grenzen überschreiten. Die Aargauer Gemeinde Bergdietikon seit dem Mittelalter, Zürich 2003, S. 44.
- Josef Tremp: Moderne Kirchenbauten im Bezirk Baden, in: Badener Neujahrsblätter, 1969, S. 3-15, hier S. 15 sowie Tff. 13/14.
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

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Related units of description:siehe auch:
SAK-BED002 Bergdietikon, Reformierte Pfarrkirche, 1960-1961 (Dossier (Spezialinventare))
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=135856
 

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