INV-OBL904 Unterdorfstrasse 18, 1851-1853 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:INV-OBL904
Signatur Archivplan:OBL904
Titel:Unterdorfstrasse 18
Ansichtsbild:
1/2
Bildlegende:Ansicht von Süden (2018)
Bezirk:Bremgarten
Gemeinde:Oberwil-Lieli
Ortsteil / Weiler / Flurname:Oberwil
Adresse:Unterdorfstrasse 18
Versicherungs-Nr.:77
Parzellen-Nr.:48
Koordinate E:2671416
Koordinate N:1242953

Chronologie

Entstehungszeitraum:1851 - 1853
Grundlage Datierung:Inschrift (Kellertürsturz, Ofenplatte)
Nutzungen:Wird heute für kulturelle Anlässe genutzt.

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Landwirtschaftliche Bauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Bäuerlicher Vielzweckbau

Dokumentation

Inschriften:"18 IH ST 53" (Ofenplatte an der Sitzkunst der südöstlichen Stube), "1851" (Kellertürsturz)
Würdigung:Spätklassizistisch-biedermeierlicher Vielzweckbau mit giebelbetonter Fassadengestaltung, der sich, um Gartentiefe von der Strasse zurückversetzt und allseitig von Wiesland mit Obstbäumen umgeben, über einem hohen Kellersockel erhebt. Das typologisch interessante Bauernhaus von 1851-53 ist unter dem First in zwei gespiegelte Wohneinheiten unterteilt. Im Innern bewahrt es nicht nur die bauzeitliche Raumstruktur, sondern auch wertvolle Teile der historischen Ausstattung, darunter zwei vollständig erhaltene, betriebstüchtige Kachelöfen mit Schablonendekor und in den angrenzenden Küchen die alten Eisenherde sowie einen Schüttstein. Das im äusseren Erscheinungsbild wie auch im Innern weitgehend intakte Gebäude ist ein wichtiger Zeitzeuge des ländlichen Bauens im Unterdorf.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Gemäss einer Jahrzahl „1851“ am hölzernen Türsturz des Kellereingangs sowie der reliefierten Inschrift „18 IH ST 53“ im Sandsteinsockel des Kachelofens in der zur Strasse hin gelegenen Stube wurde der Vielzweckbau Mitte 19. Jh. von Grund auf neu erbaut. Vom Vorgängerbau, der auf der Michaeliskarte von 1840 an gleicher Stelle eingezeichnet ist, haben sich keine sichtbaren Spuren erhalten. Das firstparallel in zwei Wohneinheiten geteilte Gebäude gehörte 1898 je zur Hälfte Johanna Wetli Staubli und Wilhelm Wetli, Mechaniker [1]. Möglicherweise bezieht sich die Abkürzung „IH ST“ auf den Namen Johannes Staubli und damit auf den mutmasslichen Vater von Johanna. Das Haus wird vom Verein Kulturgeschichte unterhalten und für besondere Anlässe genutzt.
Beschreibung:Der um Gartentiefe von der Unterdorfstrasse zurückversetzte bäuerliche Vielzweckbau ist in spätklassizistisch-biedermeierlichem Stil errichtet. Er erstreckt sich mit einem streng axial gegliederten, zweigeschossigen Wohnteil und einer Scheune mit innenliegendem Tenn (Mittertennhaus) unter einem geraden, durchlaufenden Satteldach. Der nach Südwesten ausgerichtete, mit einem grobkörnigen Besenwurf aus dem frühen 20. Jh. verputzte Wohnteil ist in seiner Umfassung aus massiven Bruchsteinmauern erstellt, nur die Giebelfelder und die Trennwand zur Scheune sind wie die Binnengliederung aus Fachwerk mit eingenuteten, mit Lehm verstrichenen Staketen konstruiert. Er zeigt eine giebelbetonte Fassadengestaltung mit fünf stirnseitigen Fensterachsen, deren mittlere den über eine hohe, Treppe (erneuert) erreichbaren Hauseingang aufnimmt. Dieser wird in zeittypischer Weise von zwei schmalen Fenstern flankiert und von einem aus der Fassade kragenden Vordächlein (ehemals Pultdach, heute Walmdach) geschützt. Das nur mit zwei Rechtecklichtern und einer kleinen Lünette besetzte Giebelfeld ist durch ein in der Region häufig zu beobachtendes, auf zwei beschnitzten Bughölzern abgestütztes Klebdach vom übrigen Baukörper geschieden. Die zur Strasse hin gelegene Traufseite ist mit vier Rechteckfenstern je Geschoss ebenfalls grosszügig befenstert, während die Rückseite lediglich drei Achsen mit grossen Fenstern aufweist (im EG kleines Fensterchen zur nachträglich eingebauten Nasszelle). Der nur halb eingetiefte Kellersockel verhilft dem Haus zu seinen hochragenden Proportionen. Unter den gleichfalls axial angeordneten, querrechteckigen Kellerfenstern befinden sich als Besonderheit kleine quadratische Öffnungen, welche Teil eines ausgeklügelten Belüftungssystems sind. Sie gehören zu kaminartigen Kanälen in den Sockelmauern, die bis knapp über den Erdboden im Keller geführt sind. Der als schlichte doppelflüglige Rechtecktür gestaltete Aussenzugang zum Keller ist direkt unter dem Hauseingang angelegt. Sämtliche Gewände sind aus Eichenholz gearbeitet und mit Falz versehen.
Die angebaute Scheune zeigt vorder- und rückseitig dieselbe Gliederung mit grossem hölzernen Rechtecktor und aussenliegendem Stall. Der Stalleingang und das zugehörige Fenster - beide von einem Zementgewände eingefasst – sowie die Bretterverkleidung wurden im Verlauf der Zeit teilweise erneuert. Das hintere Tenntor erweist sich mit dem stichbogenförmig abschliessenden Mannstürchen noch als ursprüngliches Bauteil. Das sich über dem Wohnteil und der Scheune erstreckende Dach ist als Sparrenkonstruktion mit liegendem Stuhl und längsaussteifenden Andreaskreuzen errichtet.
Durch den stirnseitigen Hauseingang mit dem bauzeitlichen Türblatt aus Eichenholz gelangt man in einen durchlaufenden Mittelkorridor mit einfachem Bretterboden, der am hinteren Ende eine Tür zum Tenn aufweist. Zur südostwärts gelegenen Vorderseite des Hauses hin sind in beiden Haushälften die Stuben eingerichtet, während sich nach hinten zum Tenn hin die Küchen anschliessen. Das Obergeschoss zeigt eine damit korrespondierende Raumaufteilung mit zwei Schlafkammern je Haushälfte, eine weitere Kammer befindet sich in der östlichen Ecke im Dachgeschoss. Die östliche Hälfte des Korridors wird im hinteren Teil von der einläufigen Holztreppe ins Obergeschoss eingenommen. Der Aufgang ins Dachgeschoss bzw. der Innenabgang in den Keller (ehemals hölzerne Treppe durch eine metallene ersetzt) befindet sich vertikal darüber bzw. darunter. Die bauzeitlichen Sprossenfenster mit Lüftungsflügeln und originalen Beschlägen haben sich fast durchwegs erhalten, ebenso die gestemmten Türen mit zwei Füllungen.
Beide Stuben bewahren als wesentlicher Teil der bauzeitlichen Ausstattung einen Kastenofen aus grün glasierten Kacheln mit Schablonendekor, von welchen derjenige in der östlichen Stube besonders grosszügig dimensioniert ist. Sie wurden kürzlich vom Hafner neu aufgesetzt bzw. repariert und wieder betriebstüchtig gemacht. Der westliche Ofen steht auf kannelierten Sandsteinfüssen, die Sitzkunst des östlichen Ofens zeigt währenddessen einen skulptierten Sandsteinsockel mit Blumen- und Bortendekor. Die Inschrift „18 IH ST 53“, dürfte auf das Jahr des Innenausbaus sowie auf die Bauherrschaft J[o]H[annes] ST[aubli] verweisen. Biedermeierliches Wandtäfer mit Felderteilung (östliche Stube ganz ausgekleidet, westliche Stube teilweise) ergänzt das gut erhaltene Intérieur aus der Bauzeit. Die Böden sind mit jüngeren Nadelholzdielen belegt (die westliche Stube mit solchen aus dem um 1900 beliebten Pitch Pine-Holz). In den Küchen sind die Böden mit Tonplatten belegt, welche möglicherweise noch auf die Bauzeit zurückgehen. An der Feuerwand zur Stube haben sich jeweils die alten Einfeuerungsstellen mitsamt dem alten eisernen Sparherd erhalten (derjenige in der östlichen Küche 2018 restauriert). Die westliche Küche bewahrt den aus einer Muschelkalkplatte gehauenen originalen Schüttstein. Die vier Kammern im Obergeschoss sind schlicht gehalten und zeigen teilweise die bauzeitlichen Bretterböden. Das kassettierte Täfer, das in verschiedenen Varianten an Wänden und Decken angebracht ist, stammt aus einem anderen Zusammenhang und ist wiederverwendet.
Der hohe Tremkeller (Balkenkeller) nimmt die gesamte Grundfläche des Wohnteils ein. Die Last der weit gespannten Balkendecke ruht auf zwei Unterzügen, die ihrerseits von Mauerzungen beidseits des Mittelgangs aufgefangen werden. Unter der Feuerwand, im Bereich der schweren Stubenöfen und Eisenherde, sind zusätzliche Unterzüge eingezogen. Diese ruhen auf kräftigen, mit Winkelhölzern ausgesteiften Holzstützen (westliche Stütze erneuert).
Anmerkungen:[1] Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0099: Brandkataster Gemeinde Oberwil-Lieli 1899-1938.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0099: Brandkataster Gemeinde Oberwil-Lieli 1899-1938.
- Kantonale Denkmalpflege Aargau, Fotoarchiv.
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=134005
 

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