INV-SCB905 Pension Habsburg, 1928-1929 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:INV-SCB905
Signatur Archivplan:SCB905
Titel:Pension Habsburg
Ansichtsbild:
1/2
Bildlegende:Ansicht von Nordosten (2017)
Bezirk:Brugg
Gemeinde:Schinznach-Bad
Ortsteil / Weiler / Flurname:Bad Schinznach
Hist. Name Objekt:"Haus Habsburg"
Adresse:Badstrasse 59
Versicherungs-Nr.:77
Parzellen-Nr.:3
Koordinate E:2654738
Koordinate N:1256616

Chronologie

Entstehungszeitraum:1928 - 1929
Grundlage Datierung:Literatur
Nutzungen:1929 Hotel; 1994 Physiotherapieschule; 2018 Kleinwohnungen

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Gewerbe-, Industrie- und Dienstleistungsbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Hotel, Badhotel, Kurhaus
Epoche / Baustil (Stufe 3):Neues Bauen

Dokumentation

Autorschaft:Richard Hächler (1897-1966), Architekt, Lenzburg
Würdigung:In den Formen des Neuen Bauens gehaltener ehemaliger Hotelbau, der 1928/29 unter Einbezug von Teilen eines Vorgängerbaus durch den Lenzburger Architekten Richard Hächler errichtet wurde. Mit ihrer Ausrichtung auf Gäste mit bescheideneren Ansprüchen stand die damalige „Pension Habsburg“ in der Tradition des früheren „Armenbads“ und komplettierte so das Angebot des vornehmeren „Grand-Hotels“. Der Flachdachbau zeigt mit seiner formal reduzierten, kubischen Erscheinung wie auch mit der spannungsvollen Gliederung in einen horizontal betonten Zimmertrakt und ein Treppenhaus als vertikalen Akzent Gestaltungselemente, die zur Entstehungszeit ausgesprochen modern waren. Im Rahmen eines zur Zeit (2018) laufenden Umbaus zu Kleinwohnungen werden am Äusseren einige störende Anbauten beseitigt; gleichzeitig erfährt das Gebäude mit einem neuen Vordach auch einen empfindlichen Eingriff. Gleichwohl kommt dem Gebäude ein hoher Zeugenwert für die Architektur der klassischen Moderne im Kanton Aargau zu. Als integraler Bestandteil des Schinznacher Bäderkomplexes besitzt es zudem grosse Aussagekraft für die Geschichte des Bades.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Nahe der Thermalquelle, die etwa auf halber Strecke zwischen der Aare und dem klassizistischen Ringbau Stadlers von 1827 liegt, standen schon von alters her die eigentlichen Badehäuser; nördlich davon reihten sich entlang dem alten Mühlekanal von der Aare her die Gips- und daran anschliessend die Getreidemühle, von der Teile in der hier beschriebenen Pension „Habsburg“ erhalten sind (vgl. historische Ansichten und Übersichtsplan in der Bilddokumentation). Das Wasserrad der Mühle bewegte zugleich auch die Pumpen zum Heben des Thermalwassers aus dem nahegelegenen Schacht (Bauinventarobjekt SCB911). Nachdem der Mühlebetrieb im Zug der Industrialisierung eingegangen war, richtete man ab 1871 im Erdgeschoss des Gebäudes einen Esssaal, eine Küche und einige Krankenzimmer, im ersten Stock Zimmer für die „Badarmen“ ein, deren Unterkünfte im damaligen „Bernerhaus“ zunehmend untragbar schienen. Die Kosten wurden durch Zuwendungen von Badgästen, Badbesitzern sowie mehreren Kantonsregierungen getragen. 1872 wurde das südöstlich gelegene alte Badhaus oder „Bernerhaus“ renoviert und aufgestockt [1]. Zusammen bildeten die beiden winkelförmig zueinander gerichteten Gebäude die „Pension Habsburg“, welche im selben Eigentum stand wie das „Grand Hotel“ und als einfachere Herberge dessen Angebot ergänzte.
1928/29 liess man „für die Gäste mit bescheidenen Ansprüchen“ den heute noch bestehenden Neubau der „Pension Habsburg“ errichten, der anschliessend an das aus den Mühlebauten entstandene „Aarehaus“ zu liegen kam und den dortigen Vorgängerbau samt eingeschossigen Speisesaal- und Küchentrakt integrierte. Architekt war der damals junge Richard Hächler (1897-1966) aus Lenzburg, der in denselben Jahren mit weiteren bemerkenswerten Bauten als wichtiger Vertreter des Neuen Bauens im Aargau hervortrat. Im gleichen Zug wurde die bereits als baufällig beschriebene Aufstockung über dem alten Badhaus abgebrochen und dieses wieder zu einem eingeschossigen Gebäude hergerichtet [2].
1970 wurde ein Verbindungstrakt zum neuen Rehabilitationszentrum angebaut, welches sämtliche früheren Gebäude auf der Südseite der Pension „Habsburg“ ersetzte. 1990-94 erfolgte der Umbau in eine Physiotherapieschule [3]. Zur Zeit (2017/18) wird ein tiefgreifender Umbau ausgeführt, bei dem das Gebäude unter dem Namen „Haus Habsburg“ in Kleinwohnungen mit Zusatzdienstleistungen unterteilt wird (Architekten Liechti Graf Zumsteg, Brugg). An der nach Südosten gerichteten Hauptfassade werden störende nachträgliche Anbauten entfernt; gleichzeitig bringt eine Überdachung der obersten Balkone einen stärkeren Eingriff in das äussere Erscheinungsbild mit sich [4].
Beschreibung:Die ehemalige „Pension Habsburg“ liegt westlich des Stadlerschen Rundbaus (Kantonales Denkmalschutzobjekt SCB001), wo sie sich unmittelbar gegenüber dem Maschinenhaus (Bauinventarobjekt SCB903) erhebt. Ihre in Bezug auf die Hauptbauten des Bads leicht abgewinkelte Stellung zeichnet den früheren Verlauf des Kanals nach, der die Ausrichtung der ehemaligen Mühlebauten bestimmte. Beim Gebäude von 1928/29 handelt es sich um einen dreigeschossigen, verputzten Flachdachbau, der mit seiner reduzierten, kubisch gegliederten Erscheinung den Formen des Neuen Bauens entspricht und mit den auf den Kurbetrieb ausgerichteten langen Balkonreihen auch das zeitgenössische Credo „Licht, Luft, Sonne“ sinnfällig zum Ausdruck bringt. Dem langgestreckten, durch die weit auskragenden Balkone an den beiden Obergeschossen stark horizontal betonten Zimmertrakt antwortet nordostseitig ein Treppenhaus, das als viergeschossiger, den Hauptbaukörper durchdringender Kopfbau eine vertikale Gliederung zeigt. Die Umfassungsmauern sind als Brüstung über das Flachdach hinaufgeführt, was die kubische Erscheinung des Baukörpers verstärkt. Ältere Bausubstanz ist im leicht risalitierten südwestseitigen Kopf des Zimmertrakts sowie im anschliessenden Erdgeschossbereich enthalten, der dem eingeschossigen Küchen- und Speisesaaltrakt des Vorgängerbaus entspricht. 1928/29 vollständig neu aufgeführt wurden die Obergeschosse des Zimmertrakts und der Kopfbau mit dem Treppenhaus.
Die nach Südosten gerichtete Hauptfassade ist durch eng gereihte Achsen von Fenstertüren mit hölzernen Jalousieläden sowie zwei dazwischengeschaltete Einzelfenster regelmässig und seriell gegliedert. Vor dem Erdgeschoss zog sich ursprünglich eine offene, als Betonskelettkonstruktion realisierte Veranda entlang, die später verschlossen wurde und mit dem laufenden Umbau wieder geöffnet wird. Sie trägt die rund drei Meter tiefe Terrasse vor dem ersten Obergeschosses, während der Balkon des zweiten Obergeschosses als etwas weniger weit auskragende Betonplatte ausgeführt ist. Beide Balkone zeigen noch die bauzeitlichen Staketengeländer. Der Balkon des zweiten Obergeschosses wurde nachträglich über das Ende des Zimmertrakts hinaus verlängert, was das Erscheinungsbild etwas verunklärte. Vor dem südwestseitigen Kopf sind die Balkone zweigeschossig in einer anderen, wohl vom Vorgängerbau übernommenen Konstruktion als zweigeschossiges Betonskelett mit gerundeten Ecken ausgeführt.
Der Kopfbau besitzt als Blickfang an der Stirnseite ein geschossübergreifend durchlaufendes Treppenhausfenster. An seinen beiden Flanken wird er durch kleinformatige Fenster belichtet, die in charakteristischen Formen des Neuen Bauens auf der Vorderseite als seriell gereihte liegende Rechtecköffnungen, rückwärtig als Bandfensterchen gestaltet sind. An der südostseitigen Flanke liegt der Haupteingang des Gebäudes. Die rückwärtig gelegene, nordwestliche Front des Zimmertrakts ist analog zur Vorderfont mit zwei durchlaufenden Balkonen gestaltet. Diese mussten schon vor längerer Zeit auf Hilfsstützen abgestellt werden. Der glatte Fassadenputz war gemäss Befund anlässlich des laufenden Umbaus ursprünglich in einem grauen Ton gestrichen, von dem sich die gliedernden Elemente in dunkleren, resp. helleren Grautönen abhoben; die Fensterlaibungen waren als auffällige Akzente oxydrot gestrichen [5].
Im Rahmen des laufenden Umbaus wird die Vorderfront auf der Höhe der Dachkante durch ein Betonvordach überdeckt, das sich in der Gestaltung an der ursprünglichen Erdgeschossveranda orientiert und die zu einem Laubengang mit Zugang zu den einzelnen Wohnungen umfunktionierten Terrassen beschirmen soll. Durch seine Lage und grosse Dimensionierung verunklärt es die Gliederung des Gebäudes in Zimmer- und Treppenhaustrakt wie auch die streng kubische Erscheinung der Dachkante.
Im Inneren erschloss das stirnseitige Treppenhaus in beiden Obergeschossen ursprünglich einen Mittelgang mit beidseitig angelegten Hotelzimmern. Diese verfügten, was gegenüber den Zimmern der alten Pension ein Fortschritt war, von Anfang an über Zentralheizung und fliessendes Wasser [6]. Das teilweise vom Vorgängerbau übernommene Erdgeschoss enthielt Küche, Speisesaal und Gesellschaftsräume. Von dem durch nachträgliche Umbauten bereits veränderten Gebäude zeigte sich vor dem laufenden Umbau insbesondere noch das Treppenhaus im Zustand von 1928/29 und wird auch weitgehend erhalten. Es besitzt eine grosszügige, dreiseitig umlaufende Betontreppe mit grossem Treppenauge und Geschosspodesten an der vierten Seite. Das Eisengeländer ist in zeittypischen Formen horizontal gegliedert und besitzt einen schön geformten, durchgehenden hölzernen Handlauf. Im Rahmen des laufenden Umbaus wird das Innere im übrigen unter Erhaltung der Grundstruktur weitgehend neu ausgebaut. Das Erdgeschoss ist für Praxisräume bestimmt; die beiden Obergeschosse werden in Kleinwohnungen mit laubengangartiger Erschliessung über die Terrassen unterteilt (gemäss Umbauplänen).
Mehrere Kleinobjekte sind in der unmittelbaren Umgebung des Gebäudes gelegen: Vor dem Kopfbau steht ein schöner Muschelkalkbrunnen aus dem 19. Jh. (Bauinventarobjekt SCB910C). Auf dem Vorplatz vor dem Gebäude wurde vor einigen Jahren der Donatorenstein des Armenbads von 1847 (Bauinventarobjekt SCB913) neu aufgestellt. Vor der Reha-Klink liegt die mit einer jüngeren Glasabdeckung versehene Quellfassung (Bauinventarobjekt SCB911).
Anmerkungen:[1] Glarner / Zschokke-Glarner 1943, S. 112f.
[2] Glarner / Zschokke-Glarner 1943, S. 120. – Zu Richard Hächler vgl. Schweizerische Bauzeitung, 84. Jg. (1966), S. 375f. (Nekrolog); Isabelle Rucki / Dorothee Huber (Hrsg.), Architektenlexikon der Schweiz, 19./20. Jahrhundert, Basel 1998, S. 245. Weitere wichtige Werke Hächlers sind aus der Zeit des Neuen Bauens die Fabrikgebäude „Wisa-Gloria“, aus späterer Zeit etwa das Kino „Urban“ oder sein eigenes Wohnhaus, alle in Lenzburg (Bauinventarobjekte LEN928, LEN956, LEN959).
[3] Neues Bauen im Kanton Aargau 1996, S. 29.
[4] Akten im Archiv der Kantonalen Denkmalpflege.
[5] Projektbeschrieb Liechti Graf Zumsteg, 10.11.2016, im Archiv der Kantonalen Denkmalpflege.
[6] Glarner / Zschokke-Glarner 1943, S. 120f.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), nationale Bedeutung.
Literatur:- Kunstführer durch die Schweiz, Bd. 1, hg. v. d. Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Bern 2005, S. 82f.
- Neues Bauen im Kanton Aargau, 1920-1940, Hrsg.: SIA Sektion Aargau, Kanton Aargau, Aargauer Heimatschutz, Baden 1996, S. 29.
- Paul Glarner / Lili Zschokke-Glarner, Aus Bad Schinznachs Vergangenheit, Aarau 1943, S. 112f., 120f.
- Bad Schinznach, Schweiz. Stärkste Schwefeltherme, (Broschüre, 70 S.), o.J. [um 1900], S. 35 (histor. Ansicht), 45.
Quellen:- Kantonale Denkmalpflege Aargau, Fotoarchiv.
- Liechti Graf Zumsteg Architekten AG, Brugg: Bauaufnahmepläne, Projektbeschrieb und Umbaupläne, 2016 (Kopie im Archiv der Kantonalen Denkmalpflege Aargau).
- ETH-Bibliothek, Zürich, Bildarchiv.
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

Related units of description

Related units of description:siehe auch:
DOK-SCB839.001 Badstrasse 59, Pension Habsburg (=SCB905), Keine Angabe (Dossier (Dokumentationsobjekte))
 

URL for this unit of description

URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=133311
 

Social Media

Share
 
Home|Login|de en fr it
Online queries in archival fonds